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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ausgeben.«
    »Eine Reklame, eine Reklame!« rief Mouret. »Aber diese Reklame wird in Stein gehauen und alle anderen überdauern! Diese Reklame dient dazu, unsere Umsätze zu verzehnfachen, in zwei Jahren bringen wir das Geld herein! Das Gelände ist doch nicht verloren, wenn es uns ungeheure Zinsen trägt? Sie sollen die Menschenmenge sehen, die uns zuströmt, sobald die Kunden sich nicht mehr in der engen Rue Neuve-Saint-Augustin drängen müssen, sondern freien Zutritt haben auf der breiten Straße, wo sechs Wagen gut nebeneinander fahren können!«
    »Schon recht«, sagte der Baron lachend. »Aber ich wiederhole Ihnen, Sie sind ein Schwärmer auf Ihrem Gebiet. Die Herren meinen, es wäre gefährlich, wenn Sie Ihre Geschäfte noch weiter ausdehnten. Sie wollen in Ihrem Interesse vernünftig sein.«
    »Wie? Vernünftig? Das begreife ich nicht. Sprechen denn die Zahlen nicht deutlich genug? Beweisen sie nicht, daß unser Umsatz fortwährend steigt? Ich habe —«
    »Ich weiß, ich weiß«, unterbrach ihn der Baron, »aber Sie dürfen doch nicht hoffen, daß das in diesem Verhältnis weitergeht.«
    »Warum nicht?« meinte Mouret harmlos. »Ich sehe nicht ein, warum es einen Stillstand geben sollte?«
    »Sie wollen also am Ende das Geld von ganz Paris bis auf den letzten Centime schlucken, wie man ein Glas Wasser austrinkt?«
    »Durchaus; gehört Paris nicht den Frauen, und gehören die Frauen nicht uns?«
    Der Baron legte ihm beide Hände auf die Schultern, betrachtete ihn mit väterlicher Miene und sagte:
    »Sie sind ein kluger Junge, und ich habe Sie gern, man kann Ihnen nicht widerstehen. Wir wollen den Gedanken ernstlich erwägen, und ich hoffe durchzudringen. Bisher haben wir alle Ursache, mit Ihnen zufrieden zu sein. Ich glaube, Sie haben recht; es ist besser, noch mehr Geld in Ihrem Betrieb anzulegen, als es in einem Konkurrenzhotel aufs Spiel zu setzen.«
    Mourets Aufregung legte sich, er dankte dem Baron, aber ohne seine gewohnte Begeisterung, und dieser sah, wie er nach der Tür des benachbarten Zimmers blickte, abermals erfaßt von jener geheimen Angst, die er zu verbergen suchte. Mittlerweile war Vallagnosc herangekommen, da er merkte, daß sie nicht mehr von Geschäften sprachen. Er stand in ihrer Nähe und hörte, wie der Baron mit der galanten Miene des ehemaligen Lebemanns Mouret zuflüsterte:
    »Mir scheint, sie rächen sich schon.«
    »Wer denn?« fragte Mouret verlegen.
    »Nun, die Frauen; sie sind es müde geworden, Ihnen hörig zu sein, und jetzt sind Sie ihnen verfallen, mein Lieber!«
    Er scherzte und zeigte sich wohlunterrichtet über die Liebeshändel des jungen Mannes. Die Geschichte von der Wohnung, die Mouret der kleinen Sängerin eingerichtet hatte, die enormen Summen, die er mit irgendwo aufgelesenen Frauenzimmern verpraßte, versetzten den Baron in Heiterkeit und waren in seinen Augen gewissermaßen eine Entschuldigung für die Torheiten, die er selbst einmal begangen hatte.
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen«, wiederholte Mouret verlegen.
    »Lassen Sie’s gut sein«, sagte der Baron. »Die Weiber haben immer das letzte Wort. Ich habe mir gleich gedacht: das ist unmöglich, er prahlt nur, er ist gar nicht so stark — und jetzt sind Sie soweit. Holen Sie nur alles aus den Frauen heraus, beuten Sie sie völlig aus, am Ende erwischt Sie doch eine und murkst Sie ab. Hüten Sie sich! Diese eine wird Sie schließlich mehr Blut und Geld kosten, als Sie allen andern abgezapft haben!«
    Er lachte noch mehr, und Vallagnosc, der in seiner Nähe stand, genoß das Vergnügen mit, ohne sich einzumischen.
    »Mein Gott, man muß alles einmal versucht haben«, sagte Mouret endlich und tat, als machte er sich selber lustig über die Sache. »Wozu das viele Geld, wenn man es nicht ausgibt?«
    »Ganz recht«, meinte der Baron. »Unterhalten Sie sich nur, mein Lieber; ich wäre der letzte, der Ihnen Moral predigen wollte oder wegen der hohen Summen, die wir Ihnen anvertraut haben, zittern würde. Man muß sich austoben, dann hat man den Kopf freier. Und warum soll man sein Geld nicht hinauswerfen, wenn man der Mann danach ist, sein Glück wieder aufzubauen! Aber es gibt andere Kümmernisse …«
    Er hielt inne, ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen, durch den Scherz klang die Erinnerung an Leiden früherer Tage durch. Er hatte den Zweikampf zwischen Henriette und Mouret mit Aufmerksamkeit verfolgt und sah wohl, daß die Entscheidung gekommen war. Er ahnte den dramatischen Ausgang,

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