Das Paradies der Damen - 11
geschmückt, deren Duft die Räume erfüllte.
»Ja«, bemerkte Frau Desforges nicht ohne Neid, »der Gedanke ist gut.«
In dem Augenblick, als die Damen ihren Weg fortsetzen wollten, hörten sie hinter sich zwei Angestellte über die Veilchen ihre Scherze machen. Nun sei es also wohl soweit mit der Heirat zwischen dem Chef und der Direktrice aus der Kinderabteilung? meinte der eine, ein langer Bursche. Je nun, erwiderte der andere, ein kleiner Dicker, man könne noch nichts Bestimmtes sagen; immerhin seien die Veilchen gekauft worden.
»Wie«, rief Frau von Boves, »Herr Mouret heiratet?«
»Ja, das ist das Neueste«, sagte Frau Desforges gleichgültig; »aber schließlich ist es ja das Ende vom Lied.«
Die Gräfin sandte ihrer neuen Freundin einen verständnisinnigen Blick zu. Jetzt begriffen beide, weshalb Frau Desforges trotz des offenen Bruchs in das »Paradies der Damen« gekommen war: sie wollte offenbar sehen und leiden.
»Ich bleibe bei Ihnen«, sagte Frau Guibal, deren Neugierde erwacht war. »Wir werden Frau von Boves im Lesesaal wiedertreffen.«
»Gut«, erklärte die Gräfin. »Ich habe im ersten Stock zu tun. Kommst du, Blanche?«
Sie ging, von ihrer Tochter gefolgt, hinauf, während Jouve, um nicht die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ihr auf einer anderen Treppe folgte. Frau Desforges und Frau Guibal verloren sich im dichten Gewühl des Erdgeschosses.
Inmitten des Verkaufsrummels sprach man an allen Tischen von nichts anderem als von der Liebesgeschichte des Chefs. Das Abenteuer, das die Angestellten seit Monaten beschäftigte, hatte wieder einmal zu einem Zusammenstoß geführt. Man hatte erfahren, daß Denise trotz der Bitten Mourets im Begriff sei, das »Paradies der Damen« zu verlassen, unter dem Vorwand, sie brauche Erholung. Und wieder stand Meinung gegen Meinung. Würde sie gehen – würde sie nicht gehen? Man begann um hundert Sous Wetten abzuschließen. Über einen Punkt aber herrschte Einigkeit: das Mädchen zeigte ganz offenkundig die Stärke einer angebeteten Frau, die sich nicht ergeben will; der Chef hinwiederum hatte seinen Reichtum, seine Freiheit als Witwer und schließlich seinen Stolz dagegenzusetzen, der sich bei einer übertriebenen Forderung doch aufbäumen konnte. Jedenfalls hatte die Kleine ihre Sache mit vollendeter Raffinesse betrieben, und nun spielte sie die letzte Karte aus, indem sie ihn vor die Entscheidung stellte: Heirate mich, oder ich gehe!
Denise aber dachte gar nicht an solche Dinge. Sie kannte keine Berechnung und keine Forderungen. Gerade daß man so über sie sprach, bewog sie zum Gehen. Hatte sie das alles gewollt? War sie listig, kokett, ehrgeizig gewesen? Sie war doch einfach gekommen und selbst höchlichst erstaunt gewesen, daß ihr eine solche Liebe zuteil wurde. Warum wollte man heute in ihrem Entschluß, das »Paradies der Damen« zu verlassen, wieder einen geschickten Schachzug sehen? Es war doch so natürlich! Der ewige Tratsch, die hartnäckigen Bewerbungen Mourets hatten ihre Stellung unhaltbar gemacht, und sie zog es vor, zu gehen, aus Furcht, daß sie eines Tages doch nachgeben und es dann ihr ganzes Leben lang bereuen könnte. Wenn darin ein Zug von Raffinesse lag, so wußte sie nichts davon, sie fragte sich bekümmert, was sie denn nur anfangen sollte, um nicht den Anschein zu erwecken, sie wolle sich einen Ehemann angeln! Der Gedanke an eine Heirat brachte sie jetzt auf; sie war entschlossen, abermals nein, immer nein zu sagen, wenn er die Torheit so weit treiben sollte. Niemand sollte um ihretwillen ein Opfer bringen. Die Notwendigkeit der Trennung ließ die Tränen in ihr aufsteigen; doch sie sagte sich mutig, es müsse sein, wenn sie anders handelte, würde sie keine Ruhe und keine Freude mehr finden.
Als sie Mouret gekündigt hatte, war er wie erstarrt gewesen, nur mühsam imstande, seine Erregung zu meistern. Dann hatte er trocken bemerkt, daß er ihr acht Tage Bedenkzeit gewähre, bevor er seine Einwilligung zu einer solchen Torheit gebe, und als sie nach Verlauf dieser acht Tage bei ihrem Entschluß beharrt und erklärt hatte, sie wolle nach dem großen Sonderverkauf gehen, schien er sich etwas beruhigt zu haben. Er verlegte sich auf vernünftige Argumente: sie verscherze ihr Glück, sagte er, sie werde nirgends mehr eine Stellung finden, wie sie sie bei ihm gehabt habe. Hatte sie denn etwas anderes in Aussicht? Er war bereit, ihr alle Vorteile zu bieten, die sie woanders bekommen würde; und als Denise erwiderte, sie habe
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