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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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du von mir halten, wenn ich in meinem Tuchladen eine Abteilung für Kochtöpfe einrichten würde? Du würdest sagen, ich sei ein Narr, nicht wahr? Gib doch zu, daß man vor so etwas keine Hochachtung haben kann.«
    Denise lächelte bloß verlegen, sie sah ein, daß hier mit Vernunftgründen nicht viel auszurichten war. Da meinte er:
    »Gut, du bist nun mal für sie. Wir wollen nicht weiter darüber reden, es ist nicht nötig, daß wir uns deshalb zerstreiten. Das fehlte noch, daß sie Unfrieden zwischen mir und meiner Familie stiften. Geh ruhig zurück zu ihnen, wenn es dir gefällt, aber laß mich in Ruhe mit ihren Geschichten.«
    Eine Weile schwiegen sie, dann fing Baudu wieder an.
    »Sieh dir diese beiden an«, sagte er und zeigte mit seinem Messer auf Geneviève und Colomban. »Frag sie mal, ob sie dein ›Paradies der Damen‹ etwa besonders schätzen!«
    Auf dem gewohnten Platz, an dem sie sich seit zwölf Jahren zweimal täglich zusammenfanden, saßen Colomban und Geneviève und aßen still vor sich hin. Keiner von beiden sagte ein Wort. Er versuchte hinter plumper Gemütlichkeit die innere Flamme seiner Leidenschaft zu verbergen, während sie, wie von einem geheimen Kummer verzehrt, den Kopf noch mehr hängen ließ.
    »Das vergangene Jahr war schlecht«, erklärte der Onkel, »und wir müssen ihre Heirat noch weiter verschieben. Frag sie nur, was sie von deinen Freunden da drüben halten!«
    Notgedrungen tat Denise ihm den Gefallen.
    »Ich kann sie doch nicht gern haben, Kusine«, erwiderte Geneviève, »aber es denken ja nicht alle Leute wie ich.«
    Dabei schaute sie auf Colomban, der mit verlegener Miene Brotkügelchen rollte. Als er die Blicke seiner Verlobten auf sich ruhen fühlte, brach er in einige heftige Redensarten aus. So eine schmutzige Bude! Einer schurkiger als der andere! Eine wahre Pest für das Stadtviertel!
    »Hört ihr es?« rief Baudu entzückt. »Den werden sie niemals in ihre Hand bekommen! Ja, mein lieber Freund, du bist der letzte! Solche wie dich gibt’s nicht mehr!«
    Allein Geneviève mit ihrem strengen und schmerzerfüllten Gesicht ließ Colomban nicht aus den Augen. Ihre Blicke drangen ihm bis ins Herz und setzten ihn in Verlegenheit, so daß er seine Schmähungen noch verdoppelte. Frau Baudu betrachtete die beiden voll Sorge, als sehe sie ein neues Unglück voraus. Seit einiger Zeit machte ihr das Aussehen ihrer Tochter Angst, sie fühlte, wie das junge Mädchen dahinwelkte.
    »Der Laden ist ohne Aufsicht«, sagte sie endlich und erhob sich, um dieser Szene ein Ende zu machen. »Schau doch mal nach, Colomban; ich glaube, es ist jemand da.«
    Alles stand auf. Baudu und Colomban sprachen mit einem Vertreter, der gekommen war, um Aufträge entgegenzunehmen. Frau Baudu nahm Pépé mit sich, um ihm Bilder zu zeigen. Denise stand sinnend am Fenster und blickte in den kleinen Hof hinaus. Als sie sich umwandte, sah sie ihre Kusine noch immer auf ihrem Platz sitzen. Plötzlich begann Geneviève zu schluchzen. Sie ließ den Kopf auf den Tisch niedersinken und vergoß bittere Tränen.
    »Mein Gott, was ist denn?« rief Denise verstört. »Soll ich jemanden rufen?«
    Geneviève hielt sie zurück und stammelte:
    »Nein, nein, bleiben Sie! Mama soll nichts wissen. Sie dürfen es erfahren, aber die anderen nicht. Es ist wieder einmal über mich gekommen, ich glaubte, ich sei allein …«
    Ein neuer Anfall ergriff sie und schüttelte den gebrechlichen Körper. Denise sprach ihr leise Trost zu. Nach einer Weile beruhigte sich Geneviève, sie schluchzte nicht mehr, doch sie saß wie gebrochen auf ihrem Stuhl und blickte starr auf ihre Kusine.
    Plötzlich fragte sie:
    »Sagen Sie mir die Wahrheit: liebt er sie?«
    Denise fühlte alles Blut in ihre Wangen steigen. Sie begriff, daß es sich um Colomban und Claire handelte, und tat, als sei sie von der Frage völlig überrascht.
    »Wen denn, meine Liebe? Von wem sprechen Sie überhaupt?«
    Geneviève schüttelte tadelnd den Kopf.
    »Lügen Sie nicht. Tun Sie mir den Gefallen und sagen Sie mir endlich die Wahrheit. Sie müssen es wissen, ich fühle es. Sie waren doch mit ihr zusammen, und ich habe ja gesehen, daß Colomban Ihnen folgte und mit Ihnen sprach. Er hat Ihnen gewiß Aufträge für sie gegeben, nicht wahr? Sagen Sie mir die Wahrheit, ich beschwöre Sie! Es ist besser für mich.«
    Niemals war Denise in solcher Verlegenheit gewesen. Sie schlug die Augen nieder vor diesem stummen Blick, der alles erriet. Endlich faßte sie sich und versuchte

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