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Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
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saß am Tisch, schrieb gerade, winkte zurück, viel Erfolg, Max. Er ging über den Strand, drehte sich noch einmal kurz um, sah auf die braune Gestalt vor der Hütte. Im Wald tropfte es von den Bäumen. Kabua gab ihm die Hose, die er dort schon vor einigen Tagen deponiert hatte, die Joppe, die er bei seiner Ankunft getragen hatte. Der Stoff war brüchig geworden. Die Aufzeichnungen mit den Liedern der Wilden hatte er in Ölpapier gewickelt und deponierte den Packen unter seinen Füßen. Die zwei Jungs setzten die Segel, der Wind fuhr hinein, das Boot löste sich vom Strand, und Max Lützow war wieder frei.
     
    Der Wind zerriss die Wolken, die Sonne brach durch, Kabakon lag grün und leuchtend. Gegenüber die Missionsstation mit der Kirche, vielleicht war das die Gestalt Pater Josephs, der vor ihr stand, Hand über den Augen, als nehme er Abschied. Max winkte ihm, aber die Figur am Strand reagierte nicht, vermutlich sah er ihn nicht. Die Wellen am Riff waren höher als sonst, ihr Donnern erschreckend, erst beim dritten Versuch überwanden sie die Schwelle zum offenen Meer. Der Wind dahinter war noch stärker. Seine Begleiter sahen sich zweifelnd an, ich gebe euch viel Geld, sagte Max, das verstanden sie, ein Erfolg der Missionare, und sie warfen sich gegen das Ruder, bis das Boot widerwillig drehte. Die Ausleger ächzten, ein Windstoß schlug ins Gesicht, doch sie waren erfahrene Seeleute, er war sicher, nur ein paar Dutzend Meilen, und auf ihn wartete der Luxus eines richtigen Schiffes. Er würde erster Klasse reisen, in den vergangenen Monaten hatte er kein Geld ausgegeben, das würde er sich leisten und gleich ein Konzert im Speisesaal geben. Er schloss die Augen und träumte sich heim.
    Als er sie öffnete, war der Himmel grau verschmiert. Aus dem Wind war ein Sturm geworden, die Jungs sahen unsicher aus, aber er trieb sie an, nach Herbertshöhe, einhundert Reichsmark und für jeden ein Messer, er zeigte die Richtung, immer gegen den Wind, auch wenn man die Küste nicht mehr erkennen konnte, denn sie lag, wo das Grau immer schwärzer wurde, aber er konnte nicht umkehren, Engelhardt wartete sicher schon; wenn er jetzt scheiterte, hatte er erst einen Monat später Anschluss an die Dampfer der Royal Mail. Wellen brachen sich über dem Rumpf des Schiffes, er hatte Angst um seine Aufzeichnungen, er hätte sie besser verpacken sollen, aber das wäre zu auffällig gewesen. Die nächste Woge zerschlug einen der beiden Ausleger, das Boot schlingerte, Böen zerfetzten das Segel, das Wasser schäumte, einer der Bootsführer holte die Reste des Segels ein. Die Jungs begannen zu paddeln, wieder zurück Richuing Kabakon, hastig und vergebens, das Boot trieb quer nach Osten, Max griff ein Paddel und ruderte Richtung Herbertshöhe, richtete aber nichts aus, so wenig wie die anderen, eine Strömung zog sie in den Sankt-Georgs-Kanal, Max hatte von ihr gehört, sogar Dampfpinassen trieb sie nach Südosten, sie mussten rudern, sonst kam er zu spät, das war das Wichtigste, rudern, als der ganze Himmel schwarze Nacht wurde, rudern, als jede einzelne Welle sich über dem Schiff brach, rudern, als der Regen kam und die Blitze, das einzige Licht, rudern, als die miteinander kämpfenden Gewitter zusammentrafen und sich entluden, als Irrlichter übers Wasser tanzten, als das Meer schäumte und tobte, als die Erde schwankte, ein Wetter wie aus dem Freischütz, zweiter Akt, sechste Szene, er hatte ihn einmal in Hannover dirigiert, seine Lieblingsstelle, die ganze Welt bricht auseinander, da wäre er gerne Paukist gewesen, aber warum ausgerechnet Hannover, was soll er dort, Herbertshöhe, da fährt sein Schiff ab, da muss er hin, in ein paar Tagen. Im Freischütz ergreift der Schwarze Jäger bei dem Gewitter die Hand von Max, ausgerechnet Max, sein Name, das ist kein Zufall, und auch hier taucht der Teufel gleich auf und greift nach ihm und seiner Seele, also musste er mdern. Die beiden Jungs hatten schon aufgehört. Der eine jammerte und der andere flehte seine Ahnen an. Max musste rudern, bis er geronnene Kokosmilch erbrach, die Finger bluteten, rudern, als der Schädel explodierte, rudern, bis er nicht mehr wusste, warum oder wohin, rudern, bis das Paddel entglitt und er auf den Rücken sank, den wunden Kopf auf einem Papierklumpen, die Arbeit von Monaten, doch das war egal. Hauptsache, er kam auf sein Schiff, erste Klasse, jeden Tag ein frisches Leintuch auf dem Bett, das war das Wichtigste, das Schiff, dann wird am Ende der Schlusschor

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