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Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
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kam aus Temeschburg, war jung und gesund und ihr Glaube naiv wie der einer Achtjährigen. Sie hatte in einem Brief von der Bekehrung der sündigen Heiden geschwärmt, deren Seele sie retten wolle, auf den hin er beim Bischof nachgesucht hatte, sowohl sie als auch andere Schwestern doch in Zukunft nicht bei ihm einzusetzen, sondern in Gegenden, in denen sie nicht binnen weniger Jahre eingehen würden, er habe genügend Schwestern begraben, aber der Bischof war hartnäckig geblieben, ein Opfer im Dienste Christi sei Gott wohlgefällig.
    In der Apotheke besorgte er Johanniskrautöl für Engelhardt und Chinin für sich selber. Der Apotheker gab ihm ein Herbarium für Engelhardt mit, der sammle immer wieder Heilpflanzen der Eingeborenen und schicke sie zur Bestimmung an eine Universität in Australien. Pater Joseph war erstaunt, denn davon wusste er nichts und wollte gerade nachfragen, als der Apotheker nach draußen zeigte. Ein Mann ging barfuß über die Straße, groß, breit, bärtig, an der Seite eine Frau, die braunen Locken offen über den Schultern, herausfordernder Blick in die Augen von Pater Joseph, der wegsehen musste, das war ihm lange nicht passiert. Er forderte eine Revanche, aber die Frau drehte ihm schon den Rücken zu. Sie trug ein sackartiges Gewand aus ungebleichtem Leinen. »Fruchtesser«, sagte der Apotheker, kramte in einer Schublade und suchte Salbeipastillen. »Nicht die einzigen. Die ganze Stadt ist voll von ihnen, fünfundzwanzig oder dreißig, ich habe sie nicht gezählt, aber sie sind überall. Die meisten schlafen nicht im Hotel, sondern in den Plantagen. Da soll es sehr sündig zugehen, wenn das stimmt, was man so hört, oder ganz natürlich, je nachdem, das ist eine Sache der Auslegung. Sie wollen nach Kabakon, in drei Tagen fährt das Postschiff. Herr Engelhardt bekommt eine Menge Gesellschaft. Das liegt an den Briefen und Berichten des Musikers, in denen er von der Insel schwärmte. Keinen idealeren Platz auf der Erde gebe es. Das haben die Leute geglaubt.«
    »Er erwartet nur drei oder vier Freunde.«
    »Er wird sich wundern. Manche von ihnen sind sogar nackt gelaufen, bis der Gouverneur drohte, sie sofort wieder retour nach Deutschland zu schicken. Das half. Es sind ein paar schöne Frauen dabei, aber Verzeihung, Pater, das ist Ihnen ja ganz egal. Einige von ihnen waren bei mir und haben sich nach dem Meister erkundigt und waren beleidigt, als ich nicht wusste, wer damit gemeint war.«
    Der Apotheker schüttelte den Kopf, addierte die Beträge, ließ die Registerkasse klingeln und verabschiedete sich vom Pater.
    Wo die Straße zum Haus des Gouverneurs abbog, stand eine Gruppe Leinengekleideter um einen Mann mit Gitarre herum und sang ein freies Leben fuhren wir. Ihre Gesichter waren schon braun gebrannt von der Überfahrt, aber die Augen waren noch klar, die Iris weiß. Das würde sich bald ändern. Die Gitarre war verstimmt und eine der Saiten schepperte, aber das störte keinen der Sänger, ein Leben voller Wo-ho-nne. Pater Joseph vermisste plötzlich Max Lützow. Der Musiker würde nie wieder das Akkordeon spielen. Der Gouverneur sah alt aus und grau.
    »Ich bin seit sechs Tagen im Fieber«, begrüßte er ihn, »der dritte Anfall in den vergangenen zwei Wochen, es bringt einen um, und das verdammte Chinin schlägt auch nicht mehr an, obwohl ich doppelt so viel nehme, wie mein Arzt mir verschreibt. An welchem Tag hat der Herr die Malaria erschaffen, und warum überhaupt, oder büßen wir damit unsere Sünden? Außerdem planen die Stämme im Süden einen Aufstand, die Pflanzer wehren sich gegen neue Bestimmungen zur Behandlung der Schwarzen, ein Käfer frisst die jungen Palmsetzlinge, und jetzt ist auch noch die Stadt voller Spinner.«
    Er hustete in ein Taschentuch, betrachtete angewidert den Auswurf, faltete es zweimal und steckte es in die Brusttasche.
    »Die werden nicht lange hier bleiben«, sagte Pater Joseph. »Aber was machen die auf Kabakon? Außer Scherereien? Die Hälfte wird am Fieber eingehen, die andere Hälfte am Sonnenstich.«
    »Das haben Sie Herrn Engelhardt auch prophezeit und jetzt ist er schon ein paar Jahre hier.«
    »Herr Engelhardt ist ein besonderer Fall. Ich verstehe nicht, was er macht, und ich verstehe erst recht nicht, warum er das macht, aber ich habe Respekt vor seiner Konsequenz und seinem Willen. Aber die anderen hier? Keine Idee, keinen Plan, nur auf der Suche nach einem Meister, der ihnen sagt, was sie tun sollen. Ausgerechnet Herr Engelhardt. Ein

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