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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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teilte Dahiba ihr ruhig und ernst die Neuigkeit mit. »Ich bin wegen Beschwerden zu Ibrahim gegangen, Umma. Er hat ein paar Tests gemacht. Die Tests sind positiv. Ich habe Krebs.«
    »Im Namen Gottes des Barmherzigen!«
    »Ibrahim glaubt, es könnte zu spät sein, ihn zu stoppen. Ich werde mich operieren lassen müssen, aber er kann mir keine großen Hoffnungen machen.«
    Khadija legte die Arme um sie und murmelte: »Fatima, Tochter meines Herzens«, und während Dahiba von Operationen, Chemotherapie und Bestrahlungen sprach, dachte Khadija über eine andere Form der Behandlung nach.
    Gott kann alles heilen.
     
    Mohammed betrat eilig das Haus und hoffte, niemand werde ihn sehen. Als er die Aufregung im großen Salon hörte, wo alle Frauen gleichzeitig redeten – irgend etwas war geschehen, aber das interessierte ihn nicht –, ging er schnell in sein Zimmer im Männertrakt. Nach zwei Stunden Kino zwischen johlenden jungen Männern im dunklen Kino brannte er lichterloh. Mimi war auf der Leinwand so schön und so verrucht gewesen. Sie hatte geradezu danach verlangt, verführt zu werden!
    In seinem Zimmer setzte er sich auf das Bett und befestigte Mimis Bild mit Klebeband neben dem Bild seiner Mutter. Als er die beiden Photos nebeneinander sah, traf es ihn wie ein Schock. Das Photo seiner Mutter stammte aus der Zeit vor ihrem Weggang, deshalb wirkten die beiden Frauen etwa gleichaltrig. Zwischen ihnen bestand eine beunruhigende Ähnlichkeit, die ihm vorher nie aufgefallen war. Er blickte lange auf die beiden Gesichter und dachte: Wie kann Schönheit so zerstörerisch wirken? Wie kann die Faszination einer Frau soviel Leid hervorrufen? Hatte seine Mutter ihn nicht beinahe das ganze Leben lang unglücklich gemacht? Und fühlte er sich wegen Mimi, der anderen blonden Schönheit, nicht ebenso elend?
    Mohammed war verzweifelt.
    Ich muß mich von dem Gift befreien.
    Er mußte Mimi erobern, oder sein Leben war zerstört. Tränen traten ihm in die Augen. Alles um ihn herum verschwamm. Die beiden Photographien verschmolzen miteinander. Mohammed konnte die eine Frau nicht mehr von der anderen unterscheiden.
    »Ich werde mich rächen«, stieß er zwischen den Zähnen hervor.

25 . Kapitel
    »Beim Barte des Propheten, ein Mann braucht eine Frau«, erklärte Hadji Tajeb, während Declan Connor ihn untersuchte. Tajeb war ein alter Fellache mit einem weißen, glasperlenbesetzten Käppchen auf dem Kopf und einem weißen Kaftan über dem knochigen Körper. Er hatte sich den Titel
Hadji
 – Pilger – durch seine Wallfahrt nach Mekka erworben. »Es ist nicht gut, wenn man die Essenz in sich behält«, fuhr er in seiner alten, krächzenden Stimme fort. »Ein Mann muß sie jede Nacht loswerden.«
    »Jede Nacht!« rief Khalid, der zum medizinischen Team gehörte und deshalb Anspruch auf den begehrten Platz neben dem Arzt erheben durfte. Die übrigen Männer saßen auf Bänken und Stühlen vor dem Kaffeehaus. »Bei den drei Göttern«, sagte Khalid aus Al Tafla. »Welcher Mann kann denn
jede
Nacht?«
    Hadji Tajeb erwiderte bescheiden: »Ich zum Beispiel.«
    »Deshalb hast du vier Frauen auf dem Gewissen!« rief Abu Hosni, und die Männer lachten.
    »Wirklich, Sajjid«, sagte Hadji Tajeb noch einmal, »Sie sollten die Doktorin heiraten.«
    Die anderen Männer stimmten zu und gaben ihm Ratschläge für die Hochzeitsnacht. Declan Connor warf schnell einen Blick hinüber zu Amira, die auf der anderen Seite des Dorfplatzes die Frauen behandelte. Die jungen Fellachenfrauen reichten Amira ihre Babys wie Opfergaben. Declan mußte sich gestehen, daß ihm genau das in letzter Zeit in den Sinn gekommen war: Er wollte mit Amira schlafen.
    Es war ein blaugoldener Mittag voller Fliegen, Staub und Hitze. Die Fellachen bereiteten den Platz für das Fest vor. Am Abend würde man den Geburtstag des Propheten mit Geschichten, Bauchtanz, Stocktanz, Puppentheater und mehr Essen feiern, als die Dorfbewohner seit einem Monat gehabt hatten. Das Fest sollte nach dem Gebet bei Sonnenuntergang beginnen. Die jungen Frauen würden sich auf die Dächer zurückziehen, um alles zu beobachten, während die Männer, Kinder und Frauen, die über das gebärfähige Alter hinaus waren, auf den Platz strömen und sich mit den Ehrengästen, dem medizinischen Team der Treverton-Stiftung, zu dem großen Mahl niederlassen würden.
    Der Platz war das Herz des kleinen, namenlosen Dorfes am Nil. Gewundene Gassen und Wege gingen von ihm aus wie Speichen von einer Radnabe. Hier, im

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