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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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geschoben. Ein fester Hieb wirbelte ihn herum. Er strauchelte.
    Kyle kämpfte verzweifelt darum, sein Gleichgewicht zu bewahren. Er hielt sich an Gliedmaßen fest und zog sich hoch.
    Selbst in dieser verzweifelten Situation vernahm er eine innere Stimme, die ihn leise daran erinnerte, dass man ihn gnadenlos zu Tode trampeln würde, wenn er hinfiel. Die sengende Luft erstickte nun unter Rufen, Flüchen und abgehackten Schreien. Dann meldete sich eine andere Stimme über den Lautsprecher, eine männliche Stimme, die schnell und drängend sprach, aber sie war weit entfernt und in dem allgemeinen Chaos nicht zu verstehen.
    Irgendetwas Kreischendes prallte mit unheimlicher Gewalt mit Kyle zusammen. Hände rissen an seinem Haar, Fingernägel schrammten durch sein Gesicht. Er fiel nach hinten, prallte gegen schlüpfrige Leiber und stellte trotz aller Anstrengungen fest, dass er abrutschte - in eine Region, in der Stiefel, Schuhe und Sandalen dominierten. Der Boden glich einem Backblech. Kyle drehte sich um. Er wollte sich auf die Knie erheben, aber der Druck um ihn herum war einfach zu groß, er konnte sich nicht gegen ihn zur Wehr zu setzen. Er hörte das grauenhafte Klatschen von Fleisch auf Knochen, als die Menschen sich mit Zähnen und Klauen zur geschlossenen Luke durchschlugen. Irgendetwas traf ihn - einmal, zweimal - ins Gesicht, und plötzlich schienen die Panik, die Verwirrung und sogar die Blasen werfende Hitze abzunehmen. Kyle fragte sich vage, was aus Tom geworden war. Dann fielen die Menschen auf ihn, erdrückten ihn mit ihrem Gewicht, und sein Bewusstsein fing an zu flackern. Als seine Glieder sich unfreiwillig entspannten, begriff er, dass er wie ein Herbstblatt nach unten sank. Er sank immer tiefer. Er schwebte sanft herab, um sich am Boden auszuruhen.
     
    16:00 Uhr
    Angus Poole hockte mit vor der Brust verschränkten Armen auf einem Schreibtisch im Großraumbüro der Abteilung Informationstechnologie und pfiff unbekümmert eine leicht schräge Fassung von »Knock me a kiss« vor sich hin. Er war von mindestens drei Dutzend Schreibtischen umgeben.
    Sie waren in der Mehrzahl besetzt. Alle Tische waren mit Tastaturen und Flachbildschirmen ausgerüstet, die man im gleichen Winkel ausgerichtet hatte. Trotz seiner Größe wirkte der Raum still. Pooles Pfeifen übertönte problemlos das leise Gesprächsgemurmel, das Klacken der Tastaturen und das Klingeln der Telefone.
    Am anderen Ende des Raumes befand sich eine Reihe fensterloser grüner Türen. Über ihnen hing ein Schild, dessen warnenden Text man sogar aus der Ferne lesen konnte:
    »Nur für autorisiertes Systempersonal. Netzhaut- und Handabdruckscanner prüfen Zutrittsberechtigung.« Hinter den Türen standen riesige Rechner: Utopias Gehirn. Eine Metropolis aus Silizium und Kupfer, die Fahrgeschäfte, Roboter, pyrotechnische Effekte, holografische Darstellungen, Shows, Überwachungskameras, Spielkasinos, die Stromversorgung, die Müllverarbeitung, Brandmelder, die Schwebebahn, Heiß- und Kaltwassereinrichtungen und zahllose andere Dinge steuerte, damit der Park funktionierte. Es schien unvorstellbar, dass sich ein solch wundersamer Ort hinter einer Fassade verbarg, die so nüchtern und farblos war wie dieses Großraumbüro.
    Während Poole wartete, stand an einem Tisch in seiner Nähe jemand auf und kam auf ihn zu. Er schaute hinüber. Eine weiße Frau, Ende zwanzig, schlank, einsachtundsechzig groß, fünfzig Kilo schwer. Grüne Augen, verborgen hinter getönten Kontaktlinsen. Poole pfiff weiter. Die Frau kam leicht zaghaft näher und beäugte die an Pooles Jacke geheftete Kennkarte. Sie war eindeutig nicht daran gewöhnt, in den heiligen Hallen der Systemverwaltung Spezialisten von außerhalb zu begegnen.
    »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«, fragte sie. Poole schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, danke«, sagte er.
    »Mir wird schon geholfen.« Er pfiff weiter.
    Die Frau musterte ihn kurz. Dann nickte sie, drehte sich um und ging - nach einem kurzen Blick zurück - wieder an ihren Schreibtisch.
    Poole schaute hinter ihr her. Dann fiel sein Blick auf seine Armbanduhr. Es war genau 16.00 Uhr. Sein Pfeifen ging langsam in ein Summen über.
    Während er vor sich hin summte, dachte er rasch nach. Seine Mission war unangenehm zäh und dauerte viel zu lange.
    Trotzdem musste sie unter diesen Umständen gelingen.
    Warnes Plan - auch wenn man ihn, wie Poole meinte, als solchen eigentlich kaum bezeichnen konnte - enthielt eine Reihe ärgerlicher Lücken. Erstens war

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