Das Patent
und wandte sich wieder an Peccam.
»Folgen wir den offensichtlichen Routen, die er genommen haben könnte. Ruf die A-1940 auf! Lass sie zehn Sekunden vorlaufen!«
Peccam sprang mehrere Minuten lang von einer Kamera zur anderen, doch ohne Ergebnis. Schließlich seufzte Allocco und breitete die Hände aus.
»Was soll man davon halten?«, fragte er.
»Die Technik kann's nicht sein«, sagte Barksdale. »So kann sie nicht ausfallen, nicht bei einem in solchem Maße redundanten Cluster.« Er schaute Sarah an.
»Noch ein Computerfehler.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Sarah. »Die zeitliche Abstimmung passt einfach zu gut.« Dann kam ihr ein neuer - und unbehaglicher - Gedanke.
»Können wir seinen Identifikator verfolgen?«
»Haben wir schon versucht«, erwiderte Allocco. »Er muss ´nen Blanko benutzen. Such weiter, Ralph! Sag mir, wenn du über ihn stolperst.«
Allocco wandte sich vom Monitor ab. »Was jetzt?«
»Wir warten ab«, sagte Barksdale.
Sarah schaute auf ihr Handgelenk. Es war 13.25 Uhr.
13:15 Uhr
Teresa Bonifacios Robotiklabor war möglicherweise die schlampigste Bude, die Warne seit seiner Zeit im Studentenwohnheim des MIT gesehen hatte. In einer Umgebung wie Utopia, die auf Ordnung und Präzision aufgebaut war, wirkte sie wie eine Herausforderung. Wie eine Unabhängigkeitserklärung. Dicke technische Handbücher lagen mit der Titelseite nach unten herum. Ihre Bindung war gebrochen, und sie hatten Eselsohren. In einer Ecke stand ein skelettartig aussehender Roboter mit erhobenem Arm, als wolle er die Freiheitsstatue nachäffen. Er war mit grünweiß gestreiften Computerausdrucken bekleidet. Irgendwo im Hintergrund lief »Paradise City«. Warne entdeckte ein grelles, an die Wand getackeltes Guns-’n’-Roses-Plakat, das ein mit einem dicken roten Filzstift geschriebenes Autogramm zierte: »Peace, Love, Slash.« Im Gegensatz zum relativ geruchlosen Rest der Utopia-Unterwelt hing hier ein bestimmter Duft in der Luft: eigenartig, irgendwie fischig. Warne schaute sich um und rümpfte unweigerlich die Nase. Teresas Büro war nicht mit den üblichen strahlenden Wandgemälden der wichtigsten Utopia- Attraktionen oder eingerahmten Motivationsphrasen verziert. Sie hatte lieber Plakate von Rockgruppen an die Wand geklatscht. Eine Postkarte mit dem Aufdruck »Borokay Beach, Philippinen« klebte an der Innenseite der Labortür.
Daneben hing ein Zettel, auf dem handschriftlich stand:
»Ist eine Aufgabe aufgrund von Sachzwängen nicht aufteilbar, hat größere Anstrengung keine Auswirkung auf den Zeitplan. Das Austragen eines Kindes dauert neun Monate, egal, wie viele Frauen daran beteiligt sind.
Frederick P. Brooks jr.: >Der mythische Männer- Monat<«
Teresa saß in der Ecke gegenüber und war hinter Stapeln von Fachzeitschriften und alten Exemplaren des »Amüsement Industry Digest« fast unsichtbar. Sie verlötete irgendwas, denn zwischen ihren Händen stieg ein dünnes Rauchwölkchen auf. Als sie Warne sah, legte sie den Lötkolben beiseite, schob die Schutzbrille auf ihre Stirn und bahnte sich einen Weg um die Stapel herum.
»Ist wirklich toll, Sie hier zu sehen«, sagte sie mit ihrer tiefen Stimme. Sie lächelte breit. »Ich kann's nicht fassen, dass Sie nach all dieser Zeit... O Gott!«
Warne folgte ihrem Blick. Georgia hatte gerade das Labor betreten. Flügelmutter folgte ihr auf dem Fuße. Der Roboter blieb urplötzlich stehen, seine Sensoren tasteten permanent die Umgebung ab, als könne er die ihn umgebenden Hindernisse nicht alle verarbeiten.
»Keine Angst«, sagte Georgia. »Es ist nur Flügelmutter.«
Teresa musterte den unförmigen Roboter kurz. Dann nahm sie Warne wieder in Augenschein und lachte: Es war die volltönende, ironische Altstimme, die er so oft am Telefon gehört hatte. »Wissen Sie, Sie sind hier so was wie eine Legende.
Niemand hat Sie je gesehen. Die einzigen Menschen, die je mit Ihnen telefoniert haben, sind Barksdale und ich. Hier macht der Witz die Runde, dass Sie in Wirklichkeit gar nicht existieren, sondern nur eine Erfindung Nightingales sind. Als sich herumsprach, dass Sie heute hier sind, kamen zwei Kollegen vorbei, um nachzufragen, ob es stimmt.«
»Was Sie nicht sagen!« Warne schaute Georgia an, die nun neben ihm stand und das sie umgebende Chaos neugierig begutachtete. Solange sie in der Nähe war, konnte er Teresa nicht sagen, was er von der ganzen Sache hielt. Noch nicht.
Trotzdem wollte er lieber zur Hölle fahren, als ihr diese Schmeichelei
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