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Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmer Mendoza
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schusssichere Weste, nichts da von wegen in die Kirche gehen oder zum Grab des heiligen Malverde pilgern, sollte ich das hier heilüberstehen, werde ich Tag und Nacht eine schusssichere Weste tragen. Damals war ich schlank, jedenfalls schlanker als heute, und hatte kaum Blut in den Adern, meine Entführer befanden mich also für tot und ließen mich einfach liegen, ich schleppte mich irgendwie den Hügel runter bis zur Landstraße. Halb tot war ich, als mich am frühen Morgen Läufer entdeckten, die dort trainierten. Einer davon war Psychologiestudent und ist mittlerweile ein angesehener Seelenklempner: Doktor Parra.
    Er war so betrunken gewesen, als ihn der Schuss traf, dass er einfach bis zum nächsten Morgen durchgeschlafen hatte. Mühsam rappelte er sich auf. Er sah das Loch in seinem Hemd und holte sich erst mal ein kühles Bier. Nach einem kräftigen Schluck zog er sich das Hemd aus und begutachtete das Projektil und die kleine Delle in seiner Weste. Kaliber 25, dachte er: Pfuscher. Er inspizierte das Stück Metall. Nicht mal eine vernünftige Pistole können die sich leisten. Er trank das Bier aus. Wer konnte das gewesen sein? Mit einer so vorsintflutlichen Pistole? Er machte das Licht aus und setzte sich, sah kurz zum CD-Regal, die Tüte mit dem Geld war noch da, auch die Sammlung an der Wand war noch vollständig. Er ging zur Haustür, sie war zu, aber nicht verschlossen, dann legte er das Geld in den Safe. Die hatten es also nur auf mich abgesehen, aber wer?, wer steckt dahinter? Feinde habe ich genug, und die kommen alle in Frage, umso mehr, da ein Auftragsmord heutzutage so billig ist; der Pistole nach zu urteilen, war es ein Anfänger, Gott sei Dank, hätte er mir wie üblich den Gnadenschuss versetzt, würde ich jetzt vor mich hin modern, was war eigentlichmit seinen Lieferanten? Bei Leo wundert es mich nicht, der Quatschkopf hat immer tausend Sachen in der Mache, muss immer alles schnell, schnell gehen am Telefon, aber die Engländer? Die sind immer so höflich, dass es einem regelrecht auf den Sack geht. Er machte sich noch ein Bier auf. Wer schickt mir diesen Gruß? Der Chuco Valenzuela wäre durchaus dazu fähig, diese Scheißschwuchtel, der dreht fast durch, weil seine Geschäfte nicht ins Rollen kommen; der Animal auch, bei Fray Antonio bin ich mir nicht sicher, ist ein gerissener Hund. Er trank, legte eine CD von Cream ein und setzte sich wieder. Durch eines der Fenster schien die Sonne. Die Polizei einschalten? Quatsch, ich seh sie schon hier rumschnüffeln und blöde Fragen stellen, ein Privatdetektiv? Gibt es nicht in dieser Stadt, und wenn, müssen das arme Schweine sein. Sunshine of Your Love in der Luft.
    Er dachte wieder an die Engländer. Ob sie gekommen waren? Vielleicht ja, und ich bin nur nicht aufgewacht. Bestimmt rufen sie an, sobald sie im Büro sind. Und wenn ich einen Gringo engagiere? Die sind wenigstens effektiv, nicht so wie diese Loser von der hiesigen Polizei.
    Um neun kam er aus dem Bad. Er machte seine Handys an, aber er hatte keine wichtigen Nachrichten. Also machte er sie wieder aus. Sein Festnetztelefon zeigte zwei verpasste Anrufe an, einer von vor zehn Minuten, aus einer der Hummer-Niederlassungen, und einer aus der für Luxusautos. Er stieg in seinen Jeep und fuhr zu Puye, um seinen Kater zu lindern: ein Cocktail aus Shrimps, Tintenfisch, Venusmuscheln, Austern und Meeresschnecken mit ein bisschen Cayennepfeffer, und schon wäre er wie neugeboren. Wenn die Engländer Geschäfte machen wollten, mussten sie eben warten, und ja, er würde dieGringos anrufen, die gleichen, die seine damaligen Entführer ausfindig gemacht und liquidiert hatten. Wenn es der Chuco war, wird es der Scheißkerl bitter bereuen, es könnte aber auch der Sultan Camacho gewesen sein, oder wem schulde ich so viel, dass er mich lieber tot als lebendig sieht? Die Gringos werden es schon rauskriegen; aber bevor ich sie anrufe, frage ich erst noch Carrasco, bei dem trifft sich immer Gott und die Welt, da hört er so einiges und weiß immer schon, was passieren wird, bevor es passiert. Den sollten sie als Erdbebenfrühwarnsystem engagieren; außerdem schuldet er mir noch Geld. Besser, der Chuco war’s nicht; wenn ich die Gringos heute anrufe, sind sie übermorgen hier. Puye, rief er, noch bevor er das Auto geparkt hatte, einmal Cocktail Gandhi, und mach ordentlich Chili dran, ich bin nämlich ziemlich angeschlagen. Wird gemacht, Don Fabián.
    Um diese Uhrzeit ölte Leo McGiver im Hotel Lucerna

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