Das Pest-Gewölbe
Kostüm hatte auf einem Schild den Satz geschrieben ›Wir wissen nichts‹ und diese Botschaft so auf den Tisch gestellt, daß sie nicht übersehen werden konnte. Trotzdem ließ man die Angestellten nicht in Ruhe.
Ich hatte es geschafft und mich bis an die Wand durchgedrängt, wo die Bücher ausgestellt waren. Der Verlag brachte natürlich nicht nur dieses eine Buch heraus, mein Blick schweifte über die Reihe der Neuerscheinungen hinweg, aber keines der Themen interessierte mich so wie das Kosmetik-Buch. Das Programm bestand wohl aus kulturgeschichtlichen Büchern, die aber beschäftigten sich mehr mit der Kunst und der Malerei.
Es war nicht nur das Buch vorhanden. Mit ihm zusammen wurde auch das im Buch beschriebene Produkt ausgestellt, eben diese Kosmetik, von Nostradamus erfunden.
Es waren zylinderförmige, dicke Lackdosen, die neben den Büchern standen. Man konnte die Deckel aufdrehen, um am Inhalt zu riechen.
Suko und Bill sah ich nicht. Sie waren irgendwo hinter mir. So nahm ich eine Dose in die Hand und drehte ebenfalls den Deckel auf.
Nein, Freunde, das war kein Geruch der mich irgendwie anmachte oder mir gefiel. Mir kam der Satz in den Sinn, daß derjenige, der schön sein wollte, auch leiden mußte, und bei diesem seltsamen Geruch würden bestimmt zahlreiche Käufer leiden.
Ich versuchte herauszufinden, wonach diese helle Creme roch. Es war mir unmöglich, denn da kam einiges zusammen. Ein Gemisch aus Kräutern und Essenzen, die allerdings in der Masse einen Geruch abgaben, der mich an vermoderte oder faulige Pflanzen erinnerte. Ich schüttelte den Kopf, drehte den Deckel wieder auf die Dose und wurde angerempelt.
Ich hörte eine Entschuldigung, schaute nach rechts und sah neben mir eine junge, blonde Frau stehen, die ich schon von der kleinen Cafeteria her kannte, denn da hatte sie mit ihren Freunden am Nebentisch gesessen. Wenn mich nicht alles täuschte, war sie mit dem Namen Wilma angesprochen worden.
»Sie auch?« fragte ich.
»Und Sie sprechen deutsch?«
Ihre Augen funkelten. »Ja, ich bin öfter in Deutschland.«
»Aha.«
Die beiden anderen Frauen drängten sich ebenfalls näher. »Hast du es gefunden?«
»Klar, Monika, hier.« Wilma deutete auf die Bücher und auch auf die Dosen.
Ich schuf den Damen Platz, um mich dem eigentlichen Ziel, dem Buch zuzuwenden. Ich wollte einen Blick hinwerfen und lesen, ob sich Nostradamus tatsächlich mit Kosmetik beschäftigt hatte.
Einige Bücher waren eingeschweißt, andere nicht. Ich nahm eines hervor und schlug es noch nicht auf, denn mich interessierte allein schon der Einband.
Dunkles Leinen. In der Mitte der stilisierte Kopf des Nostradamus.
Umgeben von ebenfalls stilisierten Kräutern. Auf der oberen Hälfte des Buchs las ich den Titel, über dem Gesicht war die Unterzeile eingeprägt worden.
Ich schlug das Buch auf.
Es blieb auf den Seiten vierzehn und fünfzehn offen liegen. Ein erster Blick zeigte mir, daß es wohl nicht mein Interesse finden würde. Da wurde von Kräutern geschrieben. Von ihrer natürlichen Heimat, von ihrem Wachstum, von ihrer Wirkung und so weiter.
Ich blätterte das Buch auf und war eigentlich enttäuscht. Mehr als die Hälfte glich einer damals bekannten wissenschaftlichen Abhandlung über Kräuter und Essenzen. Das eigentliche Thema wurde ziemlich zum Schluß angesprochen.
Dort waren dann auch die Rezepte zu lesen. Da stand geschrieben, was alles zusammengemischt werden mußte, um die Creme zu bekommen, die der Haut so guttat. Man unterschied zwischen der Gesichtshaut und der Haut des Körpers.
Das Kichern neben mir irritierte mich. Ich klappte das Buch zusammen, behielt es aber in der Hand und schaute auf die drei jungen Frauen, die dicht zusammenstanden, sich eine Dose genommen und den Deckel abgedreht hatten.
Sie flüsterten miteinander, und es war klar, was sie vorhatten. Die wollten sich damit eincremen.
Sie bemerkten meinen Blick und fühlten sich ertappt wie Sünderinnen.
Wilma Oehler fing sich am schnellsten. »Was meinen Sie? Ob wir es wohl wagen können?«
»Sie wollen die Creme ausprobieren?«
»Ja.«
»Warum?«
»Man muß alles testen«, sagte die Frau mit der Brille. »Ich heiße übrigens Monika Lüttgen«, stellte sie sich vor.
»Mein Name ist John Sinclair.«
Ich erfuhr auch die Namen der anderen beiden jungen Frauen, aber die Dose war nicht wieder geschlossen worden und lag auf Wilma Oehlers Hand. »Wagen oder nicht wagen?« murmelte sie. »Wagen!« sagte Monika. »Du
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