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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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Nebel über den Bäumen, Wiesen und Tümpeln. Feuchte Blätter lagen auf den Wiesen, und der allgegenwärtige Geruch von Holzrauch hing in der Luft und vermischte sich mit dem Duft von feuchter Erde, der in dieser verzaubert wirkenden Moorlandschaft Marianne sehr intensiv vorkam.
    Bereits seit der Morgendämmerung herrschte Aufbruchstimmung. Die Jagd sollte ein buntes fröhliches Treiben werden und mit einem großen Fest am Abend ausklingen.
    Carl Wrangel hatte sich dem Anlass entsprechend herausgeputzt. Er trug weite grüne Samthosen, ein edles, aus Leder gefertigtes Wams und einen roten Umhang. An seinem breiten Gürtel glänzte ein goldener Degen, den er als eine Art Glücksbringer stets bei sich trug. Er sieht gar nicht aus wie jemand, der zur Jagd geht, dachte Marianne. Doch inzwischen hatte sie sich an den seltsamen Kleidungsstil ihres zukünftigen Schwagers gewöhnt. Selbst der französische General erschien gegen den Schweden fast ärmlich gekleidet, mit seinen grauen Strumpfhosen, den dunkelbraunen Stulpenstiefeln und der graublau gefärbten Weste aus grober Wolle.
    Vor Marianne stand Albert, auch er trug eher schlichte Kleidung, die in Hellbraun gehalten war. Er hatte sich für einen Wams aus dickem Filz entschieden und für ein hellbeiges Hemd mit weit geschnittenen Ärmeln.
    Marianne legte seufzend die Arme um seinen Hals.
    »Ich werde dich vermissen, ohne dich sind die Tage immer so unendlich lang.«
    »Du wirst gar nicht bemerken, dass ich weg bin. Gewiss bist du mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt. Ehe du dichs versiehst, bin ich wieder hier.« Albert nickte ihr aufmunternd zu.
    Mariannes Blick wanderte zu Anna Margarethe hinüber, die mit ihrem Sohn auf dem Arm vor ihrem Zelt stand und sich von ihrem Gatten verabschiedete.
    »Anna wird gewiss dafür sorgen, dass ich nichts zu tun habe. Sie ist sehr gut darin, Arbeit zu verteilen.«
    »Darin wirst du auch bald gut sein. Das verspreche ich dir.«
    Marianne verschränkte die Arme vor der Brust und setzte eine gespielt beleidigte Miene auf.
    »Darin möchte ich gar nicht gut sein. Ich mag es nicht, den ganzen Tag herumzusitzen, und Stickarbeiten oder das ständige Getratsche langweilen mich.«
    Albert grinste.
    »Du wirst bald einen Haushalt leiten. Wenn wir erst einmal in Schweden sind, werden eine ganze Menge neue Aufgaben auf dich zukommen – und wenn wir dann zehn Kinder haben …«
    »Zehn?«
    Marianne riss die Augen auf.
    Er grinste und wandte sich zum Gehen.
    »Mindestens.«
    Marianne blickte ihm erschrocken hinterher, musste dann aber doch lachen.
    Ihr wurde bewusst, was genau er gesagt hatte:
    Wenn wir erst einmal in Schweden sind.
    Gedankenverloren verfolgte sie die letzten Vorbereitungen und hörte den Klang des Jagdhorns, das zum Aufbruch rief.
    Schweden. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Und bisher war ihr auch nicht in den Sinn gekommen, dass sie ja irgendwann mit Albert in einem richtigen Haus leben würde, in dem sie die Herrin wäre – und nicht die Dienstmagd.
     
    Marianne saß, umgeben von anderen Damen, in dem größten Zelt des Feldherrenhofs und beschäftigte sich damit, bunte Girlanden aus Bändern zu flechten, die am Abend den Raum schmücken sollten. Überall herrschte Betriebsamkeit. Diener liefen mit silbernen Kerzenständern und stapelweise Tellern durch die Gegend. Zusätzliche Bänke und Tische wurden aufgestellt, auf denen weiße, mit Rosen bestickte Tischtücher ausgebreitet wurden. Eine Heerschar von Dienerinnen beschäftigte sich damit, unzählige Gläser zu polieren und Servietten zu falten. Ein Musiker stimmte die Orgel und probte bereits das eine oder andere Lied. Marianne hatte sich von der guten Laune der anderen anstecken lassen, summte die Melodien mit und genoss es, ein Teil des Ganzen zu sein.
    »Ich habe gehört, Euer Kleid soll ganz wunderbar werden«, sprach Johanna, die Frau eines Oberfeldwebels, sie an.
    Marianne nickte.
    »Die Schneiderin leistet großartige Arbeit.«
    Eine weitere Dame mischte sich ein.
    »Das muss sie ja auch. Schließlich ist sie die Schneiderin von Anna Margarethe.« Ihr Tonfall war leicht schnippisch.
    »Nur kein Neid«, erwiderte Johanna und strich Marianne, die nicht so recht wusste, was sie erwidern sollte, liebevoll über die Schulter.
    »Sie hat es sich verdient. Immerhin hat sie Anna Wrangel gerettet. Und sie heiratet ja auch nicht irgendjemanden, sondern den Bruder des Generals. Ich freue mich schon jetzt auf das Fest. Es wird gewiss noch um einiges

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