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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brooks
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blutiger Lederklumpen heruntersauste und auf seinem Rücken eine so tiefe Narbe hinterließ, dass er seinen linken Arm danach nie wieder ganz heben konnte.
    Bei meiner Nacherzählung zuckte Elinor genauso zusammen, wie ich damals zusammengezuckt sein musste, als man mich mit diesen Geschichten belast e te und ich vergeblich versuchte, mir die Ohren zuz u halten. Auch er hatte damals nicht mit dem E r zählen aufhören wollen. Und nun merkte ich, dass auch ich es nicht konnte. Ich hörte, wie meine eigene Stimme unaufhaltsam die Litanei dieser Qualen herunterleie r te: Wie er mitansehen musste, dass die Seepocken seinen einzigen Freund bei einem un gerechten Kie l holen vom Kinn bis zur Wade au f schlitzten. Wie er seine Lehrzeit überlebt und endlich an Land geko m men war, nur um von einer Patrouille aufgegriffen und mit Gewalt wieder auf See g e schafft zu werden. Wie er seitdem in der Angst g e lebt hatte, man würde ihn erneut irgendwie zum Dienst pressen und zurück in seine Albträume zerren. Und dies, obwohl wir ganz weit im Landesinneren lebten.
    Irgendwie reinigte dieses Erzählen meinen Sinn und ließ mich wieder klar denken. Das Bündeln und Sortieren meiner eigenen Empfindungen brachte mich schließlich so weit, dass ich einen Maßstab fand, um das Wesen meines Vaters zu ermessen und eine Balance zwischen meinem Ekel vor ihm und dem Verständnis für ihn zu finden. Meine Schuld an der Art seines Sterbens gegen jene Schuld, die er bei mir für die Art und Weise meines Lebens stehen ha t te. Als alles abgeschlossen war, fühlte ich mich von ihm befreit.
    Eine Weile saß Elinor still da. »Ich habe mich stets gefragt«, sagte sie schließlich, »warum sich einer wie dein Vater durch den Sonntagseid an diesen Ort g e bunden hat. Denn auf mich m achte er immer den Eindruck eines Menschen, der bei der erstbesten G e legenheit flieht, um seine eigene Haut zu retten. Vermutlich hatte das mit seiner Angst vor den P a trouillen zu tun.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Und doch steckt meiner Ansicht nach noch mehr dahinter. Inzwischen glaube ich, dass er sich beschützt fühlte.« Jetzt erzählte ich ihr von Aphras merkwürdigem Benehmen, als wir den Grabhügel meines Vaters aufschichteten und seinen Leichnam zur letzten Ruhe betteten. »Aphra war schon immer abergläubisch. Wahrscheinlich hat sie meinen Vater überzeugt, sie hätte sich irgendwie Zaubersprüche oder Amulette verschafft, um sie alle vor der Ansteckung zu schützen.«
    »Wenn das tatsächlich so ist«, meinte Elinor, »dann stehen Aphra und dein Vater mit der Hinwe n dung zu solchem Aberglauben nicht allein da.« Sie ging zu ihrem Deckelkorb und holte ein ausgefran s tes Stoff stück hervor, das sie mir zeigte, ehe sie es in das Herdfeuer warf. Sie hatte für uns beide Tee g e kocht. Daran nippte sie nun geistesabwesend, wä h rend sie zusah, wie das Gewebe verbrannte. Auf dem Stoff standen ungelenke Zeichen, als ob die Hand, die sie geschrieben hatte, das Schreiben nicht g e wohnt sei. Soweit ich noch erkennen konnte, bevor die Flammen alles einschwärzten, bildeten die Wö r ter eine Vierergruppe, die keinen Sinn ergab: AAB, ILLA, HYRS, GIBELLA.
    »Dies habe ich von Margaret Livesedge, die ge s tern ihre kleine Tochter verlor. Eine › Hexe ‹ , ange b lich der Geist von Anys Gowdie, hat es ihr gegeben. Diese Worte seien Chaldäisch, erklärte ihr der Geist. Ein mächtiger Bannspruch von Zauberern, die bei jedem Vollmond nackt und mit Schlangen bemalt Satan anbeten. Sie wies Margaret an, dieses Tuch dem Kind wie eine Schlange an der Stelle um den Hals zu wickeln, wo sich die Pestbeule befand. Mit abnehmendem Mond sollte dann auch die Pestbeule schwinden.« Traurig schüttelte Elinor den Kopf. »Entweder hat Margaret den Verstand ve r loren, oder sie hat Visionen von Frauen, die gar nicht da sind, oder jemand hat ihr für diesen Unsinn einen Silbe r schilling abgenommen. Anna, ich weiß nicht, was mich dabei am meisten schockiert: dass Leute ihre verzweifelten Mitmenschen ausplündern? Dass sie das Andenken von Anys Gowdie beschmutzen, i n dem sie sich als ihr Schatten ausgeben? Oder dass die Menschen hier so leichtgläubig sind, dass sie auf dieses mitternächtliche Geflüster hören und ihren letzten Heller für diesen wertlosen Plunder ausg e ben.«
    Daraufhin erzählte ich ihr, wie ich an jenem Schneetag, an dem wir einander unerwartet in der Gowdie-Hütte begegnet waren, bei Kate Talbot di e ses ABRACADABRA gefunden hatte. »Wir müssen Mister

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