Das Pete Buch 01 - Die Lausbuben von Somerset
ihren Gummischleudern gehen die Jungen vom „Bund der Gerechten" zum Sturmangriff über. Von den Dächern her, aus Zaunlücken hervor — von überall her flitzen die Steinchen.
Der Grimm der Menschenmenge legt sich, die Leute lachen jetzt und rufen laut „Bravo!" und „Gebt es ihnen ordentlich!"
Niemals in der Geschichte Amerikas hat man einen General so laufen sehen! — Pitt ergreift schmählich die Flucht, gefolgt von Perkins und Jack Chase, dem Sekretär, der mehrmals hinfällt. Die drei retten sich in Turners Gasthaus und verbarrikadieren sich in ihrem Zimmer; denn sie glauben, daß ihr letztes Stündlein nun geschlagen habe.
Dem ist aber nicht so. Die Bewohner von Somerset sind viel zu friedfertig, um zur Lynchjustiz zu greifen. Sie begnügen sich damit, die Gipsfigur an den Galgen zu hängen . . .
Als zwanzig Minuten später der Sheriffsgehilfe Watson, abgehetzt und atemlos, die Straße herangaloppiert kommt, herrscht auf dem Festplatz ein fröhliches Gewühl vergnügter und erhitzter Menschen. Der Platz vor dem „enthüllten Denkmal" ist leer — nur der Schulmeister steht noch dort und blickt nachdenklich und etwas belustigt zu der baumelnden Gipsfigur empor.
„Was ist hier geschehen?!" ruft Watson empört. „Das ist ungeheuerlich! Wer hat dieses unglaubliche Verbrechen begangen?"
Mister Tatcher lächelt. „Mein lieber Watson", flüstert er geheimnisvoll, „dreimal dürfen Sie raten!" Wendet sich um - und läßt Watson einfach stehen.
Etwas später sieht Watson seinen Neffen. Jimmy kommt heulend und schniefend aus einem alten Bretterschuppen zum Vorschein. Der Bengel hat nichts Eiligeres
zu tun als sein Leid zu klagen, wobei er allerdings, wie üblich, mächtig übertreibt.
„Pete Simmers hat alles angestiftet", schnieft er. „Halb tot haben sie mich geschlagen. Dann haben sie mich in einen Sarg gelegt — lebendig begraben wollten sie mich, die Hunde. Gefesselt und geknebelt haben sie mich . .."
„So wahr ich hier stehe", schreit Watson ergrimmt, „Pete Simmers fliegt heute noch ins Gefängnis — und der Bengel kriegt mindestens drei Jahre, wenn nicht gar —"
„Wenn nicht gar einen Orden!" brummt eine tiefe Stimme hinter Watson und fügt hinzu: „Wo treiben Sie sich überhaupt herum, Watson? Was haben Sie hier bei dieser lächerlichen Denkmals-Komödie zu suchen, anstatt meine telegrafische Anweisung zu befolgen?!"
Der Mann, der so spricht, ist Watsons Vorgesetzter — Sheriff Tunker, der eigens aus dem Urlaub zurückgekommen ist, um Watson die Meinung zu sagen. Watson knickt zusammen; er erinnert sich an das Telegramm, das er vor drei Tagen erhalten hat. Ein Schwerverbrecher ist aus dem Gefängnis von Tucson ausgebrochen — ein gewisser „Denny Drake". Anstatt auf diesen Verbrecher Jagd zu machen, hat Watson nichts Besseres zu tun als sich mit den Buben vom „Bund der Gerechten" herumzuschlagen.
„Aber, ich konnte doch nicht — ich habe doch — dieser Pete Simmers hat nämlich--", stottert Watson.
„Sie haben Ihre Pflicht versäumt", sagt Sheriff Tunker barsch, „und es wird Zeit, daß Sie das Versäumte schnellstens nachholen. Kann ich denn nicht einmal in Urlaub gehen, ohne daß gleich alles drunter und drüber geht?
Sie wollen Pete Simmers ins Gefängnis einsperren? Ja, Mann, sind Sie denn nicht ganz richtig im Kopfe? Denken Sie denn, Sie können einsperren, wen S i e gern möchten?!"
Es muß zugegeben werden, daß auch Sheriff Tunker etwas übertreibt. Aber der Sheriff ist sehr erbost, daß Watson — in seiner Vertretung — die Genehmigung zu dieser absolut unsinnigen und schändlichen Denkmalsgeschichte erteilt hat. Niemals würde Sheriff Tunker gestattet haben, daß für einen so obskuren Wucherer wie „General" Pitt auch noch ein Denkmal gesetzt wird.
Da sich bereits Leute anzusammeln beginnen, will Watson etwas zu seiner Verteidigung sagen. „Aber, so hören Sie doch, Chef", sagt er beleidigt. „Pete Simmers und diese Rüpel, seine Freunde, haben meinem Neffen in ungeheuerlicher Weise mitgespielt. Sie haben den armen Jungen in einen Sarg gesteckt und lebendig begraben wollen!"
Sheriff Tunker blickt den „armen Jungen" aus zusammengekniffenen Augen an. „Ich glaube zwar nicht, daß Pete ihn lebendig begraben wollte", sagt Tunker grimmig, „wenn ich aber ehrlich sein soll: Verdient hätte es dieser Lümmel, der den Gummibaum ruiniert hat und offenbar auf dem besten Wege ist, sich zu einem Erpresser zu entwickeln."
„Wie — was?" stammelt
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