Das Pete Buch 06 - Blitz und Donner solche Luemmel
harmlos!"
Watson kratzte sich beklommen im Nacken.
„Aber ich nehme solche Sachen nicht gern, Doc!" japste er schwach und schüttelte sich angewidert. „Ist es bitter?"
„No!"
„Süß?"
„Auch nicht! — Nehmen Sie's nur. Es ist gut für die Nerven. Nachher können Sie auch fein schlafen."
„Na gut", gab Watson nach und pustete ergeben. „Ich nehm's! Aber nicht löffelweise, dann bekomme ich's nämlich nicht runter. Cocktail, gib mir mal 'n Glas!"
Der Sheriffsgehilfe erhielt sein Glas, und Professor Wrong goß ihm eine tüchtige Portion von dem „Gift" hinein. Watson schauderte nochmals zusammen, verkniff die Augen, hielt sich mit der Linken die Nase zu und setzte an. Ein kräftiger Schluck . . . und weg war das Zeug.
„Na also!" lachte Wrong. „Und nun zu dir, Alte!"
Aber er machte die Rechnung ohne Mammy.
„Nononono!" winkte diese energisch ab. „Da ist zu machen nix! Gar nix! Ich zuerst muß sehen, ob John Watson auch bleiben leben. Und ob gut schlafen und morgen bessere Nerven ... dann ich werde trinken. Ich morgen komme wieder und Sie mir geben Brom, Doc! — Aber ... wenn Brom helfen für kaputte Nerven, — was helfen für kaputte Hut?"
Ein neuer Lachorkan hob an. Die Leute klatschten sich auf die Schenkel und hatten bereits Tränen in den Augen. Das war keine Gratisbehandlung für Kranke, das war ein Gaudium, ein Gratiszirkus!
Immerhin behandelte Professor Wrong dann doch noch einige mit gutem Erfolg. Mr. Heavy, dem zufällig übel wurde, bekam ein Präparat, das augenblicklich half; Mrs. Thin ein Pflaster gegen ihr Rheuma, und der kleine Odd vom Schlachter Tinfad ein paar Lutscher für den Husten. Als der Professor dann die Gratisvorstellung beendete, war er als „Kurarzt von Somerset" anerkannt . . . und
fertig mit seinen Nerven! Weshalb er sich ebenfalls ein großes Glas aus der Brom-Flasche genehmigte.
„Was ich noch sagen wollte, Professor!" murmelte Watson, als sich das Lokal geleert hatte. „Man müßte sich an berühmten Städten ein Vorbild nehmen. Chicago besitzt einen Zoo und New York eine Rennbahn! Man muß den Fremden Anziehungspunkte bieten! — Sie sind doch ziemlich weit herumgekommen? — Was könnte man wohl in Somerset bauen?"
Wrong überlegte.
„Ein Museum!" brummte er endlich. „Ein Museum müßte man haben!" —
John Watson blieb übrigens am Leben. Aber schlafen konnte er in dieser Nacht nicht gut. Im Gegenteil, ganz im Gegenteil! Genau achtmal mußte er ein gewisses Örtchen aufsuchen — Brom schien ziemlich zu treiben. Oder war es etwa Rizinusöl, was er da gegen seine Nervenschwäche eingenommen hatte? Wenn aber — wie war das Zeug dann nur in die Bromflasche geraten? Beim vierten Besuch des gewissen Örtchens hing an der Tür des Häuschens ein Schild. Watson runzelte die Stirn und las beim matten Schein der Sterne die Inschrift: Sanatorium für Nervenleiden!
Da wurde ihm klar, daß die Bromflasche wirklich das berüchtigte Abführmittel enthalten ... und daß der Bund der Gerechten wieder einmal tatkräftig in den Gang der Ereignisse eingegriffen hatte. Aber wie, zum Teufel, war es bloß den Jungen gelungen, an die Bromflasche heranzukommen? —
Fünftes Kapitel
ALLES NUR FÜR DIE FREMDEN!
Mit Speck fängt man Mäuse ... aber mit Dollars keine richtigen Jungen! — „Bürgermeister" Watson ... er soll leben! — Lachen ist die beste Medizin — Die ersten Fremden halten ihren Einzug im „Zornigen Bullen"! Und schon beginnt der Tanz — Die Jungen vom Bund der Gerechten sind keine Spielverderber, aber sie wissen, was sie wollen — Seid klug wie die Schlangen!
Am nächsten Morgen war Pete gerade dabei, sich zu waschen, als die hohe Amtsgewalt höchstpersönlich auf den Hof der Salem-Ranch einritt. John Watsons Gesicht war weiß wie Kalk; unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. Er war unrasiert und machte überhaupt einen recht müden und abgehetzten Eindruck. War er krank?
„Guten Morgen, Herr Vorsitzender!" lachte Pete ihm sehr freundlich zu und goß sich wohlig prustend einen ganzen Eimer eiskalten Wassers über den Kopf. „Brrr! — Ohah! Herrlich! Das ist wirklich eine Wohltat. Besonders, wenn man schön geschlafen hat! — Haben Sie auch gut geschlafen?!"
Der Sheriffsgehilfe schleuderte Pete einen vernichtenden Blick zu, kletterte steifbeinig aus dem Sattel, ächzte und stöhnte und band seinen Gaul an einen Koppelpfahl fest. Alles deutete darauf hin, daß er wohl beabsichtigte, etwas länger zu bleiben. Längst hatte er sich
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