Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
und bibberte um sein kostbares Leben. „Klatsch!" — „Klatsch!" — „Klatsch!" — hörte er unten Schritte. Dann war alles wieder still.
Mr. Zeigefinger aber dachte nicht daran, die Treppe hinunterzugehen und nach dem rechten zu sehen. Nein, dazu war sein Leben zu wertvoll und kostbar. Er mußte es im Interesse der Somerseter Jugend erhalten! Was aus seinem Schützling wurde, daran dachte er in diesem Augenblick nicht.
Erst viel, viel später, als die Sonne bereits ihre ersten Strahlen durch den Vorhang schickte, wagte er sich unter dem Bett hervor. Ängstlich horchte er nach unten. Kein Laut war zu hören. Er bewaffnete sich vorsichtshalber mit einer alten Schrotflinte, die er immer bei sich am Bett stehen hatte, und schlich die Treppe hinunter. Entsetzt blieb er auf dem untersten Absatz stehen. Da! Er hatte es ja geahnt! Die Tür stand sperrangelweit auf. Schief hing sie in den Angeln. Hier hatte bestimmt ein gemeiner Überfall stattgefunden.
Mr. Zeigefinger zog sich vorsichtig wieder zurück und stieg oben zitternd in seine Hosen. Mit nervösen Fingern fummelte er sich seine Krawatte zurecht und wankte dann mit schlotternden Knien zum Hause hinaus. Er dachte nicht daran, zuerst einmal nach Penny zu sehen. Nein, dazu reichte wohl nicht sein Mut!
Für John Watson war fünf Uhr morgens noch „mitten in der Nacht". Er liebte nicht, seinen edlen Körper vor neun Uhr in Bewegung zu setzen, jedenfalls solange Sheriff Tunker nicht da war. — Als es jetzt mächtig gegen die Haustür pochte, zog sich der wackere Hüter der Ordnung ungehalten das Deckbett über den Kopf und murmelte einen Fluch. Aber was nützte das? Mr. Zeigefinger war zähe. Mit beiden Fäusten drosch er jetzt gegen die Tür, daß es dumpf durchs ganze Haus dröhnte. Jimmy Watson, der „junge Held von Arizona", glaubte an einen Indianeraufstand und verkroch sich eiligst im Kleiderschrank. Watson aber erhob nach einer Viertelstunde seine müden Glieder und steckte den Kopf zum Fenster hinaus.
„Welcher Hornochse erlaubt sich, das Gesetz zu so nachtschlafender Zeit zu stören? Verschwinde, du Vollidiot, oder ich stecke dich ins Jail!"
„Aber Mr. Watson", erklang jetzt die erregt meckernde Stimme des Ziegenbartes von unten herauf, „wie reden Sie mit mir? Ich muß schon sagen, höchst unkollegial, das ist ziemlich stark! Nein, das ist äußerst stark!"
„Oooh! Haaa! Hiii!" machte Watson. „Wie wird mir? Was sehen meine nachtblinden Augen? Pardon — Entschuldigung — danke gleichfalls! Siiie sind es doch wohl nicht ganz und gar, liebes Zeigefingerchen?"
„Natürlich bin ich es! Meine Pflichten treiben mich zu Ihnen. Sind Sie wirklich so nachtblind? Hier stehe ich — und kann nicht mehr!"
„Sie können nicht stehen?" faselte Watson weiter, der wohl noch nicht ganz aufgewacht war, „nun, nun, so setzen Sie sich doch, lieber Freund. Machen Sie sich's auf der Treppe bequem, bis ich ausgeschlafen habe!"
„Das muten Sie mir zu!"
„Warum nicht? Sie scheinen völlig vergessen zu haben,
daß ich gestern doch gewaltig zusammengeschlagen worden bin und nach Ihrem fachärztlichen Rat mich nur im Rollstuhl bewegen darf. Und den habe ich im Augenblick nicht zur Hand. Laufen darf ich nicht, was sollen auch die Leute denken, lieber Kollege! Rollstuhlverdächtige müssen wenigstens den Schein wahren!"
„Aber mit mir können Sie doch mal eine Ausnahme machen, es sieht ja keiner", wimmerte der Ziegenbart. „Hat das Wunder denn nicht gewirkt?"
„Na, Sie sind mir ja ein schöner Erzieher?" Watson war nahe dran, das Fenster zuzuklappen.
„Reden Sie keinen Unsinn!" Der Ziegenbart wurde jetzt richtig wütend. „Ich befehle Ihnen als Ihr Vorgesetzter, sofort herunterzukommen!"
„Befehlen?" Watson lachte wild auf. „Sie mir? Das ich keinen Lachanfall bekomme! Sie wollen — hahaha! — mir — hahaha — befehlen? Huhu-hihi-haha! Wissen Sie überhaupt, w e r ich bin? Ich denke, Sie kennen mich? Gehen Sie heim und nehmen Sie Baldrian, wenn Sie nicht schlafen können. Aber mir befehlen! Mir, John Watson! Lächerlich so was!"
Mr. Zeigefinger stand ganz bedeppert auf der Straße, reckte sich den Hals lang und starrte auf John Watson, der schon am frühen Morgen solche Rede vom Stapel lassen konnte. Er konnte ja nicht ahnen, daß sein Freund alles vertragen konnte, nur nicht kommandiert zu werden.
„Aber ich bitte Sie, lieber Hilfssheriff", Zeigefinger änderte jetzt mit Bedacht den Ton, „oh, ich bitte Sie von ganzem Herzen, kommen Sie
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