Das Pete Buch 18 - Der Mann aus Texas
lang-wallenden Nachthemd. Er blieb auf der untersten Stufe stehen und hob die Kerze vorsichtig vor, um besser sehen zu können.
„He?" schrie er, „jemand da? Komm schon hervor, Bursche, ich finde dich doch!"
Doch alles blieb still. Der Mann im Nachthemd schüttelte verständnislos den Kopf. Aber er gab keineswegs auf. No, das tat ein Mr. Goldsmith nie. Er stakste mit seinen langen Beinen los und begann alles abzuleuchten. Hinter jede Kiste, hinter jedes Möbelstück sah er. Er ging dabei so gründlich vor, daß es Sam langsam unheimlich wurde. Der Mann konnte schließlich ja auch auf die Idee kommen, das Fell hochzuheben. Aber nein! Sam hatte Glück. Mr. Goldsmith blieb nur einen Augenblick schnaufend davor stehen und schüttelte nachdenklich den Kopf.
„Nein, so was", knurrte er böse, „da muß doch jemand gewesen sein! Habe einen Schlaf wie ein Präriehund im Winter. Wenn i c h von dem Krach aufgewacht bin, muß es doch was gewesen sein!"
Er schüttelte nochmals den Kopf und marschierte wieder zur Treppe. Sam atmete erlöst auf. Das war noch einmal gut gegangen! Er freute sich allerdings drei Sekunden zu früh. Mr. Goldsmith ging zwar zur Treppe, sein Weg aber führte über das Raubtierfell! Warum sollte er auch nicht auf dem Fell herum trampeln? Es lag gewiß schon seit einigen Jahren vor seinem Schreibtisch und war schon einige tausend Male darauf getreten. Das tat er auch jetzt!
„Ooouuuh!" brüllte Sam auf, als er Mr. Goldsmiths derben Fuß im Kreuz spürte, und hüpfte im selben Moment hoch. Der Texaner, der ja erst einen Fuß daraufgesetzt hatte, verlor das Gleichgewicht. Die Kerze fiel zu Boden und verlosch. Das war Sams Rettung!
„Damn!" schrie nun Mr. Goldsmith, „ich erwische dich doch!"
Jetzt begann eine tolle Jagd. Die Sommersprosse suchte einen Ausweg, und Mr. Goldsmith suchte seinen lebendig gewordenen Tiger. Sam hatte nämlich in der Eile das Fell mit hochgerissen. Dabei mußten sich seine Haare irgendwo irgendwie festgeklemmt haben.
Die Jagd ging kreuz und quer durch die Halle. Abwechselnd legten sich der Verfolgte wie auch der Verfolger lang auf den Fußboden. Allerdings nicht freiwillig; das lag an dem verdammten Hausrat, der überall herumstand. Einmal verwickelte Sam sich sogar in eine Gardinenschnur und hätte sich beinahe selbst gefesselt. Zum Glück trat gerade Mr. Goldsmith zu gleicher Zeit mit seinem nackten Fuß in das Goldfischglas seines Sohnes. Er war darob so erschrocken, daß er sich schnell auf den verlängerten Rücken fallen ließ. Aber dann schrie er auf wie ein Berglöwe! Hinter ihm befand sich nämlich gerade der Kakteenständer.
Zu dieser Zeit hatte Sam durch reinen Zufall längst das Treppengeländer gefaßt. Vielleicht wurde das seine Rettung! Ganz leise schlich er hoch und gelangte in Mr. Goldsmiths Schlafzimmer. Die große Glastür, die zur oberen Terrasse führte, stand weit auf. Sam überlegte nicht lange und wagte den Sprung ins Ungewisse. Er landete aber wohlbehalten im weichen Boden eines Blumenbeetes und schlug sich dann schleunigst quer durch die Büsche. Nach einigen Metern blieb er nach Atem ringend stehen. Schnell befreite er sich von dem lästigen Fell und lauschte in die Nacht. Da drang tatsächlich ein unbestimmtes Stimmengemurmel an sein Ohr. Woher kam es? Aha! Sofort fiel ihm die alte Hütte ein; er kannte sich
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hier gut aus. Er wußte, daß hier irgendwo ein Geräteschuppen stehen mußte. Nach kurzem Suchen hatte er ihn erreicht. Da die Bretterwände nur sehr dünn waren, konnte er deutlich vernehmen, was gesprochen wurde. Gerade sagte eine unbekannte Stimme:
„Also, die Sache wäre somit ganz klar. Hat noch einer eine Frage?"
Sam hätte sich vor Wut in den Hintern beißen können. Da ging er in dem alten Haus auf halsbrecherische Entdeckungsfahrten, während hier, in der morschen Bretterbude schon alles „ganz klar" war.
Aber was war klar?
„Ich", sagte jetzt ein quäkendes Organ, das Sam unschwer als die Stimme Jimmy Watsons erkannte, „ich habe noch eine wichtige Frage."
„Und?"
„Wer ist der stellvertretende Führer unseres Bundes?"
„Das kommt ganz auf die Tapferkeit an", entgegnete die Stimme, die Rothaar nicht kannte, „ich werde sehen, wer dieser Ehre würdig ist, mein Vertreter zu werden. Vorläufig brauche ich keinen."
„Och", man hörte, wie enttäuscht Jimmy war, „wenn ich bisher der Anführer der Schrecklichen' war, kann ich jetzt auch der stellvertretende Anführer der ,Starken' sein."
„Na,
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