Das Pete Buch 18 - Der Mann aus Texas
keifte sofort in den hinteren Räumen eine Frauenstimme, „beeil dich doch, daß du in den Laden kommst! Wenn es ein Gauner ist, klaut er uns den schönen Sirup aus den Regalen!"
Mr. Tudor verzog das Gesicht zu einer Leichenbittermiene. ,So ein böses Weib', dachte er, ,die frißt sich vor lauter Geiz noch mal selber auf. Wenn's bloß bald so weit wäre. Er setzte sich auf einen Hocker an der Tür und wartete. Endlich kam Mr. Dodge angewatschelt.
„Entschuldigung", sagte er, „war noch nicht ganz mit dem Frühstück fertig."
„Macht nichts, Tobias", grinste der Rancher, „ich habe Zeit. Was gibt's denn Neues im Town?" Mr. Tudor kannte den Storebesitzer genau. Er wußte, daß Mr.
Dodge zu gerne Neuigkeiten erzählte. Darum stellte er die Frage, um für sein Anliegen Zeit zu gewinnen.
„Tja", legte der auch gleich los, „da ist eine ganz tolle Sache im Gange. Man sollte es nicht glauben, auf was für Ideen die Leute kommen. Versicherungen! Hm, wir werden jetzt alle versichert. Was sagst du dazu, Ted?"
Mr. Tudor wiegte bedächtig den Kopf. Er war schon ein alter Knabe, und in seiner Jugend hatte es so was nicht gegeben. Daher hatte er auch keine Ahnung, wie das mit den Versicherungen vor sich gehen sollte.
„Versicherungen?" wiederholte er, „was soll das schon sein? Habe davon noch nie gehört. Wahrscheinlich so ein neumodischer Schwindel. In unserem Distrikt jedenfalls hat es das noch nicht gegeben?"
„Gestern kam ein Gent hier an", erklärte der Storebesitzer, „heißt Goldsmith. Der schließt die Versicherungen ab. Dann bist du eben versichert, verstanden?"
„No", sagte Mr. Tudor, und riß die Augen weit auf. „Das verstehe, wer will! Du mußt mir das etwas genauer erklären."
Und Mr. Dodge erklärte lang und breit, was es damit auf sich hatte. Der alte Rancher steckte sich gemütlich sein Pfeifchen an und hörte geduldig zu.
„Aha", sagte er dann, als Tobias endlich fertig war, „so ist das! Aber gegen was soll ich mich denn versichern lassen? Habe doch keine blanken Dollar im Hause; bei mir würden Diebe nichts finden."
„Du kannst dich ja gegen Feuer versichern lassen. Wenn dann deine Bude abbrennt, bekommst du eine Menge Geld." Mr. Dodge, der wußte, wie es um den armen Rancher bestellt war, zwinkerte listig mit den Augen. „Kann ja leicht mal passieren, daß so ein Haus abbrennt, nicht? Besonders jetzt im Sommer — bei der Hitze!"
„In den letzten zehn Jahren ist aber so was nicht vorgekommen", brummte Mr. Tudor, „kann mich nicht erinnern. Nur damals, als John Watson den Quatsch mit der Tankstelle gemacht hatte, ist die alte Hütte vor dem Town abgebrannt. Und dann ab und zu mal beim Gewitter ging eine Scheune hoch. Na, aber sonst ist hier doch noch kein stabiles Haus abgebrannt."
„Aber es könnte doch mal vorkommen, nicht?" Der Storebesitzer legte den Kahlkopf schief und lächelte vielsagend.
„No, Tobias", sagte Mr. Tudor, „das kommt bei mir nicht in Frage. So was ist ja Betrug. Betrügen aber darf man nicht. Bin immer ein ehrlicher Kerl gewesen, und werde es auch für den Rest meines Lebens bleiben."
„So meinte ich es ja auch nicht", beeilte sich Mr. Dodge zu versichern, „hatte nur so meine Gedanken. Na, reden wir nicht mehr darüber."
„Gut, reden wir nicht mehr darüber. Was ich noch sagen wollte", druckste der Rancher, „habe ich bei dir Kredit? Ich brauche da ein paar Sächelchen. Bezahlen kann ich aber erst nach der Ernte."
Mr. Dodge wackelte mit dem Kopf und legte dann den Finger auf den Mund. „Pscht", machte er, „meine Frau darf das nicht hören. Bis jetzt hast du ja immer alles bezahlt bei mir. Darum gebe ich dir auch weiter auf Pump. Aber meine Frau darf das niemals erfahren. Was soll es denn sein?"
Mr. Tudor zog einen verknitterten Zettel aus der Tasche und reichte ihn dem Kaufmann hin. Der setzte umständlich seine Brille auf und studierte eifrig. „Allewetter", knurrte er dann, „das macht ja fast zweihundert Dollars."
„Werde es schon bezahlen", druckste Tudor, „kannst dich auf mich verlassen."
„Okay, Ted." Mr. Dodge begann die Waren zusammenzupacken. Er türmte alles auf die Theke. Mr. Tudor rauchte seine Pfeife gemütlich weiter und sah zu. ,Ist doch ein guter Kerl, der Tobias', dachte er, ,wüßte auch wirklich nicht, wie es weitergehen sollte.'
In diesem Augenblick erschien Lisa, Mr. Dodges Frau, im Laden. Sie war klein und rundlich und hatte eine große Brille auf der spitzen Nase. Mit flinken Augen sah sie auf die Waren und
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