Das Pete Buch 26 - Unternehmen Vergaser
sie schnell ihre Kleider ab und begannen unterzutauchen. Zuerst machte das auch mächtig Spaß, aber nach einer halben Stunde japsten sie doch schon ganz schön nach Luft. Alte Konservendosen, das Rad eines Kinderwagens, sogar Teile eines alten Regenschirms hatten sie herausgefischt, von dem Vergaser aber war keine Spur zu finden.
„Ich werde mal die Umgebung absuchen", meinte Joe nach einiger Zeit, „vielleicht ist der Vergaser schon vorher abgebrochen und liegt gar nicht im Wasser."
„Kann auch sein, such du oben, ich weiter unten."
So setzten sie ihre Bemühungen fort, denn der Vergaser mußte gefunden werden.
John Watson verließ um diese Zeit schon den „Weidereiter". Der Hilfssheriff hatte sich genug gestärkt und auf den „Schrecken in der Morgenstunde" eine ganze Flasche getrunken. Mr. Kane hatte sie spendiert, denn er wollte es mit dem „Gesetz von Somerset" nicht verderben. So kam es, daß ihn bereits an so frühem Nachmittag ein schöner Affen nach Hause begleitete. Kein Wunder, daß die Bürger die Köpfe zusammensteckten, und Mrs. Timpedow, die den schwankenden Watson von ihrem Fenster aus heimlich beobachtete, griff rasch die Wasserkaraffe von ihrem Waschtisch und schüttete den Inhalt Watson mitten ins Gesicht.
„Sie liederlicher Liederjahn", schrie sie dabei empört, „ist das die Pflicht, die Sie uns braven Bürgern gegenüber erfüllen? Schämen sollten Sie sich, Sie verlottertes Gemüt!
John Watson glaubte, die Madame hätte eine feuchte Aussprache, und sang aus Leibeskräften: „Es regnet — es regnet — die Erde wird naß . . .!"
Endlich erreichte er sein Office. Er stolperte über die Schwelle und legte sich vor seinen Schreibtisch nieder. Beinahe wäre er eingeschlafen, aber der Fußboden war ihm doch zu hart. So rappelte er sich wieder auf und schleppte sich in seinen Sessel. Er kreuzte die Arme auf dem Schreibtisch, legte den Kopf darauf — und schnarchte innerhalb von wenigen Sekunden los.
Aber nicht lange war ihm diese Ruhe vergönnt. Er erwachte, als ihm etwas kräftig an den Haaren ziepte. Als er traumverloren die Augen öffnete, sah er seinen lieben Jimmy vor sich. Onkel John holte mehr instinktiv als bewußt kurz aus und verabreichte dem Knaben eine schallende Ohrfeige.
„Ich will dich lehren, deinen Onkel zu ehren", brummte er im Halbschlaf; dann legte er sich wieder zurecht und wollte weiter pennen.
„O — O — On-kel! Wach auf, Onkel! Gefahr im Anzug! Du mußt sofort aufwachen."
Aber John Watson reagierte nicht. Er knurrte nur gefährlich wie ein Hund, dem man den Knochen geklaut hat.
„O — O — On-kel! Gefahr im Anzug!" schrie Jimmy nun, so laut er konnte.
John Watson machte erschrocken einen Satz in die Höhe und warf dabei beinahe den ganzen Schreibtisch
um. „Im Anzug?" stotterte er, „in welchem? In meinem etwa?"
„N — n — nein! In m — m — meinem!"
„Bengel", knirschte das „Gesetz", „wehe, wehe, dreimal wehe! Wenn du mich wieder zum Narren hältst, ergeht es dir schlecht."
Jimmy gab keine Antwort. Er zog vorsichtig einen metallenen Gegenstand aus der Tasche und reichte ihn seinem Onkel hin.
„Was soll das? Was ist das für ein Apparat?"
„Weiß es nicht, Onkel. Sieht aber aus wie 'ne Handgranate. Jesse Blake hat gesagt, es wäre bestimmt eine."
John Watson machte schon wieder einen Satz. Diesmal sprang er hinter den Schreibtisch und streckte abwehrend die Hände aus.
„Hinweg, Satan!" schrie er. „Hinweg, Jimmy! Entferne dich, Unglücksknabe. Du bist ja der wandelnde Tod!"
Statt einer Antwort fing Jimmy an zu flennen. So stand er, die „gefährliche Waffe" in der Hand, während sein Onkel hinter die aufgetürmten Akten in Deckung ging. Endlich aber wurde es auch dem Schlaks zu mulmig. Er legte den Gegenstand ganz einfach auf den Fußboden und lief, so schnell er konnte, hinaus. Die Tür schlug er dabei krachend hinter sich zu. John Watson aber dachte, sein letztes Stündchen sei gekommen. Er hielt die krachende Tür für eine Explosion, wühlte seinen brummenden Schädel tief in einen Stoß Papier und rührte sich nicht mehr.
Jetzt bin ich also dran', dachte er noch, ,ein ganz komischer Zustand ist das.' Damit war der Hilfssheriff
von Somerset endgültig ins Land der Träume entschlummert. —
In diesem Augenblick kam Pete gerade die Straße herunter. Er wollte zum Red River, um sich um das Unternehmen „Vergaser" zu kümmern. Jimmy lief ihm genau in die Arme. Pete hielt den Schlaks an; ihm schwante nichts
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