Das Pete Buch 39 - Wer soll da noch durchschauen
ich hätte Jimmy Watson entführt, Mr. Tunker und Mr. Teacher vergiftet und den Kaspar Hauser ermordet!"
Mr. Dodd erteilte Smaller nun auch die Genehmigung zu der überstürzten Abreise, und zur festgesetzten Zeit trabten der Reporter und Sam zum Ranchtor hinaus. Sam hatte es ängstlich vermieden, mit Pete nochmals allein zu sein; er schien etwas niedergeschlagen und rief seinem Freund beim Abschied nur noch zu: „Nichts für ungut, Pete! Wenn ich wieder hier bin, lachen wir uns einen!"
„Vielleicht schon vorher", meinte Pete geheimnisvoll, während er Jack Smaller mit einem forschenden Blick musterte. Aber das Gesicht des Reporters blieb eine grinsende Maske.
Die beiden „Weltreisenden" waren kaum fort, als die Mitglieder des Bundes der Gerechten auf der Ranch eintrafen. Pete hielt mit ihnen eine lange Besprechung ab; war schon dunkel, als sie sich trennten.
Dies alles ereignete sich an einem Dienstag. Und i folgenden Donnerstag geschah es dann . . .
Drittes Kapitel
EIN »LUMPEN-KASPAR« UND EIN „KRONEN-KASPAR" IM WIDERSTREIT
Ein abgerissener Junge fällt auf die Füße — Nun bin ich bedient, Herrschaften! — Das Mitleid regt sich und zwei streiten sich um ein Geschäft — Der richtige Prinz ist da, sogar mit Krone und Szepter! — Peter läßt sich eine Handschrift deuten und kommt auf einen Dreh — Die Bürgerschaft tagt — Ein Silberdollar verwandelt sich in einen „Königshof" — Die „Enthüllungen" einer Präsidentin — Ein Großwesir sucht einen Kronprinzen — Lumpen-Kasper bekommt ein Abführmittel — „Schlauer Fuchs" will den Enkel Sitting Bulls abholen — Halt, ihr habt den Falschen gegriffen . . . das ist mein Prinz! — Hufschmied Brent ahnt, was die Glocke geschlagen hat — Armer Vater, wenn dein gütiges Herz wüßte . . .! —
„Reiter werden!" lallte ein junger Mann, der in gebückter Haltung, mit hängenden Armen und weinerlichem Gesichtsausdruck von Littletown her nach Somerset herein wankte. „Ich möchte so einer sein, wie mein Vater war. Reiter werden! Reiter werden!"
Der junge Mensch bot einen Anblick, der selbst einem beherzten Mann das kalte Grauen über den Rücken jagen konnte. Auf dem Kopf trug er einen verbeulten Stetson ohne Krempe, aber mit einem roten Lederband; seine graue Jacke war zerfetzt und zerrissen, die Beine steckten in einer grauen, an den Knien abgeschnittenen Hose und die Füße in abgenutzten, uralten Schuhen ohne Sohlen. Dabei wackelte der Unglückliche hin und her, als wenn er jeden Augenblick umfallen müßte; das spitze Kinn hing auf der Brust, die Finger machten krampfhafte Bewegungen, und der Mund war verzerrt; es war ein Anblick, wie es selbst das kummergewohnte Sommerset noch nie in seinen Mauern erlebt hatte.
„Herr du meine Güte!" rief Mrs. Settler, die gerade auf der Straße mit einigen Nachbarinnen ein Schwätzchen hielt. „Heiliger Strohsack! Haltet mich fest oder ich kriege meine Zustände! Wen hat uns da der Teufel nur ins Town geschickt?"
Der Fremde hörte die Worte wohl, schien sie aber nicht zu verstehen. Er taumelte auf die Frauen zu, beteuerte nochmals, daß er ein Reiter werden wollte, schwenkte grüßend mit einer linkischen Verbeugung den rotumgürteten Stetsonrest, wobei er einen fast kahlen Kopf mit einigen brandroten Haarbüscheln enthüllte, und fiel dann der Länge nach auf das Gesicht, als wäre Mrs. Settler eine Buddha-Statue und er ein anbetender Tibetaner.
Die Frauen kreischten laut auf. Aus den umliegenden Häusern rannten die Nachbarn herbei. Mr. Dulles, vor dessen Laden sich die Szene abspielte, schnallte vorsichtshalber einen riesigen Colt um die Lenden, bevor er sich mit bedächtigen Bewegungen ins Freie traute. Auch Joe Brent näherte sich; Jack Settler gab aus dem Hintergrund energische Kommandos, die niemand beachtete; Mr. Corner, Mr. Malcolm, Mr. Dunn, der Kürschner, und sechs oder sieben andere pirschten sich vorsichtig auf den Schauplatz der Ereignisse, und plötzlich kam Mr. Dulles die Erkenntnis, wer der Unbekannte war: Natürlich der Kaspar Hauser!
„Der gestohlene Prinz?" fragte Mrs. Settler, als der Fleischermeister seine Vermutung zum Ausdruck gebracht hatte. „Aber so kann doch kein Prinz aussehen?"
„Verehrte Lady, erinnern Sie sich denn nicht, was Mr. Usher uns über diesen unglücklichen Zeitgenossen erzählt hatte? — Ich selbst weiß es zwar nicht mehr genau, weil ich an dem bewußten Abend wegen geistiger Überanstrengung nicht hundertprozentig momentan war. Aber meine
Weitere Kostenlose Bücher