Das Pete Buch 39 - Wer soll da noch durchschauen
Jack Settler. „Die rechte Hand auf Black King, die linke auf Wind, und die Beine kerzengerade nach oben! Hussa, heissassa! Direkt phantastisch!"
Der Friseur versuchte unwillkürlich, sich gleichfalls auf den Kopf zu stellen. Das mißlang ihm aber kläglich; er brachte nur einen halben Purzelbaum zuwege. Aber sein Beispiel wirkte. Überall sah man jetzt welche, die in ihrer Begeisterung auf den Händen herumturnten und die Beine zum blauen Himmel streckten. Sogar Mammy Linda schoß Kobolz, und Dorothy rollte sich, von einem beispiellosen Lachanfall geschüttelt, am Boden herum.
Und dann kam der letzte Akt in diesem seltsamen „Rodeo".
„Hihihi!" stieß der „Schlaue Fuchs", der auf seinem Streitroß durch das Eingangsportal gefegt kam, den Kriegsruf der Indianer aus. „Mir nach, meine roten Brüder! Holt euch unseren Häuptlings-Enkel ab!"
Pete brach seine Vorstellung sofort ab. Er ging in den Reitersitz auf Black King, faßte Wind am Zügel und sprengte auf das Podium zu, als ob er Schutz vor den Indianern suchte. Das schien in der Tat nötig. Denn hinter dem „Schlauen Fuchs" ergoß sich eine Flut von roten Kriegern mit geschwungenen Tomahawks in die Arena. Die Hufe donnerten, die Schreie gellten; der Mann im Burnus, den Pete am Eingang erspäht hatte, sprang entsetzt zur Seite, und die Zuschauer waren von Schreck gelähmt.
„Haltet das Pferd hier fest!" schrie Pete den vier Gästen aus Timbuktu, Turner, Dulles, den beiden „Prinzen" und einigen Jungen auf dem Podium zu. „Ich ergreife mit Black King die Flucht. Die Rothäute skalpieren jeden, der sich verteidigt."
Jimmy heulte auf. Turner und Dulles hoben die Hände. Die Araber griffen zu ihren Dolchen. Sam umklammerte mit nerviger Faust sein Szepter, um sich bis zum letzten Blutstropfen gegen jeden Angriff zur Wehr zu setzen. Da sah er, daß Wind, sein geliebter Hengst, von Pete vor dem Podium zurückgelassen war. Und plötzlich war ihm alles egal. Sollten ihn die Indianer ruhig mitnehmen; sollte Pete seinen Willen bekommen. Er wollte auch reiten. Er wollte gleichfalls seinen Anteil am Ruhm des Tages haben.
„Aber, Hoheit! Aber —!" rief Turner, als er seinen Schützling mit einem heiseren Schrei vom Thron herab sausen sah.
Es ging alles in Sekundenschnelle. Sam sprang auf sein Pferd, Wind wieherte vor Freude auf, da er ihn an dem Schenkeldruck erkannte, und der „Schlaue Fuchs" streckte die Hand nach dem Enkel Sitting Bulls aus. Sitka, der plötzlich auch zur Stelle war, rief Sam noch ein paar Worte zu, die im allgemeinen Lärm untergingen. Jimmy schrie: „Sam, verlaß mich nicht!" und Sommersproße brüllte den Rothäuten zu: „Hände weg, ihr Heldenklaus! Ich gehe von selber mit." Dann galoppierte er zum Tribünenrand und in einem beispiellosen Karacho davon, während der Indianer-Häuptling und seine Krieger, die den Zusammenhang sofort begriffen, sich unter markerschütterndem Geheul an seine Fährte hefteten.
„Hihihi! Jipiii! Jipiii!" — „Schließt das Tor!" — „Haltet die Indsmen fest!" So kreischte, gellte, schrie, tobte und wütete alles durcheinander. Pete war derweil mit Black King durch den Eingang entwischt. Einige Somerseter griffen nach ihren Colts. Aber dann fiel ihnen ein, daß sie ihre Waffen beim Betreten der Arena ja hatten abliefern müssen. Das war eine besondere Sicherheitsanordnung, die Dulles und Turner, die Veranstalter der Schau, auf Petes Rat getroffen hatten, um Anschläge gegen das Leben der beiden Kaspars zu verhüten.
„Nun seh sich einer den an!" stammelte Turner. „Erst will er reiten lernen, und jetzt sitzt er auf dem Gaul, als sei er darauf geboren."
Sam galoppierte nicht nur, er zeigte auch einige Kunststücke, die es in sich hatten. Erst hing er sich aus dem Sattel zur Seite. Dann schwang er sich unter dem Bauch seines Hengstes durch. Gleich darauf machte er einen Handstand, aber — um Pete auszustechen — mit dem Gesicht nach rückwärts. Und als er dabei sah, daß jemand das Eingangstor schloß — es war der neu hinzugekommene Mann im Burnus — raste er mit einem grellen Jubelschrei genau auf das Hindernis los.
„Um Himmelswillen!" keuchte Mr. Settler. „Frau, mach die Augen zu, er zerschmettert sich."
Das Tor war mannshoch, aber für einen Reiter wie Sam und ein Pferd wie Wind ein kleiner Fisch.
„Hopp!" schrie Sommersproße.
Und Wind setzte zum Sprung an. Sein geschmeidiger Körper streckte sich — das Wagnis gelang! Sam war draußen.
„Was nun?" durchzuckte es ihn. „Nach
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