Das Peter-Prinzip
des Ehrgeizes — etwa für die
Neigung, sehr früh mit der Arbeit zu beginnen und erst spät am Abend damit aufzuhören. Die Bewunderung, die man sich
bei einigen Kollegen durch diese halbmachiavellistischen
Methoden erwirbt, wird schließlich durch die Verachtung auf-gehoben, die man sich damit unweigerlich bei anderen ein‐
handelt.
Eine Ausnahme, die die Regel bestätigt
Gelegentlich findet man einen außergewöhnlich ehrgeizigen
Mitarbeiter, der es mit fairen oder etwas weniger feinen Methoden schafft, einen Super‐Bremser beiseite zu drücken und so
für sich selber vorzeitig eine höhere Position freizumachen.
William Shakespeare zitiert ein interessantes Beispiel in
‹Othello›. Im ersten Akt, 1. Szene, beklagt der ehrgeizige Jago die Tatsache, dass die Beförderung eine Frage der Protektion und nicht des Dienstalters ist:
Das ist der Fluch des Dienstes.
Beförderung geht Euch nach Empfehl und Gunst,
Nicht nach Dienstalters Rang, wo jeder zweite
Den Platz des Vormanns erbt.
Die Beförderung, die sich Jago wünscht, wird Michael Cassio
zuteil. So brütet Jago den Plan aus, Cassio zu ermorden und ihn
gleichzeitig in den Augen Othellos, des kommandierenden
Offiziers, herabzusetzen.
Der Plan steht vor seiner Vollendung, doch Emilia, die Frau
Jagos, ist ein unverbesserliches Plappermaul:
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Laß Himmel, Menschen, Teufel, alle, alle,
Schmach rufen über mich, ich rede doch!
Sie gibt das Vorhaben preis, und Jago erhält nie die begehrte
Beförderung.
Wir sollten aus Jagos Schicksal lernen, dass Diskretion das A
und O des Ehrgeizes ist.
Da allerdings ein derart ausgeprägter Ehrgeiz selten ist, kann
er meine Beurteilung des Ehrgeiz‐Effektes nicht grundlegend
umstoßen.
Eine gefährliche Täuschung
Die Macht des Ehrgeizes wird aus zwei Gründen häufig
überschätzt. Da ist einmal das quälende Gefühl, dass jemand, der energischer nach oben drängt als der Durchschnitt, auch rascher und weiter aufsteigen muss als der Durchschnitt.
Dieses Gefühl hat selbstverständlich keine wissenschaftliche
Basis. Es ist nichts als eine moralisch begründete Täuschung, die ich den Alger‐Komplex ∗ nennen möchte.
Der medizinische Aspekt
Zweitens erscheint vielen ungeschulten Beobachtern die Be‐
deutung des Ehrgeizes größer, als sie in Wirklichkeit ist, weil bei vielen ehrgeizigen Leuten das Pseudo‐Erfolgssyndrom festzustellen ist.
Diese Pseudo‐Erfolgreichen leiden unter Beschwerden wie
Nervenzusammenbrüchen, Magengeschwüren und Schlaflo‐
sigkeit. Ein Magengeschwür — das Symptom einer erfolgrei‐
chen Karriere innerhalb eines Verwaltungsapparates — kann je‐
doch, ganz schlicht und einfach ausgedrückt, nur eine Folge übertriebenen Ehrgeizes sein.
Kollegen, die diese Situation nicht durchschauen, werden
vielfach einen solchen Patienten als Opfer seiner Karriere be‐
∗ Ebd.
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trachten (vgl. Kapitel 11) und annehmen, dass er die Spitze seiner Erfolgsleiter erklommen hat.
In Wirklichkeit haben diese Leute aber oft noch viele Stufen und viele Jahre des Aufstiegs vor sich.
Eine wichtige Unterscheidung
Der Unterschied zwischen den Syndromen des Pseudo‐Er‐
folges und den Symptomen, die ein Mann zeigt, der am Ende seiner Karriere steht, ist als Peters Nuance bekannt. Um solche Fälle richtig einzuordnen, brauchen Sie sich nur selbst zu fragen: «Leistet diese Person überhaupt noch irgendwelche nützliche Arbeit?» Lautet die Antwort:
a)
Ja — dann hat er seine Stufe der Unfähigkeit noch
nicht erreicht und weist deswegen nur das Pseudo‐
Erfolgssyndrom auf.
b)
Nein — dann hat er seine Stufe der Inkompetenz er‐
reicht und weist das Endplatzierungssyndrom auf.
c)
Weiß ich nicht — Sie haben Ihre Stufe der Unfähigkeit
erreicht. Prüfen Sie sofort, ob bei Ihnen bereits die be‐
kannten Symptome festzustellen sind!
Abschließende Worte zum Ehrgeiz
Stehe niemals, wenn du sitzen kannst; laufe niemals, wenn
du fahren kannst; strampel dich nicht ab, wenn du Protektion genießen kannst.
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6. Gefolgsleute & Führer
Überlege dir, was vorausgeht und was folgt.
P. Syrus
Päng, päng!
Eine wichtige Aufgabe, der ich mich widmen muss, ist die
Beseitigung verschiedener Irrtümer aus der vorwissenschaft‐
lichen Ära der Hierarchologie, die immer noch in den Köpfen der Leute herumspuken.
Was beispielsweise könnte irreführender sein als der Spruch:
«Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.»?
Wie Sie bereits
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