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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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beziehungsweise eure
Eltern. Ist das klar?“
    Ohne Antwort starrten die beiden
verbissen vor sich hin.
    „Ja oder nein?“ sagte Tarzan. „Ihr
braucht’s nur zu sagen. Dann schleppe ich euch sofort zur Polizei. Außerdem
kämt ihr noch dran wegen Diebstahl. Denn daß ihr unsere Sachen nehmen wolltet,
ist kein Spaß. Wer hat euch dazu angestiftet?’’
    „Niemand“, murrte Pleikert. „Wir haben’s
nur, weil...“
    „Ja. Quatsch dich aus! Nicht so
schüchtern.“
    „Weil wir wissen, daß Iwan ‘ne Wut auf
euch hat, wollten wir ihm einen Gefallen tun... wenn wir euch lächerlich
machen.“
    „Was aber gänzlich mißlungen ist.“
    Karl und Klößchen hatten sich
angezogen. Einen Moment später kam Gaby hinter ihrem Busch hervor.
    Tarzan löste das Kabelschloß. Den
Dorfjungen schärfte er ein, keinen Fluchtversuch zu wagen, sonst wäre er mit
seiner Geduld am Ende. Dann fuhren alle im Konvoi ins Dorf zurück — Karl und
Klößchen voran, dann Gaby, hinter ihr die beiden Übeltäter. Tarzan blieb hinter
ihnen und paßte auf. Er rechnete damit, daß sie ausreißen würden. Aber den Mut
hatten sie nicht.
    Die Metzgerei lag am Dorfplatz.
    Es war gerade kein Kunde drin. Als die
Kinder eintraten, läutete eine Glocke über der Tür. Der Metzger kam aus einem
der hinteren Räume und stellte sich hinter den Tresen.
    Er war ein hünenhafter massiger Mann
mit fleischigem Gesicht, stumpfem Blick, dicken roten Händen und grauen
Stoppelhaaren. Die weiße Schürze und das blauweißkarierte Metzgerhemd hatten
viele Blutflecke — Blut von den Schlachttieren, natürlich.
    Erstaunt sah er die Kinder an. Daß sie
nicht als Kunden kamen, merkte er offenbar sofort.
    „Guten Tag“, grüßte Tarzan. „Sind Sie
Herr Betz?“
    Der Metzger nickte. „Bin ich, mein
Junge.“
    „Leider kommen wir mit einer
unangenehmen Sache, Herr Betz. Wir vier sind Schüler der Internatsschule,
drüben bei der Stadt. Vor einer Woche haben wir ein neues Drei-Mann-Zelt beim
Heroldsee aufgestellt. Dort, wo Zelten und Camping erlaubt ist. Unsere
Badesachen ließen wir im Zelt. Als wir heute hinkamen, war alles zerstört. In
kleine Stücke zerfetzt — einschließlich der Badesachen. Außerdem war ein Zettel
mit einer Drohung angebracht: Wir sollten uns wegscheren. Den Zettel habe ich
hier. Bitte sehr!“
    Er reichte ihn über den Tresen.
    „Sie werden sicherlich die Handschrift
Ihres Sohnes Dieter erkennen“, fuhr Tarzan fort. „Heinz Horbach und Günter
Pleikert bezeugen nämlich, daß er das gemacht hat.“
    Betz las, was auf dem Zettel stand.
Dabei bewegte er langsam die Lippen, als müßte er buchstabieren. Dann nickte er
bedächtig. Er drehte sich um und rief: „Dieter!“
    Es dauerte einen Augenblick, bis der
Junge kam.
    Er war sehr groß, größer als Tarzan —
und mindestens zwei Jahre älter. Die Ähnlichkeit mit dem Vater war unverkennbar.
Aber natürlich hatte Dieter Betz kein graues, sondern braun-blondes Haar, das
ihm bis auf den Kragen hing. Außerdem zeigte sein Gesicht — im Gegensatz zu dem
des Vaters — einen verschlagenen Ausdruck.
    Aus den Augenwinkeln schielte er zu den
Kindern hin.
    Betz zeigte ihm den Zettel.
    „Komm her!“
    Zögernd folgte der Junge. Sein Gesicht
verlor die Farbe. Offenbar wußte er, was ihm bevorstand.
    Die andern wußten es nicht. Deshalb
überraschte es sie sehr.
    Betz holte blitzschnell aus. Eine
fürchterliche Ohrfeige klatschte in das Gesicht des Jungen. Er taumelte zurück.
Auf der linken Gesichtshälfte war der Abdruck der Hand zu sehen.

    „Das Zelt, das du zerstört hast, werde
ich ersetzen“, sagte Betz. „Die Kosten ziehe ich dir ab. Verschwinde!“
    Dieter Betz machte kehrt. Jetzt glühte
auch die andere Gesichtshälfte. Vor Scham.
    Betz wandte sich an Tarzan. „Ihr habt
sicherlich eine Rechnung von dem Zelt — oder irgendwas, woraus der Neupreis
hervorgeht. Schickt mir das. Dann überweise ich das Geld. Und natürlich auch
die Kosten für eure Badesachen.“
    „Vielen Dank“, erwiderte Tarzan. „Es
tut uns ja leid. Aber es ist nicht unsere Schuld.“
    „Ich weiß. Ich kenne meinen Sohn.“
    „Dann auf Wiedersehen!“
    Tarzan wollte sich abwenden. Aber Betz
sagte: „Moment!“ und nahm eine armdicke, fast halbmeterlange Salami vom Haken.
    „Für euch! Als zusätzliche
Entschädigung. Ich packe sie in eine Frischhaltetüte. Dann kann ihr die Hitze
nichts anhaben.“
    Die Kinder bedankten sich überschwenglich.
Klößchen war anzusehen, daß ihm bereits das Wasser im Mund

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