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Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Das Phantom auf dem Feuerstuhl

Titel: Das Phantom auf dem Feuerstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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mit
der Bewährung?“ fragte Klößchen.
    „Unter bestimmten Voraussetzungen kann
eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden“, erklärte Karl. „Das bedeutet: Das
Verschulden darf nicht sehr schwer sein. Und der Täter darf noch nichts auf dem
Kerbholz haben — wie Tarzan schon sagte. Die Strafe wird dann für eine
bestimmte Zeit — sagen wir mal: für drei Jahre — zur Bewährung ausgesetzt. Man
nennt das auch bedingte Strafaussetzung. Während dieser Zeit darf sich der
Verurteilte nichts zu Schulden kommen lassen. Er muß — wie es heißt — sich
gesetzmäßig führen.“
    „Und wenn er was anstellt?“ fragte
Klößchen.
    „Dann muß er die Strafe verbüßen.“
    „Au Backe! Soviel steht fest: Ich zünde
nie eine Scheune an.“

13. Erst Feind, dann Freund
     
    Es hatte ein bißchen genieselt. Daß es
richtig regnete, verhinderte der Wind. Die dunklen Wolken wurden weitergetrieben.
Allerdings — von Westen her schoben sich neue heran.
    Die Kinder machten sich auf den
Rückweg. Dicht beieinander fuhren sie durchs Dorf.
    Tarzan war besorgt. Er ahnte, daß es
diesmal nicht so glatt gehen würde. Zwar ließen sich Horbach und Pleikert nicht
blicken. Aber das besagte wenig.
    Aus den Augenwinkeln — um es nicht so
auffällig zu machen — blickte Tarzan umher. Sie kamen an Gassen vorbei. Hinter
jeder Hausecke konnten Feinde lauern. Um sich selbst hatte Tarzan keine Sorge.
Aber wenn Iwan und Konsorten als Übermacht anrückten — was dann? Wie sollte er
seine Freunde verteidigen? Mit Klößchen war nicht zu rechnen; und Karls
Fähigkeiten lagen im Kopf, nicht in den Muskeln. Sicherlich — beide waren
mutig, aber keine Kämpfernaturen.
    Tarzan sah nach vorn. Gleich hatten sie
die letzten Häuser erreicht.
    Die Landstraße war leer. Wind peitschte
die Bäume. Blätter wirbelten in der Luft. Gegen den Wind zu strampeln, würde
ein hartes Stück Arbeit werden.
    Aber was vorher kam, war noch härter.
    Plötzlich waren sie da.
    Schreiend sprangen sie hinter dem
Fachwerkhaus links und hinter der baufälligen Scheune auf der anderen Seite
hervor: Zehn, zwölf, 15 Jungen — mindestens. Im Nu war die Straße gesperrt.
Drohende Mienen. Geballte Fäuste. Und immer noch brüllten sie, als müßten sie
eine Horde Affen verscheuchen.
    Tarzan bremste. Zwei Schritt vor dem
vordersten Jungen — einem dicken Rothaarigen — hielt er an. Gaby stoppte neben
ihm. Klößchens Bremse quietschte. Karl wäre fast vom Rad gefallen, fand aber
das Gleichgewicht wieder.
    Ruhig musterte Tarzan die Schar. Die
halbe Dorfjugend. Der Jüngste mochte sieben oder acht Jahre alt sein, hatte
einen Daumen im Mund und beglotzte die vier Freunde aus großen Augen. Doch die
meisten waren doppelt so alt wie der Kleine — und stämmig.
    Tarzan suchte nach Dieter Betz —
genannt Iwan, der Schreckliche. Aber der war nicht dabei.
    Allmählich verstummte das Gebrüll.
    Und dann kam Iwan.
    Er genoß seinen Auftritt — wie es sich
für ihn als Anführer gehörte.
    Hinter dem Fachwerkhaus kam er hervor.
Die Ärmel seines schmuddeligen Hemdes waren aufgerollt. Er hatte dicke,
muskulöse Arme. Während er sich näherte, machte er seine Armbanduhr ab und
steckte sie in die Hosentasche.
    Breitbeinig stellte er sich vor den
Kindern auf.
    „Jetzt ist es soweit, ihr Gesindel. Mit
Iwan, dem Schrecklichen, legt sich keiner ungestraft an. Bei meinem Alten habt
ihr mich... äh... verpetzt. Habt mich in die Pfanne gehauen. Dafür kriegt ihr
jetzt Dresche, daß ihr nicht mehr wißt, ob ihr Männlein oder Weiblein seid.“
    „So?“ sagte Tarzan. „Wenn ich richtig
verstanden habe, willst du dich sogar an einem Mädchen vergreifen. Das würde zu
dir passen, glaube ich. Dir sieht man doch an, daß du ein feiger Hund bist. Mit
‘ner großen Klappe. Aber nichts dahinter.“
    „Was?“ brüllte Iwan.
    „Falls du nicht alles mitgekriegt hast“,
sagte Tarzan, „ich gebe es dir schriftlich. Doch eins möchte ich klarstellen:
Die Sache mit deinem Vater geht allein auf mein Konto. Meine Freunde waren zwar
dabei, sind aber kein bißchen schuld. Ich, du Hampelmann, habe Pleikert und
Horbach verdroschen. Ich — verstehst du! — habe sie gezwungen, deinen Namen zu
nennen. Und ich bin zu deinem Vater gegangen und habe ihm alles erzählt. Faßt
das dein Spatzengehirn?“ Der bullige Metzgerssohn glotzte ihn an. Sein Kiefer
sackte herab. Mit offenem Mund bot er keinen sehr intelligenten Anblick. Daß
Tarzan ihn beleidigte — ihn offensichtlich herausforderte, mußte

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