Das Phantom der Schule
uns wieder beim Ausgang“, rief Frau Kascha der Bande zu. „Anschließend machen wir einen Abstecher ins Schloß Schönbrunn.“
Die vier Knickerbocker waren einverstanden und schlenderten zum Wasserbecken, in dem sich die Robben tummelten.
Poppi, Axel und Dominik lachten laut über die grunzenden Laute und tolpatschigen Bewegungen der mächtigen Tiere. Nur Lieselotte machte ein ernstes Gesicht. Erstens ging ihr die Sache mit der Erpresser-Bande „Basilisk“ nicht aus dem Kopf. Und zweitens waren da die Augen, die sie ständig verfolgten. Sie hatte das Gefühl, daß sie sich regelrecht in ihren Rücken bohrten.
Mit einem Ruck drehte sie sich um. Sofort zuckte ein schwarzer Haarschopf hinter einem dicken Baumstamm zurück.
„Jetzt habe ich dich!“ stieß Lilo hervor und stürzte zu dem Baum.
Ein dünner Junge mit strubbeligen, schwarzen Haaren ergriff die Flucht. Das Superhirn nahm die Verfolgung auf. Vorbei ging es an dem prustenden Flußpferd, den Giraffen und Elefanten, durch das Affenhaus zum Aquarienhaus. Der Junge hastete zwischen den bunten Wasserbecken durch und bog in einen Seitengang ein. Feuchte, warme Luft schlug Lilo daraus entgegen. Sie lief über eine kleine Brücke und erkannte, daß ihr Beobachter in die Falle gegangen war. Er befand sich in einer Sackgasse.
Das Mädchen marschierte langsam auf ihn zu.
„Wieso glotzt du mich immer an? Wer bist du?“ fragte Lilo. Trotzig preßte der Junge die Lippen aufeinander. „Schau dich einmal nach hinten um. Wirf einen Blick über die Brüstung!“ befahl sie. Der Junge tat es und grinste verlegen. Unter ihm lagen drei dicke Krokodile und gähnten herzhaft. Dabei zeigten sie lange Reihen spitzer Zähne.
„Ich mache das sonst nie, aber wenn du jetzt nicht redest, dann ...“ Lieselotte drängte den Jungen gegen die niedere Mauer und packte ihn an der Schulter. Langsam drückte sie ihn nach hinten.
„Ich bin Marco ...“ plapperte er daraufhin sofort los. Er sprach abgehackt und hatte einen ausländischen Akzent.
„Und? Wieso spionierst du mir nach?“ bohrte Lilo.
„Nonono, ich nicht dir spionieren nach“, radebrechte Marco aufgeregt. „Aber ... ich zu Besuch in Wien. Meine Tante mich hat geschickt in den Tiergarten. Doch ich bin hier so allein. Ich möchte mit anderen lachen. Ihr vier seid so lustig. Deshalb ich bin euch nach.“
„Ach so!“ Lieselotte lockerte ihren Griff und ließ Marco frei. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht schrecken. Du warst mir nur irgendwie ... Ach, vergiß es!“ Unheimlich — hatte Lilo noch sagen wollen, aber dann ließ sie es bleiben.
Gemeinsam mit dem Jungen schlenderte sie zurück zu ihren Freunden, die sie bereits aufgeregt suchten. Sie stellte der Knickerbocker-Bande Marco vor, der von den anderen sofort freundlich aufgenommen wurde.
„Ich möchte auch gerne ein Mitglied der Kickerbonger-Bande sein“, sagte Marco nach einer Weile treuherzig. „Ich will dazugehören.“
„Wenn du unseren Namen richtig aussprechen kannst, ist das durchaus möglich“, meinte Lieselotte lachend.
Dominik war sofort aufgefallen, wie ärmlich der Junge gekleidet war. Sein blau-weiß gestreiftes T-Shirt und die Jeans schienen außerdem schon lange keine Waschmaschine von innen gesehen zu haben.
„Woher kommst du eigentlich?“ erkundigte er sich vorsichtig.
„Ich bin aus Italien, aus Roma!“ erzählte Marco.
Lieselotte wollte wieder alles genau wissen. „Und wie alt bist du?“
„Elf Jahre! Und ich ...“ Mitten im Satz hielt der Junge inne.
„Ja, was?“ wollte Axel wissen.
„Nichts!“ winkte Marco ab. „Gar nichts!“
Lieselotte warf ihm einen bohrenden Blick zu, dem der Junge sofort aus wich. Dem Super hirn war klar, daß im
Augenblick aus Marco bestimmt nichts mehr herauszubekommen war. Doch etwas spürte Lilo ganz genau: Irgend etwas versuchte Marco zu verbergen ...
Wie vereinbart, traf die Knickerbocker-Bande pünktlich beim Zooausgang ein. Marco begleitete sie.
„Kinder“, verkündete Dominiks Mutter, „ich habe nachgefragt. Keine Chance! Heute in das Schloß Schönbrunn zu gelangen, ist mindestens ebenso schwierig wie damals. Ich meine, als noch Maria Theresia darin gelebt hat, und ihr der fünfjährige Mozart mit verbundenen Augen etwas auf dem Klavier vorgespielt hat. Damals ist man nicht an den Schloßwachen vorbeigekommen, und heute hindern uns die Schlangen von Touristen an einem Besuch.“
Die vier Knickerbocker machten enttäuschte Gesichter.
„Dabei hätte ich gerne
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