Das Phantom im Schokoladen-Museum
Picpo — oder wie du
heißt?“ Schlitzohr stieß ihm die Faust an die Brust.
Der Stoß war nicht allzu hart.
Trotzdem stolperte Marcello und prallte rücklings an den Wagen.
Dieses Gesindel! Die trieben
ihr Spielchen mit ihm. Und er war ihnen ausgeliefert.
„Ich habe nur 300 Mark bei
mir“, sagte er.
Der Strahl einer Taschenlampe
traf ihn.
„Wir nehmen auch anderes in
Zahlung“, sagte Schlitzohr. „Zum Beispiel deine Armbanduhr.“
„Die... die ist nicht echt.“
Er log. Die Uhr war aus Gold
und kostete 19 000 Mark. Fast ein Jahr lang hatte er beim Kartenspiel betrogen,
bis er sich das Prachtstück kaufen konnte.
Es wurde ihm abgenommen. Auch
die Geldbörse musste er hergeben.
Hasenfuß lachte auf und kam um
den Wagen herum.
Für einen Moment geriet der
Kerl ins Scheinwerferlicht.
Marcello sah, dass er
Turnschuhe trug und ausgefranste Jeans.
„Ihr seid keine Polizisten“,
sagte Marcello. „Ihr seht nur ein bisschen so aus. Ihr seid die
Autobahn-Piraten.“
„Du merkst wohl alles“, lachte
Schlitzohr. „Aber deine Lage wird dadurch nicht besser. Was hast du im
Kofferraum?“
„Nichts. Nichts von Bedeutung.“
„Mach ihn auf!“
„Geht nicht.“
„Was?“
„Es geht wirklich nicht. Das
Schloss klemmt.“
Marcello zog einen
Autoschlüssel aus der Tasche und hielt ihn Schlitzohr hin.
Natürlich war’s nicht der
Schlüssel für diese Neuanschaffung, sondern der für den Kofferraum der alten
Karre, die Marcello für 600 Mark verkauft hatte.
Einen Satz Schlüssel hatte er
zurückbehalten — weil er wütend war auf den Käufer. Der hatte nicht die
verlangten 800 Mark bezahlt, sondern beharrlich gefeilscht.
Schlitzohr nahm den Schlüssel
und gab ihn weiter an Hasenfuß. Der versuchte, den Kofferraum zu öffnen. Natürlich
vergeblich.
„Die Sache riecht faul“, sagte
Hasenfuß. „Aber ich kriege den Eimer auch so auf.“
Er öffnete seine Pistolentasche
und zog die Waffe.
„Halt!“, kreischte Marcello.
„Um Himmels willen! Wollen Sie uns umbringen?“
„Was meinst du, Makkaroni?“
Abermals stieß Schlitzohr ihn mit der Faust.
Marcello stöhnte. Aber er nahm
sich zusammen. „Jungs“, erklärte er. „Bei echten Bullen sähe ich jetzt schlecht
aus. Aber euch sage ich, was los ist. Ich fahre nach Bad Prillglitzen. Dort
gibt es einen Typ, einen Landsmann von mir — ich bin Sizilianer — , dem morgen
ein neuer Wagen geliefert wird. Dieser hier. Doch der Typ ist bestimmten Leuten
im Wege. Sie mögen ihn nicht. In Palermo hat er ihnen Ärger gemacht.
Klugerweise hat er sich abgesetzt — nach Bad Prillglitzen. Aber sie haben ihn
gefunden. Ich glaube, ihr wisst, wen ich meine — mit den bestimmten Leuten. Der
Typ hat also morgen den Wagen. Irgendwann öffnet er den Kofferraum — mit dem
richtigen Schlüssel, den ich hier in der Tasche habe.“
Er klopfte ans linke Hosenbein.
„Und?“, fragte Schlitzohr.
„Im Kofferraum ist eine
Höllenmaschine. Ich habe sie eingebaut. Bin Spezialist für solche Scherze. Die
Bombe geht hoch, sobald der Kofferraum geöffnet wird. Ich habe ziemlich
reichlich dosiert — und will hoffen, dass nicht zu viele Mitmenschen in der
Nähe sind. In der Zeitung werdet ihr lesen, dass ich nicht übertreibe.“
Eine Weile herrschte Schweigen.
„Für wen arbeitest du?“, fragte
Schlitzohr.
„Du würdest es die Mafia
nennen. Wir nennen uns anders. Aber die Organisation steht hinter mir. Macht
sie euch nicht zum Feind. Das wäre höchst unklug. Und jetzt gebt mir meine
Brieftasche und die Uhr — und dann seht zu, dass ihr weiterkommt.“
„Wir bewundern die Mafia“,
sagte Schlitzohr nach einer längeren Atempause. „War nett, dich kennen zu
lernen, Picpoctono. Hier hast du dein Zeug. Und nichts für ungut.“
„Achtung!“, sagte Hasenfuß.
Aber Schlitzohr hatte den Wagen
schon gesehen, der sich auf derselben Fahrbahn näherte.
Beide Banditen stellten sich
ins Dunkel.
Marcello steckte sein Portmonee
ein und legte die Uhr wieder an.
Der Wagen glitt vorbei, ein
weißer Audi. Er fuhr nicht schnell. Vermutlich sah der Fahrer neugierig
herüber. Dann verschwand der Wagen hinter der Hügelkuppe, über die sich die Autobahn
zieht.
16. Hundehassers neuer Job
Bianca war unter Qualen
verendet. Strolch erlitt das gleiche Schicksal, Sissi musste eingeschläfert
werden vom Tierarzt. Auch sie hatte vergiftete Fleischbrocken gefressen.
Angst ging um bei den
Hundehaltern der Stadt. Der Hundehalter, dem Bianca gehört hatte, äußerte sich
im
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