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Das Pharma-Kartell

Das Pharma-Kartell

Titel: Das Pharma-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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bleiben. Genauer gesagt – ich bin vorsichtig und er glaubt mir nicht. Anscheinend meint er, ich sei hier, um jemandes Schuld an etwas zu suchen, er weiß bloß nicht, woran. Deshalb laufen alle seine Erklärungen darauf hinaus, wie gut die Arbeit klappt. (Mit einem verborgenen Unterton – die Arbeit klappt jetzt gut, wo Larchey nicht da ist.)
    Seit ich die Technologie kenne, hat sie sich nicht sonderlich verändert. Vor mir funkeln zwei kleine Fermentatoren in ihrer stählernen Sauberkeit. Unter ihnen windet sich ein Geflächt von Rohren, das in Manometern und einem Pult mit Skalen endet. Der Raum flimmert im Aluminiumlicht der Leuchtröhren, die Flüssigkeit in den Rohren blubbert und man hat das Gefühl, in einem Unterseeboot zu sein, das langsam auf Tauchstation geht.
    Von Zeit zu Zeit schaue ich auf meine Uhr. Gabin weiß nicht, was ich suche, und kann aus meiner zerstreuten Miene nicht schlau werden, wohin ich eile und ob ich es überhaupt eilig habe. Denn ich habe meine Gründe, auf die Uhr zu sehen. Sie ist ein bisschen ungewöhnlich. Sie hat alle Zeiger wie jede andere Uhr, aber dazu noch einen mehr, den andere Uhren nicht besitzen. Im Moment steht er still, aber wenn er ruckt, weiß ich, dass ein Abhörgerät in der Nähe ist. Deshalb bin ich hier.
    Ich höre Gabins Erklärungen an und versäume nicht, ihm ab und an ein lobendes Wort zu sagen. Und ich meine es ehrlich. Gabin mag beschränkt sein, aber er ist ein guter Betriebswirt, sorgfältig und auf seine Art gewissenhaft. Bei ihm haben die Technologen und Laboranten sicher ein viel ruhigeres Leben als bei dem nervösen Larchey. Das glänzende Resultat werden sie kaum erreichen, aber die Standards werden erfüllt, und das ist ja auch nicht wenig.
    Hier gibt es keine Wanze. Abermals betrachte ich das Geflecht aus Rohren, das Pult, werfe sogar einen völlig überflüssigen Blick auf den Stahlrohrstuhl, auf dem Frau Gaultier sitzt. Man weiß ja nie, was man zu erwarten hat und wo. Die Kunst, Abhörgeräte zu tarnen, hat längst aufgehört, eine Kunst zu sein, sondern ist zur Wissenschaft geworden. Und zwar zu einer sich schnell entwickelnden Wissenschaft.
    Die Telefonhörer mit eingebautem Mikrofon sind längst Archaismus, und niemand nimmt so etwas mehr ernst. Aus dieser Zeit stammen auch die Handtaschen mit den hübschen Verschlüssen. Aber auch die sind nur noch etwas für Amateure, weil der Preis für diese Art Verschlüsse auf dreißig Dollar gefallen ist. Die Fingerringe für Sekretärinnen, die teuren automatischen Kugelschreiber, das Futter für den Frack, den der Modeschneider für den offiziellen Empfang näht, die Messergriffe der Bestecke für den Empfang mit eingelegten Wappen-Mikrofonen – all das ist längst bekannt und ruft nur ein nachsichtiges Lächeln hervor. Jetzt herrscht das Zeitalter der Laser und mikroelektronischen Technik. Auf das Fenster des Konkurrenzunternehmens wird ein Laserstrahl gerichtet und durch das unsichtbare Vibrieren der Scheiben das Gespräch verfolgt. Fliegen – wessen Fantasie mögen sie entsprungen sein! – fliegen durch den Sitzungssaal des Konzerns und tragen mikroelektronische Apparate auf dem Rücken. Fantasie muss man der Industriespionage bescheinigen, um so mehr, als die Fantasie mit Schecks gut ausgefüttert ist.
    Dass hier, auf unserem Objekt, jemand seine Fantasie besonders angestrengt hat, glaube ich nicht, hier wird es sich um etwas Gewöhnlicheres handeln. Ich muss es nur finden.
    Das Gespräch schleppt sich hin. („Ja, Herr Kollege, wünschen Sie noch genauere Auskünfte?“ – „Danke, Kollege, sie sind völlig ausreichend.“) Ich warte darauf, dass Gabin vorschlägt, in die Büros hinaufzugehen, deute sogar etwas in diesem Sinne an. Wie ich erfahre, sind sie da ein bisschen beengt, weil man zuerst die Laboratorien eingerichtet hat.
    „Ein bisschen beengt“, ist noch untertrieben, denn in das Büro im Parterre, in das mich Gabin führt, sind vier Schreibtische hineingestopft, vier Rollschränke und ein Bücherschrank. Auf letzterem liegen, fast bis an die Decke gestapelt, Ordner mit festen Deckeln. Dieses babylonische Durcheinander wird noch von zwei Schränkchen mit chemischen Reagenzien getoppt, die dem Raum vollends ein surrealistisches Aussehen verleihen. Wie Doktor Larchey mit seiner Pedanterie hier zurechtgekommen ist, bleibt mir ein Rätsel. Und wann haben sie es bloß geschafft, all diese Ordner anzuhäufen!
    An drei von den vier Schreibtischen sitzt im Moment niemand. Am vierten,

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