Das Philadelphia-Komplott
hatte sein Maleroutfit komplettiert. “Ihr persönlicher Anstreicher meldet sich zum Dienst, Ma’am.”
Jetzt arbeitete er fleißig. Seine gute Laune durchflutete das ganze Apartment und heiterte auch ihre Stimmung auf. Während er die Wände strich und sie Kaffee kochte, brachte er sie immer wieder zum Lachen. Sein entwaffnender Charme machte es ihr schwer, ihn weiterhin objektiv zu betrachten – und ihm fern zu bleiben. Also versuchte sie, sich mit Anrufen bei Detective Ramsey und Chief Yates abzulenken, aber keiner von beiden hatte Neuigkeiten zu berichten. So saß sie den größten Teil des Tages in dem ausgeräumten Zimmer, in dem Jake mit dem Streichen beschäftigt war, unterhielt sich mit ihm und bewunderte seine Arbeit. Er hatte nicht übertrieben – er war wirklich gut. Nicht ein einziger Streifen war zu sehen.
Am Montagmorgen fühlte sie sich gesund, erholt und wieder bereit, zu arbeiten. Als sie um kurz nach halb neun die Seventh Street hinunterging, war sie in Gedanken schon ganz bei der bevorstehenden Anhörung um zehn. Es war einer von Barbara Cummings Fällen, und Syd hatte die halbe Nacht damit verbracht, sich einzulesen.
Sie hatte das Gebäude, in dem die Staatsanwaltschaft ihre Büros hatte, schon fast erreicht, als sie eine Stimme ihren Namen rufen hörte.
Als sie sich umdrehte, erkannte sie den Studenten, der ihr letzte Woche die vergessene Akte aus dem Gerichtssaal zurückgebracht hatte.
“Chad Quinn”, sagte er und errötete dabei. “Ich war …”
“Ja, natürlich. Danke, dass Sie mir meine Unterlagen vorbeigebracht haben, Chad. Ich war an dem Tag wohl ein bisschen durcheinander.”
“Gern geschehen. Ich habe gehört, was Ihnen passiert ist. Ich bin … ich bin froh, dass Sie wieder okay sind.”
“Dankeschön.”
Mit dem Mittelfinger schob er das schwarze Gestell seiner Brille auf der Nase hoch. Dabei fielen ihm die Bücher, die er unter dem Arm getragen hatte, hinunter, und er errötete noch ein bisschen mehr – wenn das überhaupt möglich war. “Tut mir Leid.”
Seine Schüchternheit war Syd schon früher aufgefallen. Aber seine Fragen waren immer sehr präzise, woraus sie schloss, dass er sein Studium wirklich ernst nahm. Sie spürte, dass er sie etwas Bestimmtes fragen wollte, und so gab sie ihm einen kleinen Schubs. “Wollten Sie mich etwas fragen, Chad?”
“Äh, ja.” Er verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß und der Bücherstapel auf seinem Arm geriet wieder gefährlich ins Wanken. Dieses Mal konnte er ihn jedoch festhalten. “Ich habe mich gefragt, ob … Sie mir erlauben würden, für Sie zu arbeiten.”
“Absolvieren Sie nicht ein Vollzeitstudium?”
“Im dritten Jahr in Temple Law. Ihre Alma Mater”, setzte er stolz hinzu.
“Stimmt.” Sie lächelte. “Dann haben Sie bestimmt einen vollen Stundenplan.”
“Ich habe aber auch einige freie Stunden in der Woche und in denen würde ich gerne mehr über Strafrecht lernen. Am liebsten von …” Er errötete erneut. “Von jemandem wie Ihnen.”
“Chad, das ist sehr schmeichelhaft, aber …”
“Ich bin gut”, sagte er, als er ihr in das Gebäude folgte. “Und ich wäre für Sie eine große Hilfe, vor allem jetzt, wo Sie doch damit beschäftigt sind, Ihre Freundin zu finden.”
Sie stellten sich zu einer kleinen Gruppe, die vor den Fahrstühlen wartete. “Woher wissen Sie das?”
“Ich war am Freitag im Gericht, und ich hörte einen Ihrer Kollegen darüber sprechen. Das hat mich auf die Idee gebracht, Ihnen zu helfen und gleichzeitig etwas zu lernen.” Er ließ ihr keine Zeit, zu antworten. “Ich kann nahezu alles machen –Nachforschungen, Besorgungen, Telefonrecherche, Artikel aus Zeitschriften heraussuchen, Ihren Terminplan verwalten, tippen. Ich bin ein sehr guter Maschineschreiber.”
“Wir haben für all diese Dinge schon Leute, die das tun.”
“Umsonst?”
“Hörte ich das Wort
umsonst?”
Ron Devlin war zu ihnen gestoßen. Er freute sich offensichtlich, sie zu sehen. “Wieder bereit, den Stier bei den Hörnern zu packen, Syd?” Sein Blick fiel auf Chad, und Syd stellte die beiden einander vor.
“Chad, das ist Bezirksstaatsanwalt Ron Devlin. Ron, das ist Chad Quinn, ein Temple Law-Student im dritten Jahr. Er möchte für mich arbeiten, aber …”
Ron drehte sich zu Chad um. “Welche Fächer hast du belegt, Junge?”
Syd sah, wie Chads Adamsapfel auf und nieder hüpfte. “Strafrecht, Verfassungsrecht, internationales Recht und den Fortgeschrittenenkurs in
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