Das Portal der Dämonen - Connolly, J: Portal der Dämonen - The Gates
dass die Menschen Angst vor ihm hatten, gefiel ihm sogar.
Als der heilige Timidus von Biddlecombe, der kein bisschen böse war, höchstens ein bisschen durcheinander, in seiner Höhle starb, war auch Bischof Bernard schon ein alter Mann. Er beschloss, dass man eine Kirche erbauen und sie dem heiligen Timidus weihen sollte. Nach seinem eigenen Tod wollte Bischof Bernard in einer Gruft in dieser Kirche begraben werden. Auf diese Weise konnte Bischof Bernard so tun, als hätte er auch einen Anteil an der Heiligkeit von Sankt Timidus, und vielleicht würden es die Menschen mit der Zeit ja vergessen, dass er böse gewesen war, weil er ja schließlich in dieser Kirche begraben lag.
Aber so dumm sind die Menschen nicht.
Stattdessen wurde Bischof Bernard nach seinem Tod in einem kleinen Nebengewölbe der Kirche begraben. Einzig ein Stein mit seinem Namen, der im Fußboden eingelassen war, erinnerte an ihn. Danach wurde sein Name nur noch erwähnt, wenn Besucher durch die alte Kirche geführt wurden, und dabei ging es um all die schlimmen Dinge, die er begangen hatte.
Das ist sie also, die Geschichte der Kirche des heiligen Timidus. Warum das alles so interessant ist, werden wir später enthüllen. Für den Augenblick genügt es zu wissen, dass Reverend Ussher und der Kirchendiener, Mr Berkeley, vor der Kirchentür standen und höflich grüßten, als Mr Berkeley plötzlich Samuel näher kommen sah und den Pfarrer mit dem Ellbogen schubste.
»Sehen Sie mal, Herr Pfarrer, da ist dieser merkwürdige kleine Johnson.«
Der Pfarrer blickte erschrocken auf. Samuel Johnson war erst elf Jahre alt, aber manchmal stellte er Fragen, die auch für einen alten Philosophen noch eine harte Nuss waren. Erst vor Kurzem, erinnerte sich der Pfarrer, hatte er eine Diskussion über Engel und Nadeln vom Zaun gebrochen, sie hatte wohl etwas mit einem Projekt in der Schule zu tun, obwohl er sich nicht recht vorstellen konnte, was für eine Schule, außer einer theologischen Hochschule, von ihren Schülern verlangte, über Größe und Art der Engelsscharen zu diskutieren. Um ehrlich zu sein, Reverend Ussher hatte der Kopf davon geschwirrt. Manchmal hielt er Samuel Johnson für eine Art Wunderkind oder Genie. Dann wiederum hielt er ihn für einen ziemlich lästigen kleinen Jungen, von denen es nach Reverend Usshers Erfahrung schon viel zu viele auf der Welt gab.
Und jetzt war Samuel wieder da, mit sehr nachdenklicher Miene, die befürchten ließ, dass die Kenntnisse des Pfarrers in Fragen des Himmels und seiner Heerscharen wieder einmal ernsthaft auf die Probe gestellt werden sollten.
»Hallo, Samuel«, begrüßte ihn der Pfarrer und versuchte, eine gütige Miene aufzusetzen. »Was hast du heute Morgen auf dem Herzen?«
»Glauben Sie an die Hölle, Herr Pfarrer?«, fragte Samuel.
»Hm, nun ja.« Reverend Ussher machte eine Pause. »Weshalb fragst du nach der Hölle, Samuel? Du hast doch keine Angst, du könntest dorthin kommen, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein junger Mann wie du einen Grund haben könnte, die, ähm, ewige Verdammnis zu fürchten. Nicht einmal das Fegefeuer.«
Neben ihm hüstelte Mr Berkeley verhalten. Er wäre gar nicht so unglücklich gewesen, Samuel Johnson an einem glühend heißen Ort schmoren zu sehen, wenn auch nur so lange, bis ihm die Lust vergangen war, dem Pfarrer bohrende Fragen zu stellen.
»Ich selbst habe eigentlich keine so große Angst, dorthin zu kommen«, erwiderte Samuel ernsthaft. »Ich fürchte vielmehr, dass sie zu uns kommt.«
Der Pfarrer war verdutzt. Er hatte gewusst, dass er irgendwann im Verlauf ihres Gesprächs verwirrt sein würde, aber er hatte nicht gedacht, dass es so schnell geschehen würde.
»Ich weiß nicht, ob ich dich recht verstehe.«
»Was ich gerne wissen möchte: Könnte die Hölle möglicherweise zu uns kommen?«
»Zu uns kommen?«, mischte sich der Kirchendiener ein. »Wir sprechen von der Hölle, nicht vom Autobus der Linie siebenundvierzig.«
Samuel beachtete ihn gar nicht. Er hatte nie viel von Mr Berkeley gehalten, der immer mürrisch war, sogar am Weihnachtsmorgen, wenn sonst niemand einen Grund hatte, mürrisch zu sein.
Der Pfarrer bedeutete Mr Berkeley, still zu sein.
»Nein, Samuel. Sogar wenn es die Hölle tatsächlich geben sollte, wovon ich nicht gänzlich überzeugt bin, so hat sie doch nichts gemein mit unseren irdischen Gefilden. Sie ist ein Ort ganz eigener Art. Vielleicht können Menschen in die Hölle kommen, aber ich darf mit einiger
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