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Das Prachtstück

Das Prachtstück

Titel: Das Prachtstück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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kannst ja richtig gut kochen!«, lobte Aki, als sie den nur auf den ersten Blick unscheinbar erscheinenden grüngrauen Brei zu dampfenden Kartoffeln und einem mürben Stück Ochsenlende verspeisten, die er zufällig noch von gestern im Suppentopf gehabt hatte. Auch Margas mitgebrachter Apfelwein fand begeisterte Zustimmung. »Vielleicht wäre das mit dem Italiener an der Ecke doch das Richtige für dich.«
    Mittlerweile duzten sie sich und wussten einiges voneinander. Linda genoss die freundliche Gastlichkeit der beiden Männer, die gut zuhören konnten, freche Sprüche liebten und nicht müde wurden, interessierte Fragen zu stellen. Wie es aussah, hatte sie auf einen Schlag zwei neue Freunde gefunden.
    Â»Als Ungelernte? Mit Anfang Dreißig? Und bei dieser schwierigen Konjunkturlage? Ich weiß nicht so recht! Dafür, fürchte ich, fehlt mir einfach der Mut.«
    Â»Wieso haste eigentlich keinen richtigen Beruf?« Im Gegensatz zum höflichen, dezenten Bruno konnte Aki sehr direkt werden. »So richtig blöd biste ja nicht, wie mir scheint. Und zu alt zum Lernen ebenfalls noch nicht.«
    Â»Danke für die Blumen! Schwer zu sagen, weshalb. Irgendwie konnte ich mich für nichts ganz entscheiden. Ich hab’ an der Uni angefangen, ein bisschen Germanistik studiert, schließlich Französisch und dann Biologie, aber es war wohl nicht das Richtige dabei. Alles so wenig konkret. Dafür aber reichlich akademisch verquast. Ich bin anscheinend mehr fürs Praktische geeignet. Mit den Händen etwas machen oder etwas organisieren, diese Richtung vielleicht. Aber meine Mutter war strikt dagegen. Und damals wusste ich das wohl noch nicht genau genug. Wie so vieles …«
    Ihre Augen bekamen einen träumerischen Ausdruck. Auf einmal war sie ganz weit weg. Sie kam wieder zurück, als Bruno sie leicht am Arm berührte.
    Â»Ach ja, und dann hab’ ich eines Tages Micha kennengelernt, ihn geheiratet und bin schwanger geworden …« »Klingt beinahe wie eine Story aus dem neunzehnten Jahrhundert«, kommentierte Aki respektlos. »Unschuldiges Mädchen vom Land findet reichen Traumprinzen. Und so weiter. Alles paletti. Bis zum Ende aller Zeiten – falls nichts dazwischenkommt. Was ja leider doch immer mal wieder der Fall ist.« Er schnaubte laut. Und ziemlich unwirsch. »Kaum zu glauben, wenn man so etwas hört! Dabei geht das zwanzigste Jahrhundert schon energisch zu Ende.«
    Â»Du hast recht. Ich muss wirklich versuchen, meine Füße aus eigener Kraft auf den Boden zu kriegen.« Linda setzte sich entschlossen auf. »Aber selbst wenn ich diesen oder einen anderen Job bekomme, was mache ich dann mit Feli? Könnt ihr mir das vielleicht mal verraten?«
    Die beiden tauschten einen schnellen Blick. Schließlich nickte Aki. Dann nickte Bruno.
    Â»Zwei Abende wären okay«, sagte er. »Du bringst sie zu uns. Sagen wir, für die nächsten beiden Monate. Und dann überlegen wir gemeinschaftlich weiter.«
    Sie war tief errötet.
    Â»So habe ich es natürlich nicht gemeint, und annehmen kann ich das erst recht nicht. Wo wir uns doch kaum kennen! Nein, echt nicht. Ihr seid vielleicht lieb, ihr beide! Aber total verrückt.«
    Â»Er vielleicht.« Aki deutete auf seinen Freund. »Weißt du, dass er sieben Staubsauger besitzt? Für alle Fälle, behauptet er. Falls einer mal den Geist aufgibt. Versteckt hat er sie im Keller. In einem Extraabteil. Mit Zusatzschlüssel. Hat eine ganze Weile gedauert, bis ich das rausgekriegt habe. Und du kannst dir sicherlich vorstellen, wie ich mich dabei gefühlt habe. Aber das gilt nur für Bruno. Ich dagegen bin total normal. Hundertpro. Glaube ich wenigstens.«
    Â»Bis auf die Macke, sich bis zu achtmal am Tag die Zähne zu wienern. Im Notfall auch öfters. Schiss vor Karies und Zahnfleischschwund. In Wahrheit steckt dahinter natürlich eine Riesenangst vor Alter und Verfall. Dabei ist er gerade mal vierunddreißig. So richtig schön neurotisch!« Bruno lachte lauthals. »Du siehst also, dein Kind ist bei uns in den allerbesten Händen. Übrigens habe ich selber drei Töchter, allerdings schon fast erwachsen. Und inzwischen wieder ganz versöhnt mit ihrem schwulen Vater. Ich kenne das Spiel mit den bezaubernden kleinen Monstern folglich ziemlich gut.« Er beugte sich zu Linda vor. »Also, morgen meldest du dich bei dem Italiener.

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