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Das Prinzip Selbstverantwortung

Titel: Das Prinzip Selbstverantwortung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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widmet, das
ihm zur Bearbeitung gegeben ist. Die Kraft, die in ihm wohnt, ist
neuer Art, und niemand als er allein weiß, was er zu tun vermag;
und auch er weiß es solange nicht, bis er es ausprobiert hat.«
    Es lohnt sich, dieses Zitat noch einmal zu lesen.
    Führungsziel: Selbstverantwortung
    Was bleibt? Vorbild und Selbstverantwortung sind einander entgegengesetzte Begriffe. Die Unternehmen müssen sich entscheiden, ob sie mit einer Horde von Abhängigen und unterzuständig Nacheifernden arbeiten wollen oder ob sie Autonomie, Selbstverantwortung und Commitment unterstützen. Und die einzelne Führungskraft? Ein Vorbild kann sich wehren. Sie müssen als Führungskraft nicht Held der Arbeit sein, wenn Sie es nicht wollen. Sie können etwas tun:
Sprechen Sie mit dem Mitarbeiter über die Tücken der Vorbildlichkeit.
Hören Sie auf, anderen um jeden Preis gefallen zu wollen; verkaufen Sie nicht Ihr Erstgeburtrecht auf Selbstbestimmung gegen das Linsengericht des Nacheiferns.
Seien Sie authentisch; fragen Sie sich: »Handle ich nur so, weil ich andere beeindrucken will?«
Erlauben Sie es sich, den Erwartungen anderer auch mal
nicht
zu entsprechen.
|153| Tun Sie ab und zu etwas Unerwartetes; etwas, was so ganz und gar nicht zu Ihrem Image passt. Sie werden sehen: es befreit ungemein.
    Viele Führungskräfte fühlen sich geschmeichelt, als Vorbild auf den Sockel gehoben zu werden. Die verantwortungsbewusste Führungskraft wird diese Idealisierung zu verhindern, mindestens aber zu minimieren suchen. Sie wird alles tun, um die Mitarbeiter von sich unabhängig und damit eigenverantwortlich zu machen. Sie wird, anstatt sich mit der Aura des unfehlbar Vorbildlichen zu umgeben, das Tastende und Brüchige, das Persönliche ihrer Arbeit vor ihren Mitarbeitern wach halten. Ich ironisiere mich selbst, wenn ich mich meines ersten Chefs – meines Vorbildes – erinnere, der einmal zu mir meinte: »Ich habe keine Lust, für Sie das Vorbild zu mimen.«
    Überall wird Grenzüberschreitung gefordert: im überstaatlichen Rahmen, durch Innovation und Kreativität im betrieblichen Rahmen. Warum nicht auch im persönlichen? Dort heißt Grenzüberschreitung: die Grenzen des Vorbildes überschreiten – erwachsen werden. Wir brauchen auch im Unternehmen individuelle Identitätsbildung als kontinuierlichen Lernprozess. Ich habe nicht den Schatten eines Zweifels, dass wir den Denkrahmen wechseln müssen: Weg vom Vorbild und hin zu einem Führungsverständnis, in dem
Selbstverantwortung
die zentrale Denkfigur ist.
    Um jemanden zu ehren, muss man über ihn hinausgehen.
    Nachsatz I
    Nun ließe sich ja sophistischerweise mein Argument gegen mich wenden, wenn man sagte, eine Führungskraft, die nicht Vorbild sein wolle, könne in dem hier erwogenen Sinne gerade dadurch, gleichsam unter verändertem Vorzeichen, wiederum Vorbild sein. Meine Antwort darauf ist: Man kann Probleme nicht mit einem Denken auflösen, das die Probleme erst hervorgebracht hat. Das |154| so Gedrehte ist nur eine neue, inhaltlich gewandelte Form der Abhängigkeit, die die Selbstverantwortung des Individuums nach wie vor verdeckt unterläuft. Aber (und es fällt mir nicht schwer, das zuzugeben): Kein Chef ist so schlecht, dass er nicht als abschreckendes Beispiel dienen könnte.
    Nachsatz II
    En vogue ist gegenwärtig das »Feindbild«, gleichsam die Negativ-Ausgabe des Vorbildes. Da in Unternehmen Konsens zu einem chronisch knappen Gut geworden ist, müssen vielerorts – Kienbaum lässt grüßen – Feindbilder als konsensstiftende Ersatzquellen her. Jedem, der es hören will, wird die alte Geschichte vom Nutzen eines gepflegten Dreschflegels erzählt, auf den man gerade in schlechten Zeiten einschlagen sollte, um unternehmensintern zu harmonisieren. Das hat die Funktion, Mitarbeitern vorzugaukeln, sie vollbrächten eine vaterländische Tat, wenn sie sich voll für die Füsilierung des feindlichen Unternehmens einsetzten.
    Das geht nach dem alten »Petz-Prinzip«:
Der andere ist schuld!
Alle Gewalt geht vom Feinde aus. Er bedroht uns, nicht umgekehrt. Das denken natürlich beide Seiten. Dabei wird verschwiegen, dass das Bild des Feindes von uns selbst erzeugt wurde. Wieder können wir unsere Hände in Unschuld waschen: Nicht verantwortlich für diese Situation! Unter dem Druck der Verhältnisse, der Aggression des Feindes und immer knapper Zeit wird alles dringlich-dringlich, was zur Abwehr der Bedrohung dient. Erzielt wird Verteidigungskonsens. Dieser ermächtigt einige

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