Das Prinzip Terz
Sie bald gar nichts mehr. Oder glauben Sie, Ihr Mann behält Sie, wenn er alles erfährt?«
»Ich habe kaum –«
»Schluss mit Diskussionen. Nehmen Sie Ihr Mobiltelefon mit. Ich rufe Sie wieder an.« Terz beendete das Gespräch.
Er holte den Kanister und die Tüte mit den Schuhen. Sein mitgebrachtes Paar stellte er neben Biels ungepflegte Treter: Turnschuhe, Segelschuhe, Schwarze. Mit einem Spieß aus der Küche kratzte er die Erde aus den Sohlen seiner eigenen und drückte die Krümel in das Profil von Biels Segelschuhen.
Auf Biels Computer schrieb er vier Erpresserbriefe. Er formulierte sie ähnlich jenem, den er heute erhalten hatte. Biels Leichnam war noch nicht kalt. Er drückte die Papiere ein paarmal gegen dessen Finger und versteckte sie in einem Ordner unter dem Schreibtisch.
Mit einem Lappen aus der Küche wischte Terz den Kanister sorgfältig ab, um seine eigenen Fingerabdrücke zu vernichten. Er legte Biels warme Hand um den Griff des Kanisters, dann auch an die Seitenflächen. Dasselbe tat er mit der anderen Hand des Toten.
Mit einer Messerspitze schraubte er die Rückseite des Computers auf und entfernte die Festplatte. Zusammen mit CD s und Kuvert verstaute er sie in einer großen Plastiktüte.
Er überprüfte alle Kameras, entfernte die Filme, löschte sämtliche Aufnahmen.
Im Wohnzimmer lag Biel unverändert. Von Biels Telefon rief er Kantau auf ihrem Handy an. »Wo sind Sie?«, fragte er mit verstellter Stimme.
Sie klang gereizt und nervös. »Mittelweg. So schnell geht das nun auch wieder nicht. Wo soll ich hin?«
»Kommen Sie zu folgender Adresse«, sagte er, nannte ihr die Anschrift in der Isestraße. »Läuten Sie bei Biel.« Als er auflegte, explodierte Schwarz in seinem Kopf.
12
Der Druck auf seiner linken Gesichtshälfte wurde stärker. Er lag auf dem Boden. Seine Handgelenke schmerzten. In Terz’ Kopf spielte eine Kanonenkugel Rollerball. Er versuchte sich zu bewegen. Von weit weg hörte er eine Stimme.
»Verstehe kein Wort«, sagte er und hoffte, dass es nicht zu gepresst klang. »Sie stehen auf meinem Ohr.«
Die Sohle radierte über sein Gesicht.
»Jetzt können wir reden, Arschloch, sagte ich!«
Unauffällig testete Terz die Bewegungsfähigkeit seiner Glieder. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt.
Schwindel, Bewusstlosigkeit, Herzstillstand. So hatte es Krahne erklärt. Bei Biel hatte es nur zu tiefer Bewusstlosigkeit gereicht. Einen Augenblick lang war Terz fast erleichtert.
Biel klang heiser. »Was ist das für ein Kanister? Wolltest du mich umbringen, du Schwein? Ich fasse es einfach nicht! Du sollst doch der Gute sein!«
»Was wollen Sie – eine philosophische Diskussion?«
Wie lange war er bewusstlos gewesen?
Amelie Kantau konnte jede Sekunde da sein.
Noch ein Tritt. »Ich sage dir jetzt, wie es weitergeht, Herr Starkommissar.«
»Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben.«
Der Fuß traf Terz unter den Rippen. Durch seine Lunge schoss ein stechender Schmerz.
»Dafür wirst du dein Leben lang zahlen. Und das ist erst der Anfang. Ha, ich liebe es!« Biels Lachen explodierte in Terz’ Kopf wie ein Dum-Dum-Geschoss. Er konnte die Fratze nicht sehen. Aber sich sehr genau vorstellen.
Die Türglocke klingelte.
Beim zweiten Klingeln wirbelte er gegen Biels Füße. Der stürzte, und Terz schnellte hoch, um sein ganzes Gewicht auf den Brustkorb des anderen fallen zu lassen. Hals und Kopf seines Gegners klemmte er zwischen die Oberschenkel, mit den Unterschenkeln versuchte er Biels rudernde Arme zu bändigen. Er musste seine Hände frei bekommen!
Biel strampelte, riss an Terz’ Kleidung. Versuchte, sein empfindlichstes Teil durch die Hose zu beißen. Terz bekam die Hände nicht frei. Er setzte sich noch schwerer auf Biels Hals.
»Bind mich los.«
Biel antwortete nicht. Sein Gesicht lief rot an, violett, er strampelte panisch, röchelte. Verdammt, er durfte ihn nicht ersticken. Terz rollte zur Seite, krümmte sich zusammen. Unter Gesäß und Füßen zog er die gefesselten Hände nach vorn. Neben ihm rappelte Biel sich auf. Gleichzeitig schnellte Terz hoch. Mit den zusammengebundenen Fäusten hieb er Biel gegen den Hals. Die Wut war wieder in ihm. Dieses Gefühl, das er empfunden hatte, nachdem er Biel als falschen Journalisten identifiziert hatte. Biel taumelte. Terz schlug ein zweites Mal zu. Biel blickte ihn erstaunt an, dann fiel er zusammen. Terz kniete sich neben ihn und tastete den Puls. Er spürte nichts. Diesmal würde
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