Das Prinzip Uli Hoeneß
35 Mio. Euro (also rund 70 Mio. DM) an den VfB Stuttgart überwiesen, einen Rekord auf.
Was also in der Regel für den Wirbel sorgte, war weniger die Höhe der Summe, die Hoeneß auf den Tisch legte, als die Tatsache, dass er es war, der in den Ring trat – und vor allem die Art, wie er das tat. Besonders groß war die Aufregung am Ende der Saison 1983/84, als der Transfer des Mittelfeld-Talentes Lothar Matthäus vom damaligen Spitzenverein Borussia Mönchengladbach für Schlagzeilen sorgte. Borussen-Geschäftsführer Helmut Grashoff hatte noch versucht, Matthäus auf die »Schwarze Liste« zu setzen, die den Wechsel zu den Bayern untersagt hätte: Nach der Idee Grashoffs sollte jeder Klub seine zwei wichtigsten Spieler benennen dürfen, und die anderen verpflichteten sich, ihre Finger von denen zu lassen. Auf diese Weise sollte es den kleinen Klubs ermöglicht werden, ihre Stars zu halten. Uli Hoeneß machte die Zustimmung der Bayern zur »Schwarzen Liste« davon abhängig, dass die Gladbacher Matthäus nicht darauf setzten. Grashoff war entsprechend sauer und beschimpfte den Bayern-Manager als »Totengräber des Fußballs«. Hoeneß wiederum beschwerte sich über die »gezielte Kampagne von Grashoff«, ihn in ein übles Licht zu stellen, und machte den Borussen-Manager dafür verantwortlich, ein »Klima des Hasses« zwischen beiden Vereinen geschürt zu haben. Dramatischer Höhepunkt des Zwistes war das Pokalfinale, in dem ausgerechnet die Kontrahenten Bayern und Borussia aufeinander trafen. Im Frankfurter Waldstadion stand es nach Verlängerung 1:1. Es kam zum Elfmeterschießen. Und ausgerechnet der Noch-Borusse Lothar Matthäus verschoss.
Knapp zwei Jahre nach den Matthäus-Querelen wetterte Hoeneß, dass die »Schwarze Liste« ein »Schmarrn« sei. Leider habe er sich von Grashoff einlullen und zum Mitmachen bewegen lassen; er werde sie aber fortan nicht mehr akzeptieren. »Die großen Klubs müssen sich alle Stars holen«, formulierte er in der »Sport-Illustrierten« sein Credo. Denn: »Ein absoluter Stammspieler der Nationalelf ist Matthäus erst geworden, nachdem er bei den Bayern war.« Auch Brehme (Kaiserslautern) und Thon (Schalke) müssten zu Bayern, wenn sie richtige Klassespieler werden wollten. Beide liefen tatsächlich schon bald im Bayern-Trikot auf. Den Vorwurf der »Wilderei« gab Hoeneß indes an die Konkurrenz weiter. Die vom Chemie-Giganten Bayer unterstützten Leverkusener beispielsweise seien doch viel schlimmer als die Bayern: »Die machen geschickt auf Understatement, sind aber am brutalsten von allen.« So ähnlich konterte der Bayern-Manager im Lauf der Jahre immer wieder die Vorwürfe seiner Gegner, die »größte Sau in dem Geschäft« zu sein. Unseriös seien allenfalls die anderen, er hingegen sei einer, mit dem man ein Geschäft per Handschlag machen könne: »Linke Geschäfte mache ich nicht und habe ich nie gemacht.«
Um sich vor der Presse während laufender Verhandlungen zu schützen, erklärte der von den Anfeindungen in seinen frühen Jahren genervte Hoeneß einmal, müsse man natürlich ab und zu schon mal zu »Notlügen« greifen und seine wahren Absichten verschleiern. Solche Geheimverhandlungen waren indes ebenfalls nicht unproblematisch: Meist blieben sie nämlich nicht lange geheim, und dann war das Empörungsgeschrei noch viel lauter. So gab es einen Riesenskandal, als sich Uli Hoeneß zur Saison 2002/03 mit einem recht dubiosen Vorgehen die Dienste des unter den Fittichen seines Bruders Dieter bei der Berliner Hertha kickenden Sebastian Deisler sichern wollte. Der Bayern-Manager lockte den viel gepriesenen Nachwuchsspieler mit einer unter der Hand geleisteten »Vorauszahlung« von 10 Mio. Euro nach München – und wies bald darauf in der Presse verbreitete Gerüchte über den als unanständig angeprangerten Deal empört als »Schwachsinn« zurück. »Mit fehlender Moral hat unser Verhalten nichts zu tun«, meinte er schließlich mit Unschuldsmiene, nachdem er die Sache nicht mehr abstreiten konnte. Man habe sich »im gesetzlichen Rahmen« bewegt, zudem sei die Summe ja nur als Darlehen gedacht gewesen. Und als er mit den Ausreden fertig war, ging er zum Gegenangriff über: Wer den Bayern unlautere Vertragsmodalitäten vorwerfen wolle, könne gleich die halbe Liga anzeigen.
Während Deisler sich auf Druck der Steuerbehörden entschloss, das Geld wieder zurückzuzahlen, bekam Hoeneß moralische Probleme mit dem Freiburger Sebastian Kehl, dem er ebenfalls eine (im
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