Das Prinzip Uli Hoeneß
haben erkannt, dass sie ein Riesengeschäft gemacht haben. Für Laudrup sechs Millionen zu zahlen, ist nicht gerechtfertigt, so sehr wir ihn schätzen. Für Sternkopf drei Millionen zu zahlen, ist überhaupt nicht gerechtfertigt. Und ebenso wenig die knapp vier Millionen für Effenberg. In den Ablösesummen, die Bayern zahlt, sind Schmerzensgelder für die Bundesliga inklusive.«
Und was für Uerdingen, Karlsruhe und Mönchengladbach galt, traf zuvor auch schon für viele andere zu. Beim Transfer des Schalkers Jürgen Wegmann im Jahr 1987 (Endpreis: 1,15 Mio. DM) legte er generös noch 100.000 DM drauf. Dem Traditionsklub gehe es schlecht, so Hoeneß, »und da wollten wir uns nicht nachsagen lassen, dass die Bayern jemand ausbluten«. Berühmtestes Beispiel der Münchner Großzügigkeit ist sicherlich der kurz nach der Wende realisierte und von der Konkurrenz vielfach belächelte Transfer des nicht bei allen Experten als Supertalent geltenden Alexander Zickler, für den Hoeneß 2,3 Mio. DM als »Aufbauhilfe Ost« an Dynamo Dresden überwies. Auch Leverkusens schwergewichtiger Managerfuchs Reiner Calmund fand im Jahr 2002 lobende Worte für seinen Münchner Kollegen, als dieser für den Brasilianer Zé Roberto seiner eigenen Aussage nach zu viel – nämlich die stolze Summe von 9,5 Mio. Euro – locker machte. »Andere hätten ihm fünf Millionen Handgeld zugesteckt«, so Calmund, »hätten gesagt, spiel noch ein Jahr, und wir wären leer ausgegangen.« Als Hoeneß zwei Jahre später den Dortmunder Torsten Frings für die stattliche Summe von 9,25 Mio. Euro nach München holte, spielte er zwar nach außen hin den bösen Maxe – man müsse den Dortmundern leider trotz ihrer Finanzprobleme »wehtun« –, hinter vorgehaltener Hand wurde jedoch kolportiert, dass sich in der (überhöhten) Ablöse eine verdeckte Unterstützung für die notleidenden Borussen verbarg.
Manchmal war die Unterstützung anderer Vereine nicht in den deutlich über dem Marktpreis liegenden Transfersummen verborgen, sondern zeigte sich ganz offensichtlich in einer Art »Sozialrabatt«. Als etwa der Freiburger SC um den Mittelfeldspieler Alain Sutter warb, kam Hoeneß den klammen Breisgauern mit einem Preisnachlass weit entgegen – aus Sympathie für deren Offensivfußball, wie er erklärte. Dem notorisch verschuldeten Lokalrivalen TSV 1860 griffen die Bayern bei finanziellen Problemen gleich mehrmals unter die Arme, der größte Akt fand 2006 statt, als sie die »Löwen« vor der Insolvenz bewahrten, indem sie für 11 Mio. Euro deren Anteile an der gemeinsamen Stadion GmbH übernahmen.
Die klassische Form der Bayern-Sozialarbeit in der Bundesliga waren und blieben aber die Benefizspiele. Kein zweiter Klub ist so oft zur Unterstützung notleidender Vereine angetreten wie der FC Bayern. In den letzten Jahren galt das Engagement neben insolventen Traditionsklubs aus dem Westen – etwa dem SV Darmstadt 98 – vor allem darbenden Ostvereinen wie dem VfB Chemnitz, Rot-Weiß Erfurt oder Energie Cottbus. Von allen Bayern-Einsätzen im Zeichen der Wohltätigkeit hat sicherlich die Hilfe für den FC St. Pauli – und damit für den Verein, der als das krasseste Gegenbild des FC Bayern gelten kann – das größte Aufsehen hervorgerufen.
Der Retter am Millerntor
Im Millerntor-Stadion des FC St. Pauli ging es immer hoch her, wenn die Bayern zu Gast waren. Vor allem Uli Hoeneß bekam im »Armenhaus der Liga« als Aushängeschild des »Bonzenvereins« aus München immer wieder den Hass der Fans zu spüren. Hohn und Spott gehörten ebenso zur Normalität wie Wurfattacken mit Feuerzeugen, Geldstücken und allerlei anderen Gegenständen. »Volle Bierbecher waren noch das Angenehmste«, so Hoeneß, »die waren weich.« Besonders aufgeheizt war die Atmosphäre am 27. Oktober 1989, als das Duell der beiden gegensätzlichen Vereine schon vor dem Spiel eröffnet worden war. Das »Millerntor-Magazin«, die offizielle Stadionzeitung St. Paulis, hatte mit der Aufmacher-Schlagzeile »Der Klassenkampf« für das Spiel geworben und in dem dazugehörigen Artikel von der »streng kapitalistisch ausgerichteten Glamourwelt des FC Bayern« geschrieben. Auch St.-Pauli-Trainer Helmut Schulte hatte in bester Willi-Lemke-Manier Öl ins Feuer gegossen: »Das ist doch klar, da kämpft auf dem Spielfeld Kapital gegen Arbeit.«
Uli Hoeneß war empört, sprach von »Volksverhetzung« und kündigte an, dass seine Mannschaft beim geringsten Zwischenfall den Platz
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