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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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superlativischen Diktion. Er meinte damit die Fähigkeit, Kritik anzunehmen, und die hat er in den Wandlungen der Zeitläufte immer wieder bewiesen. Aber, um die in Hoeneß’ Satz liegende Doppeldeutigkeit aufzugreifen: Er war auch ohne Ende fähig zu kritisieren. Und seine wahre Meisterschaft entwickelte er nicht im Einstecken, sondern im Austeilen von Kritik.

Kapitel 5
Der fehlbare Manager
Uli Hoeneß und die Unwägbarkeiten der Transferpolitik
    »Das Schwierigste im ganzen Metier ist das Transfergeschäft«, lautet einer der am häufigsten wiederholten Klagesätze von Uli Hoeneß. Denn man muss nicht nur Geld haben, sondern auch wissen, für wen man es sinnvoll ausgibt. »Wir geben uns dabei viel Mühe, schauen uns dabei die Leute von hinten, vorne, unten und oben an, diskutieren mit ihren Familien, machen uns Gedanken über ihren Charakter, und trotzdem kann man bei allen Bemühungen manchmal schiefliegen. Im Endeffekt sind Spieler keine Maschinen, Roboter oder Computer, die man genau einstellen kann.« Aber in der Summe können die Bayern eigentlich gar nicht so falsch gelegen haben, wenn man ihre Erfolgsserie in den letzten drei Jahrzehnten betrachtet.
    Der Aufstieg der Bayern in den sechziger Jahren war allerdings noch kein Resultat geschickter Transferaktivitäten, auch wenn der Klub mit Robert Schwan bereits über einen fähigen Manager verfügte. Doch ohne das Glück, zum richtigen Zeitpunkt über einige herausragende Spielertalente wie Beckenbauer, Müller oder Maier zu verfügen, wäre der Marsch der Bayern an die nationale und internationale Spitze undenkbar gewesen. Genauso undenkbar war es, diesen Erfolgsweg ohne eine professionelle Transferpolitik weiterzuführen.
    Es gibt keine Zauberformel, mit der man unzweifelhaft herausfinden könnte, ob ein Spieler etwas taugt. Vor allem, ob er für den FC Bayern taugt. Denn, so Hoeneß: »Es ist ein Unterschied, ob ich Bundesligaspieler werden will oder Bayern-Spieler.« Um ein tauglicher Bayern-Spieler zu werden, reicht es nicht, nur ein guter Bundesligaspieler zu sein; man muss das Zeug haben, die Bundesligakonkurrenz zu dominieren und die Champions League zu gewinnen. Wer in München Erfolg haben will, muss nicht nur fußballerisches Potenzial besitzen, sondern auch charakterlich weit überdurchschnittliche Stärken zeigen. Der perfekte Bayern-Spieler hat das »Winner-Gen«, lässt sich von außerordentlichem Erfolgsdruck nicht beeindrucken und bleibt vor allem in entscheidenden Spielen cool bis unter die Haarspitzen; er kann sich gegen die Konkurrenz durchsetzen und ist trotzdem in der Lage, sich ins Team zu integrieren; und er hält der in München gegebenen Dauerbeobachtung durch die Medien stand, ohne abzuheben oder in seinen Leistungen nachzulassen.
    Wer vor den Münchner Spieler-TÜV kommt, hängt von der Marktlage ab. Oft ist kein passender Spieler auf dem Markt, und dann ist man relativ hilflos dem Gesetz von Angebot und Nachfrage ausgeliefert. Manchmal muss man für einen Spieler mehr Geld zahlen, als er eigentlich leistet, weil man grade keinen besseren findet. Dazu kommt das Problem des Gehaltsgefüges. Stattet man einen Spieler mit einem (zu) hoch dotierten Vertrag aus, kann es zu Neidgefühlen kommen, die das Betriebsklima innerhalb der Mannschaft versauen. »Es ist kein Kunststück, einen Spieler zu holen und dem alle Wünsche zu erfüllen. Es ist nicht der beste Manager, der die teuersten Spieler holt«, so Hoeneß’ Credo, »sondern derjenige, der gute Spieler holt, die aber nicht das Gefüge kaputtmachen.« Andererseits sei es manchmal sinnvoller, »die eigenen Spieler, von denen man weiß, was sie können, ordentlich zu bezahlen und dafür lieber auf den einen oder anderen Transfer zu verzichten«. Denn Transferpolitik bedeutet ja nicht nur, neue Spieler zu holen, sondern auch die guten, die man hat, von einem Wechsel abzuhalten.
    Kurzum: Transferpolitik ist schwierig. Das Schwierigste überhaupt in diesem Geschäft. Schließlich noch das Allerschwierigste: Bevor man beurteilen kann, ob ein Transfer gelungen ist oder nicht, muss man ihn ja überhaupt erst einmal tätigen. Und das war aufgrund der – international gesehen – vergleichsweise begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Bayern nicht immer so einfach. Denn was nützt es, einen Spieler treffend zu analysieren, wenn man ihn gar nicht kriegen kann? Die großen Superstars, die Figos und Zidanes, kamen nicht nach München, weil der FC Bayern sie nicht bezahlen konnte bzw. nicht

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