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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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hinunter.
    Theo blieb stehen und drehte sich zu ihr um. Die Frau hatte nicht etwa das Grab eines Verwandten oder Freundes aufgesucht, sondern offensichtlich auf ihn gewartet. Er kannte sie – was zu viel gesagt war; tatsächlich erkannte er sie nur, die Frau mit dem dunklen Seidenkopftuch und der Sonnenbrille, die ihm am Grab seiner Mutter kondoliert hatte.
    »Ja?« Er ging einen Schritt auf sie zu, sie kam ihm einen entgegen.
    »Auf ein Wort?«, fragte sie, und auch diese Frage klang zaghaft.
    Theo hob die Schultern. »Gern, wenn ich Ihnen behilflich sein kann.«
    Er konnte sich nicht vorstellen, worüber sie mit ihm sprechen wollte, doch wenn er die Frau nicht falsch eingeschätzt hatte und sie wirklich eine Verehrerin von Katharina Lassings Kunst war, dann lag der Schluss nahe, dass es in dem von ihr angestrebten Gespräch eben darum gehen sollte. Vielleicht hoffte sie darauf, die Erste sein zu dürfen, die einen Blick auf den Nachlass der Künstlerin werfen durfte.
    Diese Vorstellung machte ihm die Frau sogleich ein wenig unsympathisch. Dann rief er seine vorausgaloppierenden Gedanken zurück und verbat sich derlei Mutmaßungen. Vorverurteilungen waren schließlich nicht seine Art; er orientierte sich an Fakten und bildete sich seine Meinung auf deren solider Grundlage.
    »Ich würde Sie gern unter vier Augen sprechen, Theo.« Ein erschrockener Laut, ein um Verzeihung bittendes Lächeln. »Darf ich Sie Theo nennen?«
    Eigentlich war er kein Freund von Vertraulichkeiten. Zu seiner eigenen Überraschung nickte er jedoch. »Warum nicht?« Dann wies er mit einer Hand in die Runde. »Ich denke, wir sind so allein wie zwei lebende Menschen nur allein sein können, finden Sie nicht?«
    Er grinste schief, fand seine Worte selbst eine Spur zu flapsig angesichts der Tatsache, dass er gerade erst seine Mutter zu Grabe getragen hatte. Immerhin schien sein für gewöhnlich distanziertes Verhältnis zum Tod wieder durchzuschlagen; ein Gefühl, das Theo als beruhigend empfand.
    »Mir ist es hier etwas zu feucht und zu kühl. Vielleicht könnten wir …?« Sie ließ den Rest unausgesprochen und deutete mit einer Geste zum Ausgang, der hinter Sträuchern und Bäumen versteckt lag.
    »Na schön, es gibt hier in der Nähe sicher ein Café oder ein trockenes Plätzchen.«
    Sie winkte ab. »Wir können uns auch kurz in mein Auto setzen. Ich will Ihnen nicht zu viel von Ihrer Zeit stehlen.«
    »Wie Sie möchten«, erwiderte Theo, »dann …« Jetzt war er es, der mitten im Satz stockte.
    Sein Blick hatte sich von dem blassen Gesicht der Frau gelöst, einem Reflex folgend, weil er ein Stück hinter ihr eine Bewegung ausgemacht hatte. Zwei Personen waren dort zwischen den Gräbern aufgetaucht, eine rothaarige junge Frau in legerer Kleidung und ein Mann, den Theo nicht nur erkannte, sondern wirklich kannte.
    »Hajek?«
    Die Augen der jungen Frau in Hajeks Begleitung weiteten sich so sehr, dass Theo es selbst über die Entfernung hinweg sehen konnte.
    »Paul?«, rief sie konsterniert, den Blick unverwandt auf ihn gerichtet.
    Die Fremde, die Theo um eine Unterredung gebeten hatte, drehte sich unterdessen um, folgte seinem Blick, schaute über den Rand ihrer dunklen Brille hinweg. Schlagartig duckte sie sich ein klein wenig, zog den Kopf um eine Winzigkeit ein. Sie wirkte plötzlich angespannt und darüberhinaus schlichtweg verändert. Als stünde auf einmal eine ganz andere Person vor ihm, wie bei einer guten Schauspielerin, die übergangslos von einer Rolle in die andere wechselt.
    Dass ihre Hand während der Bewegung unter ihrem Ledermantel verschwunden war, registrierte Theo erst, als sie wieder zum Vorschein kam – und nicht mehr leer war. Er erschrak.
    Die Frau hatte eine Pistole. Ihr Zeigefinger krümmte sich um den Abzug.
    Sie schoss auf Lorenz Hajek.
***
    Der Mann war schnell gefahren. Worauf er sich allerdings nicht sehr gut verstand. Ein ums andere Mal presste Sara sich in den Sitz hinein, als könne sie sich darin verstecken. Ihre Füße suchten nach einem Bremspedal, das es im Fußraum des Beifahrersitzes nicht gab.
    Sara wollte dem Mann am Steuer hundert oder tausend Fragen stellen. Hervor brachte sie keine einzige. Während sich all ihre anderen Körperfunktionen nach und nach wieder einstellten, versagte die Stimme ihr hartnäckig den Dienst. So konnte sie nur stumm mit ansehen, wie der Mann – seinerseits Inbegriff der Unauffälligkeit, weder groß noch klein, weder kräftig noch schmal, dazu ein Allerweltsgesicht –

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