Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
Metallsägen. Der geöffnete Deckel einer großen Holzkiste an der gegenüberliegenden Wand ließ erahnen, dass sich darin weitere, größere Werkzeuge befanden. An Haken darüber hingen zwei graue Werkstattkittel, die gerade von Torstens Display angestrahlt wurden. »Na also, da haben wir doch schon mal was Nützliches«, sagte er, nahm einen der Kittel von der Wand und zog ihn an. »Na los, da hängt noch einer«, forderte er Frank auf und leuchtete mit dem Handydisplay auf den verbliebenen Kittel.
»Wieso soll ausgerechnet Frank ihn bekommen?« Jens erinnerte Frank an Laura, als sie sieben, acht gewesen war und nicht bekommen hatte, was sie wollte. »Weil ich die Kittel entdeckt habe und ihm einen abgebe, Kupfer. So einfach ist das.«
»Aber ich finde …«, setzte Jens an, verstummte aber, als Frank sich in Bewegung setzte und den Kittel vom Haken nahm. Er roch muffig und nach altem Öl oder Fett, aber das war egal. Er würde die Wärme ein bisschen länger im Körper halten. »Hier, zieh ihn an.« Frank hielt den Kittel Manuela hin.
Sie zögerte nur kurz, dann griff sie mit einem dankbaren Lächeln zu und streifte sich den groben Stoff über. Er reichte ihr fast bis zu den Schuhen, die Schulternähte hingen in der Mitte der Oberarme, ihre Hände waren in den viel zu langen Ärmeln verschwunden. Während sie ihn zuknöpfte, sah Frank zu Jens hinüber. »Zufrieden?«
Jens’ Lippen wurden schmal, er sagte jedoch nichts.
Torsten schüttelte den Kopf, und während Frank sich fragte, ob diese Geste Jens galt oder ihm selbst, weil er den Kittel an Manuela weitergegeben hatte, deutete Torsten mit dem Lichtschein seines Handys auf den Treppenabschnitt, der weiter nach unten führte. »Schätze, da unten müssen wir uns auch umsehen. Trennen wir uns. Zwei hier, zwei unten.«
Frank nickte. »Wir beide gehen runter, okay?« Er wollte auf jeden Fall vermeiden, dass Torsten mit Jens oder Manuela zusammen losging.
»Na dann los.« Torsten wandte sich ab und ging zur Wendeltreppe. Frank nickte den beiden zu und folgte ihm.
Er hatte damit gerechnet, dass die Treppe in einem ähnlichen Raum enden würde, doch als er die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte, standen sie nebeneinander in einem engen, kurzen Flur. »Na, was denkst du, wie lange es dauert, bis dieser Phosphorkram gar nicht mehr leuchtet?«, fragte Torsten unvermittelt.
»Keine Ahnung. Vielleicht noch ein, zwei Stunden. Ich habe mich schon gewundert, dass noch keiner was dazu gesagt hat.«
Torsten schlug ihm mit seiner Pranke schmerzhaft auf die Schulter, was wahrscheinlich so etwas wie eine kumpelhafte Geste sein sollte. »Ja, Fränkie, du wunderst dich immer nur. Dann lass uns mal sehen, ob das Arschloch hier unten irgendwas mit dem
Gesicht einer Ratte
versteckt hat.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er los. Frank überlegte, dass sie bald auf die Handys als einzige Lichtquelle angewiesen waren, und schaltete sein Gerät auf Stand-by, um den Akku zu schonen. Dann folgte er, die Arme vorsichtshalber schräg nach vorne ausgestreckt, Torstens schemenhaftem, massigem Schatten.
Von dem schmalen Flur aus kamen sie wieder in einen breiteren Gang mit mehreren Türen. Die meisten von ihnen führten in verschieden große Schlafräume mit groben Betonwänden, deren Mobiliar aus mehreren Hochbetten, einem Waschbecken und grauen Stahlspinden bestand. Im größten Schlafsaal, den sie nach mehreren Richtungswechseln erreichten, standen neun Hochbetten. Leider beschränkte sich die Ausstattung wie bei allen anderen Betten, die sie bisher gesehen hatten, auf die blanken Matratzen. Frank wünschte sich eine Wolldecke, die er sich um die Schultern legen konnte. Die Eiseskälte war immer schwerer zu ertragen, unerbittlich legte sie sich um die Muskeln, ließ sie träge werden und erschwerte jede Bewegung.
Die vielen nackten Kabel, die über die Wände verliefen, verstärkten den ungemütlichen, abweisenden Eindruck, den Frank beim Anblick der Schlafräume empfand. Nachdem sie sich noch eine Art Kühlraum, einen Heizungsraum und zwei, drei Zimmer angesehen hatten, die Gerätschaften enthielten, deren Funktion sie sich nicht erklären konnten, knallte Torsten die letzte Tür mit Schwung zu. »Was zum Teufel sollen wir hier finden? Wenn ich das richtig sehe, hat das, was wir suchen, doch was mit Ratten zu tun, oder? Und der Kerl hat die Ratten oben freigelassen. Also werden wir diesen Scheiß wohl auch da oben finden und nicht in den Schlafzimmern hier
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