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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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durch den Torbogen und drehte sich um, bereit für den Fall, dass sie …
    Beim Licht, wo war sie? Und warum war sie … unbekleidet? Warum hielt sie Saidar? Sie ließ es zögernd los. Sie wusste, dass sie das erste Gewebe von den hundert vollendet hatte, die sie machen musste, draußen auf dem leeren Hof. Aber sie wusste nur das und mehr nicht. Und dass sie weitergehen musste.
    Glücklicherweise lag in dem Torbogen ein Kleidungsstapel auf dem Boden. Die Teile waren aus rauer Wolle und dick, die Strümpfe kratzten, aber alles passte wie für sie gemacht. Selbst die schweren Lederschuhe. Hässliche Dinger, aber sie zog sie an.
    Es war schon sehr seltsam, da allem Anschein nach ein Palasthof hinter ihr lag, aber der türlose Korridor, den sie entlangging, war aus groben Steinen gemauert und wurde von Lampen erhellt, die hoch oben in Eisenfassungen ruhten. Eher für eine Festung passend als für einen Palast. Natürlich war der Gang nicht völlig ohne Türen, das war gar nicht möglich. Sie musste weitergehen, und das bedeutete, dass sie irgendwohin gehen musste. Noch seltsamer als der Korridor war das, was die einsame Tür am anderen Ende enthüllte.
    Vor ihr lag ein winziges Dorf, ein Dutzend kleiner Häuser mit Strohdächern und baufällige Scheunen, die man während einer verheerenden Dürre anscheinend verlassen hatte. Verzogene Türen quietschten in ihren Angeln, während der Wind unter der erbarmungslosen Mittagssonne Staub über die einzige, unbefestigte Straße wehte. Die Hitze traf sie wie ein Hammer; bevor sie zehn Schritte gemacht hatte, war sie in Schweiß gebadet. Plötzlich war sie über das feste Schuhwerk froh. Der Boden war steinig und hätte sie in ihren Slippern möglicherweise verbrannt. In der Mitte dessen, was man einst vielleicht als Dorfanger hätte bezeichnen können, stand ein Steinbrunnen. Jemand hatte mit roter Farbe einen sechszackigen Stern auf die nun zersprungenen Steinplatten gemalt, wo einst Männer und Frauen gestanden hatten, um Wasser zu schöpfen.
    Sobald sie den Stern betreten hatte, fing sie an, die Macht zu lenken. Luft und Feuer, dann Erde. Vertrocknete Felder und verkrümmte Bäume mit kahlen Ästen, so weit ihr Blick reichte. In dieser Landschaft bewegte sich nichts. Wie war sie hergekommen? Aber wie das auch geschehen war, sie wollte fort von diesem toten Ort. Plötzlich stand sie inmitten von Schwarzkrallenbüschen gefangen, deren dunkle, spitze Dornen sich durch die Wolle bohrten, in ihre Wangen und ihre Kopfhaut stachen. Sie hielt sich nicht mit dem Gedanken auf, dass das eigentlich unmöglich war. Sie wollte nur hier weg. Jeder Stich brannte; sie konnte fühlen, wie aus einigen Blut rann. Selbstbeherrschung. Sie musste absolute Selbstbeherrschung zeigen. Nicht dazu in der Lage, den Kopf zu bewegen, versuchte sie, eine Möglichkeit zu ertasten, wenigstens ein paar der verschlungenen braunen Zweige zur Seite zu schieben, und hätte beinahe gestöhnt, als sich scharfe Spitzen in ihr Fleisch bohrten. Frisches Blut tröpfelte ihre Arme hinunter. Gelassenheit. Sie konnte andere Gewebe als das erschaffen, das verlangt wurde, aber wie sollte sie diese verfluchten Dornen loswerden? Feuer war nutzlos; die Büsche erschienen so trocken wie Zunder, und wenn sie die Zweige verbrannt hätte, hätte sie sich selbst in Flammen gehüllt. Natürlich webte sie weiter, während sie darüber nachdachte. Geist, dann Luft. Geist gefolgt von Erde und Luft zusammen. Luft, dann Geist und Wasser.
    Eine Bewegung auf einem der Zweige, ein kleiner dunkler Umriss mit acht Beinen. Von irgendwoher stieg eine Erinnerung auf, und ungewollt stockte ihr der Atem. Eine reglose Miene beizubehalten strapazierte ihre Fähigkeiten bis zum Äußersten. Die Totenkopfspinne kam aus der Aiel-Wüste. Woher wusste sie das? Ihr Name stammte nicht allein von dem grauen Zeichen auf ihrem Rücken, das einem menschlichen Schädel ähnelte. Ein Biss konnte einen starken Mann tagelang ans Bett fesseln. Zwei konnten ihn töten.
    Sie webte noch immer an dem nutzlosen Knäuel aus den Fünf Mächten – warum sollte sie überhaupt so ein Ding weben wollen? Aber sie musste es tun –, doch schnell zweigte sie Ströme ab und berührte die Spinne mit einem winzigen, wenn auch sehr ausgeklügelten Gewebe aus Feuer. Das Viech verbrannte so schnell zu Asche, dass es den Zweig nicht einmal versengte. Es würde nicht viel brauchen, um die Büsche zu entzünden. Aber bevor sie Erleichterung verspüren konnte, entdeckte sie eine weitere

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