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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ihrer früheren Lektion war völlig verschwunden. Sie zeigte ein heiteres Lächeln, heiter und erfreut, zwei neue Blaue dazubekommen zu haben. »Gebt es klug aus. Ihr könnt mehr bekommen, falls es notwendig sein sollte, aber bittet zu oft darum, und Ihr werdet vom Saal dazu befragt werden. Glaubt mir, vom Saal befragt zu werden ist nie angenehm. Niemals.«
    Siuan riss die Augen auf, als sie die Summe las, und – so unmöglich das schien – riss sie noch weiter auf, als sie hörte, dass sie mehr verlangen konnte. Nur wenige Kaufleute verdienten mehr Gold in einem Jahr, und viele kleine Adlige mussten sich mit bedeutend weniger zufriedengeben, aber die Burg konnte es sich nicht leisten, Schwestern in Armut stehen zu lassen. Im Sonnenpalast hatte Moiraine gelernt, dass Macht oftmals daraus entstand, dass andere zu dem Schluss kamen, dass man bereits über Macht verfügte, und der Anschein von Reichtum konnte dafür sorgen.
    Sie hatte ihren eigenen Bankier, aber Siuan deponierte ihren Geldbrief in der Burg, obwohl sie ihr anbot, sie mit ihm bekannt zu machen. Siuans Vater hatte in seinem ganzen Leben keine eintausend Kronen verdient, und sie hatte nicht vor, diese Summe irgendwie aufs Spiel zu setzen. Nichts, was Moiraine sagte, konnte sie vom Gegenteil überzeugen. Ihr ging es allein um Sicherheit, und es hatte den Anschein, dass ein Bankhaus, das alt genug war, um Artur Falkenflügel Gold geliehen zu haben, da nicht mit der ersten nach dem Untergang der Welt gegründeten Bank mithalten konnte.
    Die Stola mit den blauen Fransen stolz auf den Schultern drapiert, mietete Moiraine auf dem großen Platz vor der Burg eine Sänfte; in der nachmittäglichen Sonne drängte sich hier eine Menge aus Spaziergängern und Verkäufern, Jongleuren und Akrobaten, Musikanten und Karrenhändlern, die Fleischpasteten und geröstete Nüsse feilboten, und sie alle hielten gebührenden Abstand von dem gewaltigen Bauwerk. Nur wenige Leute gingen näher als hundert Schritte heran, solange sie keine Geschäfte in die Weiße Burg führten oder eine Petition einreichen wollten. Die beiden Träger, stämmige Burschen in dunkelbraunen Mänteln, deren langes Haar sauber nach hinten gekämmt war, trugen sie ruhig durch die Straßen, und der Vordermann rief: »Macht Platz für eine Aes Sedai! Macht Platz für eine Aes Sedai!«
    Die Rufe schienen niemanden zu beeindrucken, wurden möglicherweise nicht einmal geglaubt. Obwohl die schweren Vorhänge zurückgebunden waren, blieben die Fransen ihrer Stola verborgen, solange sie ihre Arme nicht auf unelegante Weise auf die Fensterrahmen stützte. Niemand ging schneller beiseite als beispielsweise wegen der Rufe der Kutscher und manchmal sogar langsamer, da die Kutscher lange Peitschen trugen und nicht zögerten, sie auch zu benutzen. Trotzdem kamen sie nach kurzer Zeit zu einem dem ersten Augenschein nach kleinen Palast an einer breiten Prachtstraße, deren Mitte von hohen, blätterlosen Bäumen gebildet wurde, und sie lösten die Tragestangen, damit Moiraine die Tür öffnen konnte. Das Gebäude war im südlichen Stil errichtet worden, mit einer hohen weißen Kuppel und schmalen Türmen an den vier Ecken, und breite Marmorstufen führten nach oben zu einem breiten weißen Säulengang, aber es verriet auch Zurückhaltung. Die Steinmetzarbeiten, Friese aus Ranken und Blättern, waren von erstklassiger Qualität, dabei aber schlicht und nicht übertrieben. Niemand würde sein Geld bei einer Bank lassen, die einen ärmlichen Eindruck machte, aber auch nicht bei einer, die übertrieben viel für sich selbst ausgab.
    Ein Türsteher mit zwei roten Streifen auf den dunklen Mantelärmeln verneigte sich vor ihr an der hohen Eingangstür und übergab sie einem Diener in einem schlichten Mantel, einem attraktiven, wenn auch zu hochgewachsenen jungen Mann, der sie mit ernster Miene zum Arbeitszimmer von Frau Dormaile geleitete, einer schlanken, allmählich grau werdenden Frau, die eine volle Handbreit kleiner als Moiraine war. Ihr Vater hatte Geldgeschäfte mit Ilain Dormailes älterem Bruder gemacht, der in Cairhien noch heute ihre eigenen Konten führte, was ihre Wahl in Tar Valon einfach machte.
    Frau Dormailes für gewöhnlich ernster Gesichtsausdruck wurde von einem schmalen Lächeln erhellt, als sie die Stola sah, und sie breitete ihre dunklen, mit einem roten Streifen geschmückten Röcke zu einem präzisen Knicks aus, der weder zu kurz noch zu tief war. Andererseits hatte sie Moiraine dieselbe Höflichkeit

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