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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Köchelverzeichnis. Sie flüsterten kurz miteinander, dann ging sie die Treppe hinunter.
    Ihre Arbeit war getan.

    Fünftes Kapitel
    Freitag, 11.Juli

Warum eine Frau mit sonst eher lockeren Moralvorstellungen gemischte Gefühle hat bei dem Gedanken an die gutbezahlte Arbeit, die sie geleistet hat.

    In den späten Abendstunden desselben Tages saß die Frau, deren Bekanntschaft wir im letzten Kapitel gemacht haben, in einer der gepflegten Wohnstraßen unweit der Richmond Road in ihrer kleinen Apartmentwohnung, die sich im oberen Stockwerk eines zweigeschossigen Hauses befand. Sie war erst vor einer halben Stunde nach Hause gekommen und fühlte sich erschöpft und zerschlagen; der Heimweg war doch recht umständlich: vom Piccadilly Circus mit der U-Bahn bis Earls Court, dort umsteigen und weiter Richtung Süden bis zum Bahnhof East Putney, und dann noch ein Fußweg. Wie oft hatte sie diese Strecke nun schon zurückgelegt! Einfacher wäre es natürlich, sie lebte in Soho, und sie würde dort auch sofort eine Bleibe finden, das war kein Problem. Nein, der Grund, weshalb sie Tag für Tag die lange Fahrt auf sich nahm, war, daß sie froh war, Soho ab und zu entfliehen und gleichsam in eine ganz andere Welt eintauchen zu können. Hier, in dieser gutbürgerlichen Vorstadt konnte sie das Gefühl haben, nichts anderes zu sein als eine normale alleinstehende Frau in mittleren Jahren, die ihrem Beruf in der City nachgeht; hier fand sie Ruhe und Abgeschiedenheit. Sie lebte unauffällig. Ihre Nachbarn hielt sie auf freundliche Distanz, zahlte pünktlich ihre Miete und die anfallenden Rechnungen und genoß es, ihre Wohnung so hübsch wie möglich einzurichten. Einmal in der Woche kam für zwei Stunden eine Putzfrau, sonst hatte sie die Wohnung für sich allein. Sie hatte noch nie einen Besucher gehabt — bis auf den Mann, der vor vier Tagen auf eigene Einladung zu ihr gekommen war.
    Wie sie an diesem Abend in ihrem Sessel saß, die Beine übereinandergeschlagen, den Kopf in die Hand gestützt, und auf das reiche Muster des Wilton-Teppichs starrte, ohne es jedoch tatsächlich wahrzunehmen, wirkte sie beunruhigt und sorgenvoll.
    Am letzten Montag hatte alles angefangen, ziemlich früh am Morgen. Die Sauna in einer Nebenstraße der Brewer Street hatte gerade erst ihre Tore geöffnet, um die ersten Kunden — ausschließlich Männer — einzulassen. Die Atmosphäre hier war die einer eleganten Privatwohnung. Wer hierherkam, erwartete, daß auch noch seine ausgefallensten Wünsche mit Raffinement und Diskretion befriedigt wurden. Die Stammgäste waren meistens Männer in mittleren Jahren, es gab jedoch auch einige, die man zweifellos als Greise bezeichnen mußte. Allen gemeinsam war, daß sie Geld hatten; dies war die Grundvoraussetzung für einen Besuch hier, denn die Preise waren gesalzen. Eine Sauna in diesem Stil zu betreiben war allerdings in der Tat kostspielig. Allein die Gehälter der vier Hostessen bildeten einen nicht unbeträchtlichen Ausgabeposten, denn sie erhielten weit mehr als sonst in der Branche üblich.
    Der Mann war kurz nach halb zehn gekommen. Er wolle in die Sauna, sonst nichts, hatte er gesagt; aber das sagten sie beim erstenmal alle, bis die feuchte Hitze sie so ermüdete, daß sie ihre Hemmungen vergaßen und ihre wahren Wünsche zu äußern wagten. Mit diesem Gast würde es nicht anders sein. Er hatte sie und ihre drei Kolleginnen einer ungewöhnlich genauen, schon fast peinlichen Musterung unterzogen, hatte bei jeder ausführlich Figur und Gesicht betrachtet und sich dann für sie entschieden. Sie hatte ihn zunächst in die Sauna geführt und ihm dann vorgeschlagen, ihn in einen der separaten Massagesalons zu begleiten — das mache allerdings zwanzig Pfund extra. Er hatte sich bereitwillig einverstanden erklärt.
    Während sie, mit einem weißen Kittel bekleidet, unter dem sie nur ein durchsichtiges Höschen und einen knappen BH trug, kühl und fast elegant aussah, machte er, die Haut vom Dampfbad noch gerötet und in seinem Bademantel immer noch heftig schwitzend, einen eher aufgelösten Eindruck.
    «Wenn Sie sich dann auf die Couch dort legen würden, Sir. Auf den Rücken, wenn ich bitten darf.»
    Er hatte nichts gesagt, sondern sich gehorsam hingelegt und die Augen geschlossen.
    «Gut so?»
    «Herrlich!»
    «Entspannen Sie sich!» Sie fuhr mit den Händen unter seinen Bademantel und begann sanft und verführerisch seine Schultern zu massieren. Nach ein paar Minuten ging sie um die Couch herum, beugte

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