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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Plötzlich hörte er, wie hinter ihm leise die Tür aufging. Ein unangenehmes Gefühl im Rücken veranlaßte ihn, sich umzudrehen. Auf der Schwelle stand ein zwergwüchsiger Chinese von vielleicht dreißig Jahren, dessen braune Arme unter dem knappen weißen T-Shirt Morse in ihrer angespannten, stählernen Sehnigkeit an die Beine von Rennpferden erinnerten, die in Epsom auf dem Sattelplatz nervös tänzelnd den Start des Rennens erwarten. Morse atmete tief durch. Er schämte sich nicht wenig, daß ihm so ein Wicht in Null Komma nichts den Schneid hatte abkaufen können; aber nun ja, er war nicht mehr der Jüngste und, was körperliche Auseinandersetzungen anging, schon lange aus der Übung. Er stand langsam auf, bedankte sich mit ausgesuchter Höflichkeit bei dem Geschäftsführer für dessen Bereitschaft, ihm zu helfen und wollte sich, den Blick der feindselig auf ihn gerichteten Schlitzaugen vermeidend, an dem Chinesen vorbeidrücken, als dieser ihn sanft, aber unmißverständlich zurück ins Zimmer schob. Erst eine halbe Stunde später wurde ihm gestattet, die Bar zu verlassen. Wieder auf der Straße, sog Morse die stinkende, abgasverseuchte Luft ein, als sei sie die reinste Meeresbrise. Er überquerte Piccadilly Circus und winkte sich ein Taxi herbei.
    «Wohin der Herr?»
    Morse nannte ihm die Adresse und ließ sich dankbar in die Polster zurücksinken — wie unglaublich beruhigend war es doch, nicht mehr mit Kumpel angeredet zu werden.

    Siebenundzwanzigstes Kapitel
    Dienstag, 29. Juli, nachmittags

Morse wird in Cambridge Way eingelassen, erregt das Mißtrauen eines der Bewohner und entdeckt einen Toten.

    Morse hatte über eine Stunde friedlich auf der Bank zugebracht, als er erschrocken hochfuhr. Da vertrödelte er nun hier die Zeit im Park, dabei war längst Pub-Öffnungszeit und der Duke of Cambridge lag nur etwa hundert Meter weit entfernt die Straße hinunter. Doch dann, vor der Tür der Gaststätte, zögerte er. Eine unerklärliche Ahnung, daß die Dinge plötzlich in Bewegung geraten seien und er keine Zeit verlieren dürfe, trieb ihn zurück zum Cambridge Way. Diesmal hatte er Glück. Auf sein wiederholtes Klingeln öffnete ihm nach einiger Zeit ein grämlich blickender Mann, Ende sechzig, der mit einem beigefarbenen Overall bekleidet war. In der rechten Hand hielt er einen Mop — offenbar war er der Hausmeister. Seinem schweißglänzenden Gesicht nach zu urteilen, hatte Morse ihn wohl gerade bei einer anstrengenden Tätigkeit gestört.
    «Der Herr wünschen?» fragte er und nestelte nervös an seinem Hörgerät.
    Morse erklärte, wer er sei, und mit kaum merklichem Zaudern trat der Mann beiseite, um ihn einzulassen. Er sei, sagte er unaufgefordert, seit etwas über einem Jahr hier als Hausmeister beschäftigt — übrigens «Oskins» sei der Name. Morse, vertraut mit dem Londoner Dialekt, ergänzte für sich im stillen das fehlende Anfangs-H. Er sei, fuhr der Mann fort, dienstags bis freitags jeweils von 8.45 Uhr bis 16.30 Uhr anwesend. Eine angenehme Arbeit alles in allem. Im wesentlichen sei er dazu da, tagsüber, während die Bewohner abwesend seien, ein Auge auf alles zu haben; und einmal in der Woche habe er das Treppenhaus zu reinigen.
    «Wie ich draußen sah, sind immer noch einige Wohnungen zu haben.»
    «Nein, nicht mehr. Zwei waren längere Zeit noch frei, aber inzwischen sind sie beide verkauft. Ich wollte das Schild draußen immer schon abnehmen, bin nur noch nicht dazu gekommen.»
    «Alle beide sind verkauft?»
    «Ja. Die im ersten Stock gehört jetzt einem Herrn aus Oxford. Der Verkauf hegt schon einige Monate zurück.»
    «Und die andere?»
    «Die ist erst vor ein paar Tagen weggegangen. An einen Ausländer.»
    «Dieser Herr aus Oxford — war das zufällig ein gewisser Mr. Westerby?»
    «Ja. Kennen Sie ihn?»
    «Wissen Sie, ob er jetzt da ist?»
    «Glaube ich nicht. Ich habe ihn seit damals, als er sich die Wohnung angesehen hat, hier nicht mehr gesehen.» Er zögerte. «Ist irgend etwas passiert, daß Sie sich...?»
    Morse nickte ernst. «Ja, sogar eine ganze Menge. Und jetzt möchte ich mir mal seine Wohnung ansehen.»
    Der Hausmeister stieg ihm voraus die Treppe hinauf zum ersten Stock, zog umständlich einen Schlüssel aus der Tasche und schloß auf. Gleich darauf standen sie in einer kleinen Diele, die geschmackvoll mit grauem Teppichboden ausgelegt war, auf dem auch nicht ein Stäubchen zu sehen war. Er mußte vor nicht allzu langer Zeit gesaugt worden sein.
    «Zum Wohnzimmer

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