Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
Kutscher lehnte sich hinüber und öffnete eine Tür. »Steigen Sie ein«, sagte er freundlich. »Keine Angst vor den Gören! Steigen Sie ein, alle drei!«
Aber Jerry schüttelte den Kopf. »Sie beide!« sagte er und verzichtete edelmütig. »Ich reite zurück. Ich kann Maus nicht allein lassen, und hier ist nirgends ein Haus, wo ich sie unterstellen könnte. Ich werde nicht viel später als Sie da sein!« Aber da hatte er schon eine neue Idee. Er wollte gar nicht zurückreiten. Er wollte warten, bis sie um die Ecke waren, und dann wollte er nach weiteren grünen Papierstückchen Ausschau halten.
Der Wagen ratterte langsam davon. Jerry führte Maus die Straße entlang, seine Augen fest auf den holprigen Boden gerichtet, wo sich so leicht ein weiteres Papierstückchen verstecken konnte. Er war entsetzlich aufgeregt. Er wußte, daß er weitersuchen mußte. Er konnte unmöglich zurück, um vielleicht nach Hause geschickt zu werden, während die Polizei die Sache in die Hand nahm und ihm klarmachte, daß er viel besser und sicherer bei seiner Mutter aufgehoben war.
Schließlich — war er es nicht gewesen, der das erste Stück Papier gefunden hatte? Der es erkannt hatte und später den Namen des Pferdes genauso schnell gewußt hatte wie Mr. Middleton? Jerry ging die Straße hinunter, eine schmale kleine Gestalt mit bleichem Gesicht und rastlos suchenden Augen.
Kam denn die Polizei immer noch nicht? Er hatte wieder ein Stück grünes Papier gefunden und dann noch eins, und der große schwarze Wagen war noch immer nicht in Sicht. Plötzlich wurde er wütend. Was hatte es für einen Zweck, diese »Beweisstücke« nur zu finden, wenn man nicht handelte, und zwar so schnell wie möglich! Für ihn gab es keinen Zweifel, daß Beth irgendwie diese Straße entlanggekommen war, daß sie diese Papierstückchen hatte fallen lassen, so daß man sie finden mußte. Und jetzt sollten seine Bemühungen umsonst sein, nur weil ihr vielleicht irgend etwas in der Zwischenzeit — er schauderte bei dem Gedanken, dachte ihn aber finster zu Ende — passierte?
Er aber — er würde weitermachen. Er würde Beth finden und sie retten!
Er lief die Straße hinunter und fand immer noch mehr Papierstückchen; zwar in größeren Abständen, so als ob Beth Angst gehabt hätte, mit dem Papier nicht auszukommen. Auf manchen standen Buchstaben, Teile von Namen aus dem Quiz; andere waren unbeschrieben. Aber sie führten immer weiter. Wohin nur? Wo konnten sie Beth bloß für zwei volle Tage versteckt haben? Jetzt sah er einen Wegweiser vor sich und eine Straßenkreuzung. An der Biegung fand er wieder ein Stück Papier. Das letzte lag schon eine erhebliche Strecke zurück. Jerry wollte schon die Hoffnung verlieren. Aber jetzt, ganz plötzlich, wußte er, wo Beth war! Man hatte sie zu dem alten Gasthaus gebracht, das da unten am Fluß stand.
Bei dem Gedanken an den Fluß überfiel ihn kaltes Grausen, aber er redete sich selbst Mut zu. Sie war hier versteckt. In dem alten Hause war sie sicher, allerdings als Gefangene. Er wollte auf Seitenwegen hinuntergehen und nachsehen, ob er noch mehr Papier finden würde. Er fand nichts und wollte lieber zur Hauptstraße zurückgehen, um der Polizei ein Zeichen zu geben. Sehr sorgfältig machte er ein winziges Häufchen aus den grünen Papierstückchen, die er aufgelesen hatte, direkt an der Stelle, wo die beiden Straßen aufeinanderstießen. Jims scharfe Augen würden es bestimmt entdecken. Er nahm einen langen Stock, den er im Grase fand und legte ihn so, daß er mit seiner Spitze in die entsprechende Richtung wies. Dann wandte er sich wieder dem Fluß und dem alten Gasthaus zu.
Lange suchte er vergeblich und verlor schon wieder allen Mut. Vielleicht war sie doch nicht dort? Vielleicht hatten sie sie die Hauptstraße mitgenommen, über die Bezirksgrenze hinaus, irgendwohin? Am liebsten hätte er laut geweint — statt dessen ging er aber doch tapfer weiter, und plötzlich, ein ganzes Stück weiter, fand er, was er suchte: einen neuen Papierfetzen. Sie war also hier versteckt, irgendwo in der Nähe, denn jetzt konnte er in einiger Entfernung eine Gruppe verlassener Gebäude entdecken. Er mußte sehr vorsichtig sein.
Sein gesunder Menschenverstand begann zu arbeiten. Er mußte zu der Kreuzung zurück und auf die Polizei warten. Aber wie lange das bloß dauerte! Inzwischen mußte Beth sich ja zu Tode ängstigen. Ihr fiel ja nicht im Traum ein, daß Hilfe nahe war, daß ihr eigener Bruder die schlauen
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