Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Rätsel der Templer - Roman

Titel: Das Rätsel der Templer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
das Vorgehen der Ärztin mit angespanntem Blick verfolgte. Der Junge ließ die gesamte Prozedur
     ohne |365| Einwand über sich ergehen. Nachdem sie ihn dazu aufgefordert hatte, sperrte er mit einem lang gezogenen »Ah« seinen Mund auf
     wie ein hungriges Vögelchen.
    »Vielleicht wird’s eine Mandelentzündung. Könnte aber genauso gut eine beginnende Diphtherie sein. Weißt du, ob der Junge
     geimpft ist?« Senta wechselte einen Blick von Hannah zu Gero.
    »Ich glaube, er ist gegen gar nichts geimpft«, antwortete Hannah zögernd.
    »Das sollte dann aber schnellstens nachgeholt werden«, erwiderte Senta mit entschlossener Stimme. »Ich werde ihm ein Antibiotikum
     verordnen. Dazu muss ich ihm ein wenig Blut abnehmen. Nur so können wir sicher gehen, ob es sich um eine ansteckende Geschichte
     handelt oder nicht.«
    »Also gut, wenn du meinst, dass es notwendig ist«, beschloss Hannah, um die Angelegenheit nicht unnötig hinauszuzögern. »Aber
     versuche ihm möglichst nicht weh zu tun. Ich weiß nicht, ob ihm schon einmal jemand Blut abgenommen hat.«
    Als Senta den schmalen, weißen Arm freilegte, sah sie sich Hilfe suchend um. Matthäus lag mit geschlossenen Augen da und rührte
     sich nicht. Senta wusste aus Erfahrung, dass die meisten Kinder heftig reagierten, wenn sie den Einstich der Nadel zu spüren
     bekamen.
    »Es wäre wohl besser, wenn ihn jemand festhält«, sagte sie und sah Gero dabei an.
    »Ich mache das«, sagte Hannah und setzte sich auf die andere Seite des Bettes, von wo aus sie Matthäus an den Schultern anfasste,
     um ihn zurückhalten zu können, falls er erschrak oder sich überraschend bewegte. Zuvor strich sie ihm beruhigend übers Haar.
    Gero hatte sich die gesamte Zeit kaum bewegt, aber in dem Augenblick, als Senta die Nadel einer Lanzette gleich in den Arm
     des Jungen stechen wollte, stürzte er auf sie zu. Während er sie zurückreißen wollte, verlor er das Gleichgewicht und begrub
     sie unter sich.
    »Kein Aderlass«, stieß er hervor und fixierte Senta, die nun wie erstarrt unter ihm auf dem Bett lag, mit einem bösartigen
     Ausdruck in den Augen.
    »Sie tut nur ihre Arbeit, Gero, lass sie los!«, rief Hannah entsetzt.
    Nur widerwillig rappelte er sich hoch und ließ von Senta ab, die sich |366| fast selbst gestochen hätte, wobei sie immer noch die Nadel in ihrer Hand balancierte.
    »Kein Aderlass, verstanden!« Seine befehlsgewohnte Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er diese Forderung notfalls mit
     Gewalt durchsetzen würde.
    »Aderlass? Das hört sich ja an wie im Mittelalter. Ich will ihm nur etwas Blut abnehmen, um es untersuchen zu lassen«, rechtfertigte
     sich Senta, die eher verblüfft als erschrocken auf diesen Überfall reagierte. Kopfschüttelnd entschied sie sich, die Kanüle
     wieder einzupacken.
    Als sie sich von Hannah an der Haustür verabschiedete, drückte sie ihr ein Rezept in die Hand.
    »Tut mir leid.« In Hannahs Stimme lag aufrichtiges Bedauern. »Ich konnte nicht wissen, dass er sich so seltsam verhält.«
    »Wenn er dich nicht genauso behandelt, habe ich kein Problem damit«, antwortete Senta trocken und lächelte. »Es geht mich
     ja nichts an, aber sehe ich das richtig … Wohnen die beiden jetzt bei dir?«
    »Nur vorübergehend, bis Tom eine Wohnung für seinen Kumpel gefunden hat.« Hannah biss sich auf die Unterlippe.
    »Na, dann hast du ja bald wieder Ruhe im Haus.« Senta lächelte mitfühlend, und wurde sogleich wieder ernst. »Wenn irgendetwas
     mit dem Jungen sein sollte … wenn es ihm schlechter geht oder er das Medikament nicht verträgt, rufst du mich sofort an, ja?«
    »Danke«, sagte Hannah und umarmte Senta zum Abschied.
    »Kannst du mir erklären, warum du so einen Aufstand veranstaltet hast?«, fauchte sie, nachdem sie zu Gero zurückgekehrt war.
    »Es ist uns Templern nicht gestattet, ohne die Erlaubnis unseres Komturs einen Aderlass vornehmen zu lassen. Es schwächt den
     Kranken mehr, als es ihm hilft«, erwiderte er aufgebracht.
    »Du bist hier aber nicht bei den Templern, sondern im einundzwanzigsten Jahrhundert. Und ausnahmsweise könntest du mir einmal
     vertrauen, wenn ich etwas gut heiße.«
    »Wie du meinst«, brummte er und senkte den Blick, als er sich wieder zu Matthäus ans Bett setzte. Es dämmerte bereits, und
     Hannah entzündete rasch zwei Kerzen, eine auf der Fensterbank und eine auf dem Nachttisch neben dem Bett. Sie hätte auch einfach
     das Licht einschalten können, aber Gero zuliebe verzichtete sie

Weitere Kostenlose Bücher