Das Rätsel der Templer - Roman
konnte.
»Es würde in jedem Fall bedeuten, dass man mir den Mantel für mindestens ein Jahr nehmen würde«, flüsterte er. »Körperliche
Züchtigung, niedere Arbeitsdienste … und wenn ich über eine längere Zeit mit dir zusammen wäre und den Orden dafür belogen
oder betrogen hätte, würde es den Ausschluss bedeuten, die Entehrung als Ritter, vielleicht lebenslange Kerkerhaft.«
Hannah berührte zärtlich seine Wange und lächelte. »Darüber brauchst du dir hier keine Sorgen zu machen.«
|422| »Da ist noch was anderes …«, sagte er verlegen. Für einen Moment senkte er den Blick.
»Sag’s einfach«, ermutigte sie ihn leichthin, »im Zweifelsfall hole ich mein Wörterbuch.«
Er nahm einen neuen Anlauf und sah ihr mutig in die Augen. »Gestern Nacht … hast du da … etwas unternommen, damit du nicht
… empfängst?«
Hannah, die für einen Moment dachte, sie habe sich verhört, wusste nicht, ob sie lachen oder sich entrüsten sollte. Mit allem
hatte sie gerechnet, aber nicht mit einer solchen Frage. Kein einziger Mann, mit dem sie je geschlafen hatte – nicht, dass
es so furchtbar viele gewesen wären –, hatte ihr je diese Frage gestellt.
»Findest du nicht, dass es ein bisschen spät ist … mich so etwas zu fragen?« Sein unglücklicher Gesichtsausdruck amüsierte
sie. »Mach dir keine Gedanken«, erklärte sie dann. »Ich kann nicht … empfangen.«
»Das tut mir leid für dich«, antwortete er mit offensichtlichem Mitgefühl, wenn auch ein wenig erleichtert.
»Nein«, verbesserte sie sich. »Ich habe mich falsch ausgedrückt. Ich kann Kinder bekommen, aber ich habe etwas unternommen,
damit ich nicht fruchtbar bin.«
Gero schaute sie fragend an. Sie nahm seine Hand und führte den Zeigefinger an die weiche Stelle an der Innenseite ihres linken
Oberarms. Unter der zarten Haut konnte er einen kleinen, länglichen Gegenstand ertasten.
Überrascht zuckte er zurück. »Was ist das?«
Hannah tat es bereits leid, dass sie mit ihrer Aufklärung so weit gegangen war. Sie sah sich plötzlich vor die Frage gestellt,
wie sie einem Mann aus dem Mittelalter erklären sollte, wie ein Hormonimplantat funktionierte.
»Es wurde von einem Arzt dort eingepflanzt und verhütet die Fruchtbarkeit, bis man es wieder herausnimmt.«
Er verzog das Gesicht. Verwirrt starrte er auf die Stelle, wo sich das kleine Stäbchen befand.
»Du musst ein mutiges Weib sein«, sinnierte er und hielt inne. »Hast du viele Freunde?«
|423| Sie ahnte, worauf er hinauswollte. Er hatte für Freunde das Wort »Werbaere« gebraucht. Im Mittelalter ein zweideutiges Wort
für Liebhaber.
»Nein«, sagte sie nachdrücklich, und mehr zu sich selbst fügte sie hinzu: »Der Job ist also noch zu haben.«
Bevor er etwas erwidern konnte, klingelte es an der Tür. Aufgeschreckt schaute Hannah auf die Uhr und löste sich sanft aus
seiner Umarmung.
»Warte einen Augenblick.«
Tom war gekommen. Er und sein rothaariger Kollege hatten ihren dunkelgrünen Leihwagen Marke Audi auf dem Hof geparkt. Ein
Schwall, kalter, feuchter Luft strömte Hannah entgegen, als sie die Haustür einen Spalt öffnete.
»Tretet ein«, sagte sie nur, während sie über den kahlen Hof spähte, um zu sehen, ob den beiden niemand gefolgt war.
»Die Vögel sind im Nest eingetroffen«, plärrte es aus dem Funkgerät.
»Position beziehen wie besprochen«, erwiderte Jack Tanner. Er hatte unweit des Schreyberschen Anwesens in einem Feldweg geparkt.
Stevendahl und Colbach hatten in Trier einen Leihwagen übernommen und waren ohne Umwege hierher gefahren. »Sind wir auf Sendung?«
»Aye«, schnarrte es aus dem Lautsprecher. Agent Hannon hatte den Basiswagen in etwa fünfhundert Meter Luftlinie zum Haus der
Schreyber abgestellt.
»Der Empfang ist einwandfrei«, fuhr er diensteifrig fort. »Unserem Ritter scheint die Nacht übrigens nicht so gut bekommen
zu sein, wie es zunächst den Anschein machte.«
Mit einem amüsierten Grinsen sah Jack zu Mike hin, der auf dem Beifahrersitz saß und sich einen Becher Kaffee eingoss. »Kann
er nicht mehr gehen?«
»Nein«, erwiderte Piet. »Sie hat ihm ein Aspirin verabreicht.«
»Und was ist daran so erwähnenswert?« Jack schüttelte verständnislos den Kopf.
»Ich habe gerade den ersten Teil der Übersetzung rein bekommen«, antwortete Piet mit einem lakonischen Unterton in der Stimme.
»Du |424| glaubst es nicht, der Typ hat sie doch glatt gefragt, ob sie ihn vielleicht in eine Kröte
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