Das Rätsel der Templer - Roman
jederzeit
die Haustür des schmucken Anwesens öffnen konnte.
Tom war froh, dass Paul bei ihm war, als er den schmalen Korridor betrat. Der Gedanke an Hannah, die ihn noch gestern Morgen
an dieser Stelle im Nachthemd begrüßt hatte, versetzte ihm einen schmerzhaften Stich.
Als wäre es tausend Jahre her, dachte Tom, solange lag diese Begegnung seinem Gefühl nach zurück.
Paul nahm den maunzenden, schwarzen Kater auf den Arm. »Na, mein Freund«, sagte er lächelnd und kraulte dem augenscheinlich
verwirrten Tier beruhigend den Hals.
»Wir sollten Heisenberg mit zu dir nehmen«, bemerkte Tom leise. »Es sieht nicht danach aus, dass es uns gelingen wird, sein
Frauchen auf die Schnelle zurückzuholen. Spätestens nächste Woche bricht hier die Hölle los. Ich habe keine Vorstellung, wie
wir Hannahs Mitarbeitern und Freunden ihr plötzliches Verschwinden erklären sollen. Vom Verschwinden unseres Mittelalterexperten
mal ganz abgesehen.«
»Mach dir keine Gedanken«, sagte Paul und warf einen Seitenblick auf Pelhams Leute, zwei Ex-Marines, die mit einem silberfarbenen
Mercedes in Hannahs Hof auf sie warteten. »Agent Tanner sagte, dass die NSA sich etwas einfallen lassen will. Anselm und Hannah
haben sich eben spontan entschieden, auf Weltreise zu gehen. Postkarten, E-Mails, ja selbst Telefonate von unterwegs sind
kein Problem.«
Tom schüttelte ungläubig den Kopf. Die Katze sprang von Pauls Arm und lief ins Schlafzimmer, wo sie sich unter dem Bett verkroch.
Paul folgte dem Tier und ging auf die Knie. Nach einigem guten Zureden lockte er den widerspenstigen Kater schließlich hervor.
Als Paul sich erhob, hielt er Tom eine Münze unter die Nase, die er unter dem Bett gefunden hatte. Ein uraltes Geldstück,
das dennoch aussah wie |533| frisch geprägt. Toms verzweifelter Versuch, die aufkommende Trauer hinunterzuschlucken, misslang. Paul starrte ihn fassungslos
an, als er sich schluchzend auf das Bett setzte und sein Gesicht hinter seinen Händen verbarg.
»Mist«, stöhnte Tom und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Paul hielt seinem Freund ein Taschentuch hin. Tom nahm es dankbar
entgegen.
»Wir werden sie finden«, sagte Paul, wobei er sich um eine zuversichtliche Haltung bemühte. »Und dann werden wir sie zurückholen.
Das einzige, was wir brauchen, ist Zeit.«
»Die wir nicht haben!«, stieß Tom fast wütend hervor. »Jeder verdammte Tag kann sie das Leben kosten. Und wenn sie dort stirbt,
wo sie ist, wird sie aller Voraussicht nach niemand mehr zurückholen können. Hast du eine Vorstellung davon, was im 14. Jahrhundert
los war? Ich habe Hertzberg gefragt. Das Leben in dieser Zeit war erfüllt von Krieg, Krankheiten und Willkür! Russisch Roulette
nennt man so was wohl!«
Wenig später begaben sich Tom und Paul in Karen Baxters Labor, wo alle transferierten Gegenstände aus der Vergangenheit katalogisiert
und auf ihre Beschaffenheit hin untersucht wurden, bevor man sie in Stickstoff einfror und in einem speziellen Tresor verstaute.
Frustriert mussten sie feststellen, dass der vermeintliche Timeserver aus der Zukunft anscheinend defekt war. Das Phänomen
der Holographie in Form eines weiblichen Kopfes mit zweifellos asiatischen Zügen wiederholte sich nicht.
Offenbar benötigte man den archaisch anmutenden Gesang, um den Timeserver in Betrieb zu nehmen. Doch weder Tom noch Paul wollte
es gelingen, Text und Melodie in der richtigen Reihenfolge zusammenzubringen. Außerdem war das empfindliche Teil zu Boden
gefallen. Selbst wenn ihnen die Losung tatsächlich einfallen würde, konnte es sein, dass der Server nicht mehr richtig funktionierte.
Entmutigt stellten sie ihre Versuche ein und begaben sich in den großen Besprechungssaal, wo eine Zusammenkunft aller stattfand,
die an vorderster Front mit der Ausführung des Projektes befasst waren. Neben dem amerikanischen Botschafter, seinem Militärattaché,
Colonel Simmens, und General Lafour gaben sich noch weitere wichtige |534| Leute aus dem Pentagon die Ehre. Professor Hertzberg, der als historischer Sachverständiger fungierte, saß mit Tom, Paul und
Doktor Karen Baxter an der gegenüberliegenden Seite des Besprechungstisches. Die Lücke, die Hagen und Piglet hinterlassen
hatten, war indes nicht zu übersehen.
In einer kurzen Ansprache, die der Botschafter vor den versammelten Anwesenden hielt, wurde ihrer gedacht. Danach stellte
er Doktor Tom Stevendahl, Paul Colbach und Doktor Karen Baxter dem
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