Das Rätsel der Templer - Roman
dessen Verlauf Richard von Breydenbach seiner Stimmgewalt Luft
verschaffte. Überraschenderweise reagierte der Anführer der berittenen Mannschaft des Erzbischofs von Trier nicht mit dem
Schwert, sondern mit einem wortlosen Rückzug.
Ein Raunen ging durch den Raum, als die Reiter verschwunden waren und der Burgherr samt seiner bewaffneten Männer zu Frauen,
Kindern und Gesinde in den Saal zurückkehrte. Niemand sagte ein Wort, doch allen war anzusehen, dass sie geradezu auf eine
Erklärung des Burgherrn brannten.
»Lasst Euch das Mahl nicht verderben«, rief er über die geduckten Köpfe hinweg. »Es ist nichts geschehen, was von Bedeutung
wäre.«
Dass er nicht die Wahrheit sprach, hätte auch der Dümmste an seiner versteinerten Miene erkennen können. Mit einem Nicken
befahl er seinen Söhnen, dem spanisch aussehenden Schotten und seinem Burgvogt, ihm zu folgen. Unter den bangen Blicken der
Frauen verließen die fünf Männer den Saal. Hannah beobachtete Geros Mutter. Die ansonsten so souverän wirkende Burgherrin
kämpfte mit den Tränen.
Die massive Eichentür des Herrenzimmers flog krachend ins Schloss. Die hellblauen Augen des Edelfreien von Breydenbach verkündeten
jene Kampfbereitschaft, die keine Rücksicht auf das eigene Leben nimmt und nur Sieg oder Niederlage kennt.
|574| »Dieser Bastard von Franzien will eure Köpfe«, sagte er und lächelte Gero und Struan freudlos an. »Philipp IV. von Franzien
hat ein Auslieferungsersuchen an den Vertreter des Erzbischofs von Trier gerichtet.« Er entrollte das Pergament, das er die
ganze Zeit in Händen gehalten hatte, mit einer geradezu spöttischen Sorgfalt. Der Text in lateinischer Schrift ging Geros
Vater nur stockend über die Lippen, obwohl er diese Sprache fließend beherrschte. Des Vorlesens hätte es ohnehin nicht bedurft.
Gero und die übrigen Anwesenden waren allesamt in der Lage den Text selbst zu entziffern.
I n nomine D ei Amen Notû ſit omnib qui pręfentes litteras patentes ſeu inſtrumentum legunt vel legere audiunt M ilites Ordinis Templi Gerard de Breydenbache & Struan MacDoughaill jnveſtigandi & accuſandi ſunt đ hêreſia ſodomia homicidiaq
militû Chriſtianorû Regis Francorû Si notû fuerit vbi ſunt nulla mora interpoſita Curti Regali a Principe quocû q tradendi ſunt Habem vnûquê q qui tali hoſpitiû daberit jn eodê modo đ flagitijs nefarijs côſortê esse & ſeculariter atq ſpiritaliter minime carcere p totâ vitâ abiudicatione cunctorû libertatû at q retentione omniû bonorû puniendû esse
D at Pariſijs Anno Jncarnationis 1307 jn feſto Bi Lucê Evangeliſtę
V t hęc prêſcriptio firmi ſit Ego Guilelm đ Nogareto Cuſtos Sigilli Summ Philippi Quarti Regis Francorû ſigillû meû ad litteras
prêſentas adfixi
[Im Namen Gottes Amen. Kund sei allen, die vorliegenden offenen Brief oder Dokument lesen oder lesen hören: Die Ritter des
Templerordens Gerard von Breydenbach und Struan MacDoughaill sind aufzuspüren und anzuklagen der Irrlehre, Sodomie und des
Mordes an christlichen Soldaten des Königs der Franzosen. Wenn bekannt wird, wo sie sind, sind sie unverzüglich dem Königlichen
Hof durch den jeweiligen Fürsten auszuliefern. Wir halten dafür, dass jeglicher, der einem Solchen Unterkunft gewährt, in
gleicher Weise Mitgenosse der schändlichen Verbrechen ist und weltlicher- und geistlicherseits mindestens mit lebenslangem
Kerker, Aberkennung aller Freiheiten und Beschlagnahmung aller Güter zu bestrafen ist. Gegeben in Paris im Jahr der Fleischwerdung
des Herrn 1307 am Fest des seligen Evangelisten Lukas.
|575| Auf dass diese Vorschrift desto fester sei, so habe ich, Wilhelm von Nogaret, Großsiegelbewahrer Philipps IV., Königs der
Franzosen, mein Ingesiegel an vorliegenden Brief gehangen.]
»Guy de Gislingham – ich möchte darauf wetten, dass wir diese Geschichte unserem englischen Freund zu verdanken haben.« Gero
kniff für einen Augenblick die Lippen zusammen, während er seinen schottischen Mitbruder anschaute. »Nur er wusste, dass wir
gemeinsam in die deutschen Lande fliehen wollten.«
»Was hat das zu bedeuten, Mord an christlichen Soldaten?« Richard durchbohrte seinen Sohn geradezu mit seinem Blick.
»Als wir Henri d’Our vor dem Übergriff der Soldaten Nogarets schützen wollten, blieb uns nichts anderes übrig, als zwei Schergen
der Gens du Roi ins Jenseits zu schicken. Später mussten wir uns des Angriffs
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