Das Rätsel der Templer - Roman
wusch sie flink |104| ihre Schenkel, und als sie sich aufrichten wollte, um sich mit ihrem Unterkleid abzutrocknen, spürte sie plötzlich einen heißen
Atem im Nacken, und ein widerwärtiger Geruch stach ihr in die Nase.
Wütend wollte sie herum schnellen, um dem frechen Kerl, der ihr offensichtlich gefolgt war, einen Hieb auf seine empfindliche
Nase zu geben. Zielsicher schnappte jemand ihr Handgelenk auf und zog sie mit einer schnellen Bewegung zu sich heran. Kalt
und unerbittlich spürte sie die scharfe Klinge an ihrer Kehle.
»Wen haben wir denn da?«, fragte eine tiefe Männerstimme, gefolgt von einem leisen teuflischen Lachen.
Amelie stockte das Herz. Diese Stimme kannte sie nicht.
»Hallo, mein Liebchen«, säuselte der Fremde ungeniert weiter. »Was macht eine hübsche Maid wie du allein im Wald und noch
dazu so früh am Morgen?«
Amelie wagte es nicht zu schlucken, geschweige denn zu schreien, und erst als der Angreifer die Klinge ein wenig zurückzog,
um ihr Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, getraute sie sich zu atmen. Fünf Männer in verblassten, blaugelben Überwürfen
traten aus dem Dickicht und grinsten sie allesamt unverschämt an.
Es waren gedungene Söldner Philipps IV., daran gab es keinen Zweifel. Abgerissen und ungepflegt wie sie herumliefen, sahen
sie nicht unbedingt wie ehrbare Männer aus, aber ebenso wenig erschienen sie ihr wie Strauchdiebe und Räuber, die jeglicher
Gottgefälligkeit entsagt hatten.
»Könnte es sein, dass man dich in einer der umliegenden Templerkomtureien vermisst?«
Amelie überlegte fieberhaft, was sie den Männern sagen sollte. Sie waren offenbar auf der Jagd nach entflohenen Templern und
durften keinesfalls erfahren, dass die Gesuchten hier ganz in der Nähe kampierten.
»Was wollt Ihr von mir?«, stammelte sie, atemlos vor Aufregung. »Ich bin nur eine einfache Bäuerin und habe nichts mit den
Templern zu schaffen.« Vorsichtig wandte sie den Kopf und nickte in die Richtung, wo sie zuvor Guy de Gislingham zuletzt gesehen
hatte. Es war nicht ratsam, ohne den Schutz eines Bruders, Vaters oder Ehemannes, die einem die Ehre garantierten, einer Horde
von gewissenlosen Kerlen gegenüber zu treten. Das wusste jedes anständige Mädchen.
|105| »Dort drüben ist mein Ehemann«, stieß sie in der Hoffnung hervor, dass die Soldaten sie endlich in Ruhe lassen würden. »Wir
sind auf der Suche nach Pilzen und Kräutern.« Sie zeigte in die Richtung, in der eben noch der Engländer seine Wunden geleckt
hatte und die nun von Büschen verdeckt war.
Gisli, wie Struan ihn nannte, trug keine Chlamys und sah in den abgelegten Kleidern ihres Vaters aus wie ein armer Bauer,
und vielleicht, wenn er mitspielte, glaubten ihr die Soldaten und ließen sie beide laufen.
»Umso besser«, grunzte ihr Peiniger hämisch und zerrte so sehr an ihren Haaren, dass er ihr den Kopf in den Nacken riss. »Dann
werde wir ihn fragen, ob ihm in letzter Zeit ein paar Ordensritter über den Weg gelaufen sind.«
Der Fremde hatte den Dolch von ihrem Hals zurückgezogen und stieß sie erbarmungslos vorwärts, um zu ihrem vermeintlichen Ehemann
zu gelangen.
Mit einem Gefühl, als bestünden ihre Knochen aus Gelee, stolperte sie voran.
Vier der Männer bewegten sich auf einen Wink ihres Peinigers hin lautlos durchs Gebüsch.
Als sie die kleine Biegung an der Stelle des Baches erreichten, wo Guy de Gislingham zuletzt gehockt hatte, bot sich ihr ein
erschreckendes Bild. Offenbar hatten die vier vorauseilenden Soldaten den Engländer überwältigt.
Zusammengekrümmt kauerte er, die Hände auf den Rücken gebunden und mit einem Stück Treibholz als Knebel zwischen den Zähnen,
auf einer Sandbank.
Einer der Soldaten trat hervor und hielt seinem Anführer ein abgerissenes Lederband entgegen. Daran baumelte das silberne
Croix Patée der Templer, jenes Kreuz, das die Brüder zum Zeichen Ihrer Verbundenheit mit dem Leidensweg Jesu und der armen
Ritterschaft Christi vom salomonischen Tempel immer bei sich trugen.
»Ich bin mir sicher, dass er einer der Gesuchten ist.« In der Stimme des Soldaten lag ein triumphierender Unterton. »Er trägt
das Kreuz der Ritter, auch wenn er ansonsten daher kommt wie ein Bauerntölpel.«
|106| »Steh auf!«, knurrte einer der Schergen und trat Guy de Gislingham in die Seite.
Bruder Guy entfuhr ein unterdrückter Schmerzlaut. Amelie entging nicht, dass er etwas sagen wollte und dabei Mühe hatte zu
atmen. Seine Nase war
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