Das Rätsel der Templer - Roman
lag das wuchtige Gemäuer gut versteckt in einem dicht bewaldeten Tal. Seine früheren
Besitzer hatten es vor Jahren aufgegeben, erzählte das Mädchen, als sie sich der gut acht Fuß hohen Einfriedung aus hellem
Sandstein näherten, die schützend das gesamte Areal umgab. Nun gehörte die Anlage dem Orden der Beginen von Sankt Margaretha,
einem lockeren Bündnis von frommen Witwen und Unverheirateten, die sich an keinerlei Gelübde gebunden fühlten und deshalb
so manch strenggläubigem Vertreter anderer Orden ein Dorn im Auge waren.
Die neuen Herrinnen hatten die heruntergekommene Klosteranlage, so gut es ging, wieder hergerichtet. Jede von ihnen trug mit
ihrer Hände Arbeit zum Lebensunterhalt der anderen bei.
Interessiert nahm Johan zur Kenntnis, dass die Schwestern bei den Frauen der Umgebung durchaus beliebt waren und berüchtigt
dazu, da sie sich im Besonderen bei der Behandlung von Unfruchtbarkeit und in der Geburtshilfe einen Namen gemacht hatten.
Und worüber niemand offiziell sprach, was aber die meisten wussten – auch in Fragen der Verhütung waren sie versiert, etwas,
das ihnen eine Reihe von Feindschaften in den Reihen der Kirchenoberen beschert hatte. Deshalb lebten sie zurückgezogen und
so unauffällig wie möglich hinter den alten Klostermauern.
Am Tor angekommen, half Johan dem Mädchen vom Pferd, indem er zuerst absaß und sie dann herunter hob. Sie fühlte sich warm
an und ihre weichen Rundungen drückten sich gegen seine breite Brust. Ihr Haar verströmte einen angenehmen Duft aus einer
Mischung von Lavendel und Rosenöl. Als sie ihm den Mantel zurückgab, lächelte sie ihn an.
»Mein Name ist Freya, nur für den Fall, dass wir uns irgendwann einmal wieder begegnen sollten.«
Das Klostertor öffnete sich wie von Geisterhand, und ein paar struppige Wolfshunde näherten sich neugierig. Misstrauisch beäugten
sie Johan und beschnupperten seinen Hengst, der daraufhin unruhig zu tänzeln begann.
|146| Die Respekt einflößenden Bestien schienen Johans Begleiterin gut zu kennen. Bereitwillig ließ sich einer der Hunde von ihr
unter dem Hals kraulen.
»Solche Hunde hatten wir auch, als ich noch klein war«, sagte Johan und streckte vorsichtig seine Hand aus, damit die Tiere
sich an seinen Geruch gewöhnen konnten.
»Sie bewachen das Anwesen gegen Unholde und Strauchdiebe«, erklärte Freya.
Ihre Augen strahlten wie Sterne. »Du musst mit herein kommen und mit uns essen. Es gibt einen köstlichen Lachseintopf, und
ich könnte dich unserer Oberin vorstellen.«
Obwohl er so hungrig war, dass er eine Kuh hätte verschlingen können, und es wunderbar nach frischgebackenem Brot roch, durfte
er ihrer Bitte nicht nachkommen. »Es tut mir leid«, erwiderte er mit größtem Bedauern. »Meine Brüder brauchen mich. Ich muss
sie suchen.«
»Schade«, sagte Freya leise und blickte für einen Moment zu Boden. Dann sah sie auf und schaute ihn ernst an. »Du wärst wohl
kein ehrenvoller Ritter, wenn du sie wegen einer einfältigen Frau im Stich lassen würdest.«
Zaghaft ergriff Johan ihre Hand und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. »Hab Dank, Freya«, flüsterte er mit belegter
Stimme. »Und leb wohl.«
Dann wandte er sich abrupt ab, schwang sich auf seinen Jütländer und galoppierte davon.
Die Nachmittagsonne stand bereits tief, als Gero und Matthäus vergeblich versuchten, ihre Häscher abzuschütteln. Dabei waren
sie ständig im Kreis geritten. In dem Waldstück, in das sie sich zurückgezogen hatten, konnten sie sich kaum verstecken. Also
würden sie kämpfen müssen, wenn die Soldaten nicht aufgaben, was kaum zu erwarten war.
Als sie eine weitere Lichtung erreichten, brachen zwei ihrer Verfolger wie Dämonen aus dem Gebüsch hervor. Matthäus’ brauner
Flamländer stieg hoch, als er von der Seite her attackiert wurde. In Kampfsituationen hatte der Hengst mit dem braun schimmernden
Fell seinen ganz eigenen Kopf. Für eine Verwendung bei den Templern machte ihn das eigentlich unbrauchbar. Aber Bruder Arnaud
hatte sehr an dem Tier gehangen, |147| und er war selbst eigensinnig genug gewesen, um es mit den Eigenarten des Rosses aufzunehmen, wobei er in der Regel immer
als Sieger hervorgegangen war. Doch Matthäus verlor die Zügel und konnte weder sich noch das Pferd halten. Aus dem Augenwinkel
heraus sah Gero, wie sein Knappe zu Boden ging. Arnauds Hengst galoppierte derweil Richtung Waldrand.
Augenblicklich versuchte einer der
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