Das Rätsel des Orakels - Die Zeitdetektive ; 8
uns nur deshalb so freundlich in der Tempelanlage aufgenommen hat, um uns kontrollieren zu können. Weil wir etwas gesehen haben, was wir nicht sehen durften …“
Ein Schrei in der Nacht
Ein Schrei in der Nacht
Auch am nächsten Tag hatten die Freunde das Gefühl, dass man sie beobachtete. Nie waren sie allein. Zumeist war es Theodorus, der sich um sie kümmerte und ihnen Aufgaben zuteilte. So kam es, dass die Kinder an weiteren Orakelzeremonien teilnehmen durften. Außerdem schleppten die Freunde Holz für das Feuer im Adyton heran und versorgten den heiligen Olivenbaum mit Wasser.
Erst am Abend entließ der Priester die Kinder. „Geht gleich zu Bett“, trug er ihnen auf. „Morgen wird bestimmt wieder ein anstrengender Tag. Und wer weiß: Vielleicht bekommen wir ja den hohen Besuch, auf den alle warten.“
Die Kinder verzogen sich in ihr Zimmer. Durch das Fenster beobachteten sie, wie Theodorus im Nachbargebäude, dem Priesterhaus, verschwand.
„Die Luft ist rein“, sagte Leon. „Hast du die Wolle dabei, Julian?“
„Klar doch. Aber wie sollen wir aus dem Tempelbezirk kommen? Garantiert wurden die Wachen angewiesen, uns nicht mehr rauszulassen.“
„Stimmt“, erwiderte Leon. „Dann müssen wir eben einen anderen Weg suchen.“ Schon schlüpfte er durch die Tür in die Dunkelheit, die sich über den heiligen Bezirk gelegt hatte. Julian, Kim und Kija folgten ihm. Schnurstracks liefen die Freunde zum nächsten Tor. Dort wachte wie erwartet ein Hoplit.
„Und jetzt?“, flüsterte Julian.
„Seht ihr die Äste von dem Olivenbaum, die über die Mauer ragen?“, sagte Kim leise. „Wenn wir ein Seil hätten …“
Leon und Julian hatten begriffen. Gemeinsam liefen die Freunde zurück zum Gästehaus und durchsuchten es. In einer Abstellkammer fand Leon schließlich ein langes Seil, das ihn an einen der festen Kälberstricke aus seiner Heimat Siebenthann erinnerte. Es gelang den Freunden, unbemerkt auf die Mauer zu klettern. Oben rollten sie das Seil auf und ließen es in einer Astgabelung zurück. Auf der anderen Seite der Mauer nutzten sie den Baum zum Abstieg. Kija war am schnellsten.
„Glück gehabt“, sagte Leon, als sie alle sicher unten angelangt waren. „Das ist schon der zweite nützliche Baum in diesem Abenteuer.“
Kija setzte sich an die Spitze des kleinen Zuges. So gelangten sie zur Agora, wo auch jetzt noch reges Treiben herrschte. Im Vorbeigehen schnappten die Freunde Gesprächsfetzen auf. Fast alle Unterhaltungen drehten sich um die bevorstehende Ankunft des Königs.
Die Freunde rannten die abschüssige Straße hinunter und ließen bald die letzten Häuser der Stadt hinter sich.
Kurze Zeit später blieb Kija stehen und drehte sich um.
„Wir kommen doch schon“, sagte Kim lachend. Doch als sie die weit geöffneten Augen der Katze sah, wurde sie schlagartig ernst. Kija starrte an ihr vorbei auf den Weg, der sich in der Dunkelheit verlor. Ihre Ohrmuscheln waren nach vorn gedreht, der Schwanz zuckte ruckartig hin und her.
„Was hast du?“, fragte Kim, die sich wünschte, über ähnlich gute Augen wie die Katze zu verfügen. Sie konnte nur ein Stück des Pfades und die Umrisse einiger Bäume erkennen. „Ist da hinten irgendjemand?“
Ein klägliches Miauen erklang.
Kim sah Leon und Julian entsetzt an. „Meint ihr, dass man uns verfolgt?“, fragte sie nervös. „Etwa dieser unheimliche Androtion?“
„Weiß nicht“, erwiderte Julian unsicher. „Es ist zu dunkel …“
„Macht euch nicht verrückt“, versuchte Leon sie zu beruhigen. „Vielleicht hat Kija irgendetwas anderes erschreckt. Irgendein Tier, was weiß ich. Kommt weiter!“ Er beugte sich zu Kija hinunter und streichelte ihren Kopf. Erneut miaute die Katze.
Dann liefen die Freunde schweigend weiter den finsteren Weg hinab. Jeder hing seinen Gedanken nach.
Wenig später tauchte die Hütte des Hirten auf. Geduckt wie ein großer, schwarzer Fels lag sie vor ihnen. Die Freunde versteckten sich hinter einem hohen Busch. Plötzlich blitzte ein Licht in einem Fenster der Hütte auf – Sitalkes schien zu Hause zu sein.
„Könnt ihr die Schafe sehen?“, fragte Kim.
„Nein“, flüsterte Leon. „Aber die sind bestimmt in dem Pferch neben der Hütte. Lasst uns nachsehen.“
Etwas knackte hinter ihnen. Es klang wie ein Peitschenhieb. Die Freunde fuhren herum. Aber da war nichts, nur Dunkelheit. Kija machte einen Buckel und fauchte.
„Das ist niemand, ganz bestimmt“, sagte Leon und versuchte, ruhig zu
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