Das Rätsel des Orakels - Die Zeitdetektive ; 8
habe schon wieder zu viel gesagt. Es gibt sehr einflussreiche Männer in Delphi, die so was nicht gerne hören. Männer, die kritische Stimmen verstummen lassen, wenn es ihnen beliebt, versteht ihr?“
Betroffen nickten die Freunde.
Schwerfällig erhob sich Philippos. „Mir ist das alles zu kompliziert. Ich will nur meine Eleftheria heiraten und sonst nichts. Ich gehe jetzt zu Bett.“ Er ließ seine kräftige Hand auf Medias’ Schulter krachen. „Und dir rate ich, dass deine Prophezeiung stimmt.“
Medias nickte. „Wir werden sehen …“
„Sehr lustig, Seher“, erwiderte Philippos und wankte zum Wirt, einen prallen Geldbeutel in der Hand.
Auch Kim, Leon, Julian und Kija verließen nun die Schenke, während Medias noch ein wenig arbeiten wollte, wie er es nannte.
„Komische Anspielung von Medias“, sagte Leon, sobald sie wieder auf der Straße standen.
„Ja“, fand auch Kim. „Klingt so, als würde Medias vermuten, dass beim Orakel nicht alles mit rechten Dingen zugeht.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Julian und gähnte. „Inzwischen bin ich aber doch bettreif. Ich möchte in die Tempelanlage. Wie sieht’s bei euch aus?“
Als Antwort gähnten Leon und Kim ebenfalls. Nur Kija schien nach wie vor fit zu sein.
Vor der Tempelmauer kletterten die Freunde in den Olivenbaum hinauf. Leon gelangte als Erster auf die Mauer und wollte schon nach dem Seil greifen, als er erstarrte. Ein Hoplit kam hinter dem Prytaneion hervor und lief geradewegs auf sie zu! Offenbar war er auf Streife! Aufgeregt gab Leon seinen Freunden Zeichen, nur ja ruhig zu sein. Nun lief der Soldat genau unter ihnen entlang. Die Kinder hielten den Atem an und beteten, dass der Hoplit nicht gerade jetzt auf die Idee kam, den schönen Sternenhimmel zu betrachten und nach oben zu schauen. Doch sie hatten Glück – der Soldat setzte seine Runde fort, ohne die Freunde zu bemerken. Diese ließen noch ein paar Sekunden verstreichen, bevor sie sich abseilten. Leon, Kim und Julian hielten sich im Schatten der Schatzhäuser und Statuen und erreichten auf leisen Sohlen wieder ihr Zimmer. Sie wagten nicht, Licht zu machen, sondern tasteten sich zu ihren Lagern.
Erschöpft ließ sich Julian auf seine Matte sinken. Doch augenblicklich fuhr er wieder hoch. Etwas Hartes hatte ihn in den Rücken gepikst!
Vorsichtig tastete der Junge die Matte ab und hielt plötzlich einen spitzen Stein in der Hand, um den etwas gewickelt zu sein schien. Es knisterte und fühlte sich an wie grobes Papier.
„Hier, hier ist irgendetwas!“, flüsterte Julian. „Kommt mal her!“
„Ist das etwa Papyrus ?“, überlegte Kim, sobald sie neben Julian saß.
Vorsichtig wickelte sie den Stein aus und legte ihn beiseite. Dann lief sie mit dem Blatt zum Fenster, durch das etwas Mondlicht fiel.
„Ja, da steht etwas drauf!“, rief sie aufgeregt. Die anderen traten neben sie. „Mist, man kann es nicht lesen. Wir brauchen mehr Licht“, forderte Kim.
Notgedrungen entzündeten die Freunde nun doch ein Öllämpchen. Im flackernden Lichtschein entzifferten sie die Botschaft. Was dort in krakeliger Handschrift stand, elektrisierte sie förmlich:
Kommt morgen Nacht zum Steinbruch. Ich habe euch etwas Wichtiges mitzuteilen. Es geht um Irini – und um das Schicksal der heiligen Stätte!
Ratlos blickten sich die Freunde an.
„Was ist denn das nun wieder?“, fragte sich Julian. „Ich mag keine neuen Rätsel mehr.“
Das sah Leon anders. „Vielleicht hilft uns der Brief, das eine oder andere Rätsel zu lösen.“
„Ja“, fand auch Kim. „Zu dumm, dass der Brief keine Unterschrift trägt.“
„Lasst uns morgen zum Steinbruch gehen. Der liegt doch unten am Fluss“, sagte Leon. „Und nun sollten wir das Licht löschen und die Klappe halten. Dieses Orakel hat Augen und Ohren, wie wir inzwischen wissen! Denkt nur an Androtion …“
Ein neues Rätsel
Ein neues Rätsel
Die Morgenröte des nächsten Tages ließ Phlembukos und Rhodini, die beiden gewaltigen Felsen neben dem Orakel, aufglühen. Die Luft war erfüllt von Vogelgezwitscher und dem Duft nach Lorbeer und Thymian. Ein trügerischer Frieden lag über der heiligen Tempelanlage.
Nervös trat Philippos von einem auf den anderen Fuß. Mit seinem Vater Battos, dem Priester Theodorus sowie Leon und Julian wartete er darauf, in den Apollontempel vorgelassen zu werden.
„Es wird schon alles gut werden“, versuchte Battos seinen Sohn zu beruhigen. „Apollon wird die richtige Wahl für dich
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