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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Leif streng, „warum antwortest du nicht?“
    „Na schön“, sagte Schirin plötzlich ernst, „ich hab dich beschwindelt, ich hab's mir selbst verordnet. Der Erfolg gibt mir recht. Ich hab noch keine Sekundärerscheinungen wieder gehabt. Das ist auch ganz leicht erklärlich: Das Blut wäscht die schädlichen Stoffe schneller aus dem Gehirn und…“ Sie brach unvermittelt ab, weil sie sah, daß Leif ein finsteres Gesicht machte. „Das fängt ja gut an mit uns beiden“, sagte sie dann spöttisch, „wenn du meinst, ich muß dich wegen jeder Kleinigkeit um Erlaubnis fragen!“
    Leif hob die Hände zum Himmel, als wolle er eine Gottheit anrufen. „Doch nicht mich!“ sagte er. „Die Ärzte!“
    Schirin lief zu ihm hin und schmiegte sich an ihn. „Ich wollte dich nicht ärgern“, sagte sie sanft, „sieh mal, ich mach das sonst auch immer, es wäre direkt eine Unterbrechung meines normalen Lebens, wenn ich's nicht täte, und das wäre noch viel falscher. Also sei lieb und gib mir einen Kuß!“
    Jemand räusperte sich. Die beiden fuhren auseinander. In der Tür stand ein älterer Mann im Regenmantel.
    „Onkel Richard“, rief Leif überrascht. Er stellte Schirin vor. „Schön, daß du da bist!“ fügte er hinzu. „Du hast doch die Formel so großartig interpretiert, wir haben sie jetzt komplett, willst du sie sehen?“
    „O ja“, sagte der Biochemiker erfreut. „Deshalb komme ich. Ich hab nämlich eure Frageliste erhalten, und da fiel mir auf…“ Was ihm auffiel, erfuhren sie aber zunächst nicht, denn Dr. Willenius hielt inzwischen die Formel in der Hand und starrte sie ganz verzückt an.
    „Willst du nicht ablegen?“ fragte Leif.
    „Wie? Nein, nein, wenn du nur vielleicht eine Kiste hättest zum Draufsetzen und einen Rechenstab, ich hab meinen vergessen…“
    Leif geleitete ihn an einen Tisch und fragte: „Tut's ein Tischrechner auch?“ Damit schob er ihm einen griffgerecht hin.
    Außer Ahs und Ohs und Ahas bekamen sie jetzt von Dr. Willenius nichts zu hören. Sie machten sich deshalb an ihre eigene Arbeit, bemühten sich, wenig zu sprechen und das wenige leise.
    Es klopfte; Professor Novak, der Mikrobiologe, trat ein und fragte, ob es Neues gäbe. Verwundert meinte Leif, das hätte er doch bequemer über Video erfahren können, aber der Professor sagte lachend:
    „Entschuldigen Sie, ich bin ein…, ein altes Karnickel, sagt man so? Ich muß den Kohl riechen, den ich freß!“
    Jetzt hob Dr. Willenius den Kopf, starrte den Professor an und rief: „Spejbl! Ich werd verrückt, du hier – und ich weiß nichts davon!“ Der Professor schnellte herum und rief: „Ricki!“ Dann lagen sie sich in den Armen und redeten aufgeregt aufeinander ein in einem Gemisch von Deutsch und Tschechisch, dem Leif und Schirin nur entnehmen konnten, daß die beiden sich noch aus ihrer Studienzeit her kennen mußten.
    Endlich schien sich die Unterhaltung Fachthemen zuzuwenden. Dr. Willenius sagte schließlich: „Aber nein, das ist ganz einfach, wenn man die Frage richtig stellt. Sogar unser junger Freund hier“, er zeigte auf Leif, „kann die Frage beantworten, obwohl er Physiker ist.“ Er wandte sich an Leif: „Es handelt sich um eine Frage aus deiner Liste. Ich formuliere sie um. Wie nennt man einen Stoff, der eine chemische Reaktion beschleunigt, ohne daß er selbst in das Endprodukt eingeht, der also nach Menge und Wirksamkeit unverändert in der Reaktion verbleibt?“
    „Einen Katalysator“, sagte Leif verblüfft.
    „Siehst du, das ist das ganze Geheimnis“, wandte sich der Chemiker wieder an die Mikrobiologen, „euer Gift wirkt als Biokatalysator. Und nun sieh dir mal hier die Formel an. Hier hast du einen typischen Fixierungskomplex und hier eine typische aktive Zone. Das Gift verdrängt irgendein normales Enzym, aber weil es nur eine ähnliche Struktur hat und nicht die gleiche wie das normale Enzym, kann es nicht abgebaut werden. Macht Tierexperimente mit radioaktiv markiertem Gift, und ihr werdet sehen.“
    „Das klingt gut“, sagte Leif, „aber…“
    „Nichts aber“, sagte Dr. Willenius erregt, „es ist so! Ich wette meinen – na was denn schnell…“
    „Aber“, fuhr Leif ungerührt fort, „du kennst leider die neuesten Tatsachen noch nicht.“
    „Und die wären? Na, da bin ich doch mal gespannt, welche Tatsachen meine Hypothese widerlegen sollten!“
    Leif schüttelte den Kopf. „Nicht widerlegen. Aber wir haben kein Gift mehr. Der gesamte Vorrat hat sich zersetzt. Auch da, wo es

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